Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Eingliederungsleistungen. Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung. Ablehnung einer Förderung zum Erwerb einer Fahrerlaubnis wegen unzureichender Deutschkenntnisse. Ermessensfehlgebrauch
Orientierungssatz
Eine Ablehnung eines auf Förderung aus dem Vermittlungsbudget gerichteten Antrags zum Erwerb einer Fahrerlaubnis ist ermessensfehlerhaft, wenn der Leistungsträger seine Ermessensentscheidung mit unzureichenden Deutschkenntnissen des Antragstellers begründet.
Tenor
1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17.3.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.4.2021 dazu verpflichtet, den Antrag des Klägers vom 8.2.2021 auf Förderung aus dem Vermittlungsbudget zum Erwerb einer Fahrerlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
2. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Förderung aus dem Vermittlungsbudget zum Erwerb der Fahrerlaubnis Klasse B.
Der Kläger steht bei dem Beklagten im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch. Mit Bewilligungsbescheid vom 15.02.2021 wurde dem Kläger vorläufig Arbeitslosengeld II für den Zeitraum vom 1.3.2021 bis zum 31.8.2021 bewilligt. Der Kläger war von November 2011 bis Januar 2021 als Pizzabäcker bei der H & R GbR tätig. Anschließend war der bei der Firma „D“ als Pizzabäcker erwerbstätig im geringfügigen Beschäftigungsverhältnis.
Am 8.2.2021 beantragte der Kläger bei dem Beklagten eine Förderung zum Erwerb der Fahrerlaubnis Klasse B. Der Kläger übersandte ausgefüllte Antragsformulare, einen Kostenvoranschlag der Fahrschule Street Lift sowie eine Absichtserklärung vom 7.3.2021 der Firma „C“ (Blatt 20 d.A.), wonach der Kläger „[…] als Vollzeitkraft in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt sein kann, sobald er einen gültigen Führerschein besitzt“.
Mit Bescheid vom 17.3.2021 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, die Entstehung der Kosten stünden zeitlich vor der Antragstellung. Der Kläger sei bereits 2017 erstmalig bei einer Fahrschule angemeldet gewesen. Die Entscheidung stünde im Ermessen des Beklagten. Dabei habe der Beklagte berücksichtigt, dass dem Kläger bereits mit Bescheid vom 2.2.2017 eine Förderung bewilligt worden sei, die später teilweise widerrufen worden sei, da der Kläger seinen Auflagen nicht nachgekommen sei. Darüber hinaus seien die Sprachkenntnisse des Klägers nicht ausreichend, um die erfolgreiche Erlangung der Fahrerlaubnis zu gewährleisten.
Der Kläger erhob gegen den Bescheid vom 17.3.2021 durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 15.4.2021 Widerspruch. Durch weiteres Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 20.4.2021 übersendete er dem Beklagten eine Kopie eines A2-Sprachzertifikates (Blatt 24 dA).
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.4.2021 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers kostenfrei zurück. Zur Begründung führte er aus, es handele sich bei der beantragten Leistung um eine Ermessensleistung der aktiven Arbeitsförderung bzw. den Integrationsfachkräften. Eine Förderung könne gemäß der Arbeitsanleitung Nr. 091 durch den Beklagten nur erfolgen. wenn das deutsche Sprachniveau des Leistungsberechtigten aus Sicht der Integrationsfachkraft ausreichend sei, um die erfolgreiche Erlangung der Fahrerlaubnis zu gewährleisten. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da dieser lediglich über das - nicht ausreichende - Sprachniveau A 2 verfüge. Darüber hinaus stelle das Schreiben der Firma „C“ lediglich eine Absichtserklärung dar, bei der es sich nicht um eine rechtsverbindliche Zusage handele.
Mit der am 2.6.2021 eingereichten Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung führt er u.a. aus, die Einschätzung, sein deutsches Sprachniveau sei nicht ausreichend für den Erwerb einer Fahrerlaubnis, sei unzutreffend.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
den Bescheid vom 17.3.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.4.2021 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag des Klägers vom 8.2.2021 auf Förderung aus dem Vermittlungsbudget zum Erwerb einer Fahrerlaubnis ermessensfehlerfrei zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich der Begründung verweist der Beklagte auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 29.4.2021.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch die Kammer ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die bei der Beratung und Entscheidung der Kammer vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe
I.
Die Kammer kann gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis erklärt haben.
II.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger ist durch den ablehne...