Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. vertraglich geschuldete Schönheitsreparatur. Unterkunftskosten. Neuanschaffung eines Teppichs. gesundheitlicher Grund
Orientierungssatz
1. Aufwendungen für vertraglich geschuldete Schönheitsreparaturen sind den Leistungen für die Unterkunft nach § 29 Abs 1 SGB 12 zuzuordnen und nicht vom Regelsatz umfasst.
2. Der Anspruch auf Kostenübernahme nach § 29 SGB 12 entfällt nur dann, wenn die Unwirksamkeit der jeweiligen mietvertraglichen Klausel, die zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet, auf der Grundlage höchstrichterlicher Rechtsprechung klar erkennbar ist. Jenseits dieser Fälle würde der Hilfebedürftige sonst dem Risiko eines mietrechtlichen Prozesses mit dem Vermieter ausgesetzt, bei dem überdies die Auffassung des Sozialgerichts über die Wirksamkeit der mietvertraglichen Klausel keinerlei Bindungswirkung entfaltet. Dieses Risiko ist dem Hilfebedürftigen nicht zumutbar.
3. Der Anspruch auf Leistungen nach § 29 SGB 12 beschränkt sich auf die Übernahme derjenigen Aufwendungen, die notwendig und angemessen sind, um die Wohnung vertragsgemäß zu erhalten. Insbesondere die Angemessenheit ist dabei an einfachsten Ansprüchen zu messen; zugrunde zu legen sind die Kosten, die sich bei Arbeitnehmern aus den unteren Einkommensschichten ergeben würden.
4. Der Austausch eines Teppichs ist grundsätzlich aus dem Regelsatz zu finanzieren, und zwar auch dann, wenn dieser aus gesundheitlichen Gründen erforderlich ist. In solchen Fällen kann jedoch eine darlehensweise Leistung nach § 37 Abs 1 SGB 12 in Betracht kommen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für eine Wohnungsrenovierung (Schönheitsreparatur) und für die Neuanschaffung eines Teppichs.
Der 1943 geborene Kläger bezieht Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff. des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Am 21. Juli 2005 beantragte er bei der Beklagten Mittel für einen Neuanstrich der Wände seiner Wohnung und für den Austausch des Teppichs. Dies lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 22. Juli 2005 ab. Nach § 28 Abs. 1 des SGB XII, das die vorherigen Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) ersetzt habe, werde der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts mit Ausnahme von Leistungen für Unterkunft und Heizung und der Sonderbedarfe nach den §§ 30 bis 34 SGB XII nach Regelsätzen erbracht. Daneben seien nur noch für drei Ausnahmetatbestände einmalige Leistungen vorgesehen. Alle anderen Leistungen seien mit der Gewährung des Regelsatzes abgegolten. Der geltend gemachte Bedarf an Mitteln für den Neuanstrich der Wände und für den Austausch des Teppichs falle nicht unter die Ausnahmeregelungen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger rechtzeitig Widerspruch. Er trug vor, dass tatsächlich erforderliche Schönheitsreparaturen zusätzlich zum Regelsatz übernahmefähig fähig seien und zu den Kosten der Unterkunft gehörten.
Durch Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Es bestehe kein Anspruch auf Bewilligung der Mittel für die Wohnungsrenovierung als Zuschuss. Die Regelung über die Kosten der Unterkunft in § 42 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 29 Abs. 1 SGB XII sei nicht einschlägig. Aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes könne gefolgert werden, dass von den Regelsätzen nicht erfasste Sonderbedarfe nur in den gesetzlich bestimmten Fällen zu gewähren seien. Sei aber für Renovierungskostenbedarfe - anders als für Wohnungsbeschaffungskosten und Mietkautionen - nichts bestimmt, dürfe daraus gefolgert werden, dass der Gesetzgeber sie als vom Regelbedarf mit umfasst gesehen hat. Sei demnach der Bedarf für die Renovierung bereits mit der Regelsatzleistung abgedeckt, könne eine zusätzliche einmalige Beihilfe hierfür nicht beansprucht werden. Kein Anspruch bestehe auch auf Leistungen für die Anschaffung eines neuen Teppichs. Die Regelsatzleistung decke auch diesen Bedarf ab.
Mit seiner rechtzeitig erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Er beantragt nach seinem Vorbringen sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Kosten für eine Wohnungsrenovierung und die Anschaffung eines neuen Teppichs zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 13. Februar 2006,
die Klage abzuweisen.
Die Kammer hat zur Aufklärung des Sachverhalts die Verwaltungsakte der Beklagten (Band 20) beigezogen und in einem Termin am 28. Juli 2006 die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten, die Prozessakte sowie die Akten der Sozialgerichts Hamburg zu den Aktenzeichen S 53 SO 619/05, S 53 SO 410/05 ER, S 53 SO 350/05 ER, S 53 SO 349/05 ER und S 53 SO 77/05 ER verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe
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