Leitsatz (amtlich)
Ein Erstausstattungsbedarf kann auch beim Umzug von einer Mietwohnung in eine andere entstehen, wenn ein Einrichtungsgegenstand (hier: Küchenschränke) in der alten Wohnung mitvermietet und deshalb bislang nicht angeschafft worden war.
Tenor
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung in Höhe von EUR 50,00 zu bewilligen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe
Die Antragstellerin, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende (im Folgenden: SGB II) bezieht, begehrt im Wege des einstweiligen Rechtschutzes Leistungen zur Erstausstattung ihrer Küche in Form von zwei Hängeschränken und einem Unterschrank.
Der gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (im Folgenden: SGG) zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Antragstellerin hat in dem hohen Maße glaubhaft gemacht, das für den Erlass einer die Hauptsache faktisch vorwegnehmenden einstweiligen Anordnung erforderlich ist, dass sie die begehrte Leistung beanspruchen können – so genannter Anordnungsanspruch – und sie hierauf zur Vermeidung wesentlicher Nachteile unverzüglich angewiesen sind – so genannter Anordnungsgrund (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2, 294 ZPO).
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 1 und Satz 2 SGB II sind Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nicht von der Regelleistung erfasst und werden gesondert erbracht. Zur Erstausstattung zählen alle Einrichtungsgegenstände, die für eine geordnete Haushaltsführung notwendig sind (Hofmann, in: LPK-SGB II; 2005, § 23 Rn. 24). Hierzu gehören Hänge- und Unterschränke für die Küche, in denen Geschirr, Töpfe und andere Küchenutensilien Platz sparend und hygienisch verstaut werden können. Auch die Antragsgegnerin zählt Küchenschränke ausweislich der „Konkretisierung zur Regelung der einmaligen Bedarfe nach § 23 Abs. 3 SGB II” der Behörde für Soziales und Familie, die das Gericht als Verwaltungspraxis ansieht, grundsätzlich zur Erstausstattung.
Dem Anspruch der Antragstellerin steht nicht entgegen, dass sie bereits vor dem Umzug in ihre jetzige Wohnung S. Furt mit ihren Kindern einen eigenen Hausstand in der H. Straße hatte. Der Begriff Erstausstattung darf nicht zu eng ausgelegt werden, zumal es an einer Öffnungsklausel für Sondersituationen fehlt und somit die Gefahr steter Bedarfsunterdeckung besteht (Lang, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 23 Rn. 101, 96). Er beschränkt sich insbesondere nicht auf Situationen, die durch den Neubezug aus öffentlichen Unterkünften und Untermietverhältnissen ohne eigenen Hausstand sowie den erstmaligem Bezug einer Wohnung gekennzeichnet sind. Damit würde der Begriff „Erstausstattung” rein zeitlich interpretiert werden. Mit Blick auf Sinn und Zweck des § 23 Abs. 3 SGB II ist der Begriff indes bedarfsbezogen zu interpretieren (Lang, a.a.O., § 23 Rn. 103). Die Vorschrift begegnet bestimmten Bedarfslagen, die typischerweise mit einem nicht aus der Regelleistung zu deckenden Mehrbedarf verbunden sind.
Ein solcher Mehrbedarf entsteht beispielsweise nach einem Wohnungsbrand oder bei Erstanmietung nach einer Haft (BT-Dr 15/1514,60). Über diese vom Gesetzgeber angeführten Beispiele hinaus entsteht ein Mehrbedarf für eine Erstausstattung regelmäßig dann, wenn der Betroffene seine Wohnungsausstattung verloren hat oder nie innehatte (SG Hamburg, Beschluss vom 23.3.2005, Az. S 57 AS 125/05 ER, in juris). Abzugrenzen ist der mit einer Erstausstattung verbundene Mehrbedarf lediglich vom Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf, der aus der Regelleistung zu decken ist (Kalhorn, in: Hauck/Noftz, SGB II; Stand: 3/2005, K 23 Rn. 20). Damit kann auch beim Umzug von einer Mietwohnung in eine andere ein Erstausstattungsbedarf anfallen, wenn etwa ein Haushaltsgerät oder Möbelstück bisher in der ansonsten eingerichteten Wohnung nicht vorhanden war (Lang, a.a.O., § 23 Rn. 103; Jahn, SGB II, 2004, § 23 Rn. 24; abweichend wohl SG Lüneburg, Beschluss vom 26.5.2005, Az: S 25 AS 195/05 ER, dessen Entscheidung allerdings nicht in der bisherigen Wohnung fehlende, sondern alte und defekte Einrichtungsgegenstände betrifft).
So ist es hier. Die Antragstellerin hat durch Vorlage des Übergabeprotokolls vom 26.10.1999 glaubhaft gemacht, dass in der bisherigen Wohnung H. Straße u.a. ein Elektroherd, vier Beistellschränke und zwei Hängeschränke mitvermietet waren.
Dass die neue Wohnung der Antragstellerin ohne Küchenschränke vermietet wird, ergibt sich aus dem Protokoll der Vorbesichtung vom 6.4.2005 (Bl. 63 Verwaltungsakte). Im Übrigen ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Küche in der neuen Wohnung lediglich mit einer Spüle ausgestattet ist. So hat die Antragsgeg...