Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. Analogleistung. Sozialhilfe. Leistungsausschluss für Auszubildende. abstrakte Förderungsfähigkeit. Nichterfüllung persönlicher Voraussetzungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Kein Anspruch auf Leistungen nach § 2 AsylbLG bei einer dem Grunde nach (hier: gem § 57 Abs 1 SGB III) förderungsfähigen Ausbildung gem § 22 Abs 1 S 1 SGB XII.

2. Gehört der Betroffene nach § 59 Abs 2 SGB III nicht zum förderungsfähigen Personenkreis, da er als geduldeter Ausländer eine außerbetriebliche Ausbildung absolviert, steht dies einer Förderungsfähigkeit seiner Ausbildung "dem Grunde nach" nicht entgegen. Bei den in § 59 Abs 2 SGB III enthaltenen Merkmalen handelt es sich um individuelle Voraussetzungen für eine Förderung nach dem SGB III (entgegen SG Hamburg vom 7.9.2016 - S 28 AY 56/16 ER), die bei der Beurteilung des Förderungsfähigkeit außer Betracht zu bleiben haben.

 

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 09.01.2017 gegen den Bescheid vom 09.12.2016 wird angeordnet.

II. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

III. Die Antragsgegnerin erstattet dem Antragsteller die Hälfte seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten.

 

Gründe

Der Antrag, mit dem die Weitergewährung laufender Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) über den Monat November 2016 hinaus begehrt wird, hat nur im tenorierten Umfang Erfolg.

I.

Soweit es Leistungen für den Monat Dezember 2016 betrifft, ist der Antrag unter Berücksichtigung des Rechtsschutzziels als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des am 09.01.2017 eingelegten Widerspruchs gegen den Bescheid vom 09.12.2016 auszulegen (vgl. § 123 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Dieser Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz. Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG grundsätzlich eintretende aufschiebende Wirkung des Widerspruchs entfällt vorliegend gem. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG iVm dem durch das Integrationsgesetz vom 31.07.2016 (BGBl. I 1939) zum 06.08.2016 eingeführten § 11 Abs. 4 Nr. 1 AsylbLG. Danach haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, mit dem eine Leistung nach diesem Gesetz ganz oder teilweise entzogen oder die Leistungsbewilligung aufgehoben wird, keine aufschiebende Wirkung. Bei der Entscheidung der Antragsgegnerin vom 09.12.2016 handelt es sich um einen Verwaltungsakt, mit dem eine Leistungsbewilligung - nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AsylbLG iVm § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) - aufgehoben werden sollte (vgl. Baumeister, in: jurisPK-SGB X, 1. Aufl. 2013, § 50 Rn. 73, zum Begriff der “Aufhebung„, der außerhalb des § 48 SGB X im Sinne einer auch die Rücknahme nach § 45 SGB X einschließenden Beseitigung eines Verwaltungsaktes zu verstehen ist; so auch die Begründung des Integrationsgesetzes, BT-Drs. 18/8615 S. 42, zu Art. 5 Nummer 7).

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist auch begründet.

Die Entscheidung des Gerichts über einen Antrag nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG richtet sich nach dem Ergebnis einer Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung und dem Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung. Die aufschiebende Wirkung ist in der Regel anzuordnen, wenn das Interesse des belasteten Leistungsempfängers an der aufschiebenden Wirkung das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung überwiegt. Maßgebliches Kriterium bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs. Werden Widerspruch bzw. Anfechtungsklage voraussichtlich Erfolg haben, so wird ihre aufschiebende Wirkung angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht abschätzbar, ist eine allgemeine Interessenabwägung vorzunehmen, wobei der Grad der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen ist. Je größer die Erfolgsaussichten sind, umso geringer sind die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse. Umgekehrt sind die Anforderungen an die Erfolgsaussichten umso geringer, je schwerer die Verwaltungsmaßnahme wirkt (zu allem: Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b Rn. 12f).

Diesen Prüfungsmaßstab zugrunde gelegt, überwiegt vorliegend das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Vollziehungsinteresse. Denn der Widerspruch des Antragstellers hat hinreichende Aussicht auf Erfolg, da der Bescheid vom 09.12.2016 rechtswidrig sein dürfte.

Rechtsgrundlage für die verfügte Aufhebung des Leistungsbescheides vom 04.11.2016 ist § 45 SGB X. Danach darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis...

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