Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragsrechtliche Behandlung von Zahlungen an Schauspieler, Chorsänger, Souffleure, Maskenbildner, Regieassistenten und Inspizienten für die Mitwirkung an Fernsehproduktionen. Arbeitsentgelt. Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Übertragung von Leistungsschutzrechten. ausübender Künstler

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zahlt ein Theater an seine angestellten Schauspieler und Chorsänger Vergütungen für die Übertragung von Leistungsschutzrechten, so handelt es sich nicht um Arbeitsentgelt, das mit Beiträgen zur Sozialversicherung zu belegen ist.

2. Souffleure, Maskenbildner, Regieassistenten und Inspizienten gehören nicht zu den ausübenden Künstlern iS des §§ 73ff UrhG, so dass vom Arbeitgeber (Theater) geleistete Vergütung für deren Beschäftigung bei Fernsehproduktionen zum Arbeitsentgelt gehört und beitragspflichtig in der Sozialversicherung ist.

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 18.08.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2005 wird geändert.

2. Die Klägerin zahlt an die Beklagte für die Beschäftigten M, S, Z, F, H, M, K, K, S, K und H insgesamt 2.362,97 € an Beiträgen zur Sozialversicherung für die Zeit vom 01.01.2000 bis 31.12.2003 nach.

3. Im Übrigen, also in Höhe einer Beitragsnachforderung von 8.781,36 € wird der Bescheid vom 18.08.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2005 aufgehoben.

4. Die Beklagte übernimmt 4/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Gerichtskosten. Die Klägerin trägt 1/5 der Gerichtskosten.

5. Der Streitwert wird auf 11.144,33 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die beitragsrechtliche Behandlung von Zahlungen an Schauspieler, Chorsänger, Souffleure, Maskenbildner, Regieassistentin und Inspizienten für die Mitwirkung an Fernsehproduktionen.

Im Hause der Klägerin, eine GmbH, die ein großes Theater betriebt, zeichnete der Norddeutsche Rundfunk (NDR) vom 9. bis 13.6.2000, vom 1. bis 5.6.2001 und am 10.5.2003 drei Inszenierungen (Elektra, Inferno und Liebelei) für das Fernsehen auf. Die Beklagte führte in der Zeit vom 19. bis 21.4.2004 und am 4.8.2004 bei der Klägerin für die Zeit vom 1.1.2000 bis 31.12.2003 eine Betriebsprüfung durch. Mit Bescheid vom 18.8.2004 forderte sie Beiträge für 23 Beschäftigte der Klägerin zu allen Zweigen der Sozialversicherung in Höhe von 11.144,33 € nach. Zur Begründung führte sie aus, bei einigen, den versicherungspflichtigen Schauspielern in den Jahren 2000 bis 2003 gewährten Fernsehhonoraren handele es sich um Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung.

Mit ihrem am 16.9.2004 erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, nach dem Normalvertrag (NV) Bühne habe sie für die Einwilligung in die Verwertung der Urheberrechte eine angemessene Vergütung zur Abgeltung dieser Leistungsschutzrechte den Beteiligten zugesagt. Die Zahlungen seien zur Abgeltung der Leistungsschutzrechte erfolgt. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6.3.1995 (Az. VI R 63/94, veröffentlicht u.a. unter www.juris.de) handele es sich bei der Vergütung für die Übertragung von Leistungsschutzrechten betreffend Fernsehausstrahlungen nicht um Arbeitslohn, sondern um Einnahmen aus einer selbständigen Tätigkeit, wenn die Leistungsschutzrechte nicht bereits aufgrund des Arbeitsvertrags auf den Arbeitgeber übergegangen und die Höhe der jeweiligen Vergütung in gesonderten Vereinbarungen festgelegt worden sei. Da die Arbeitnehmer der Klägerin nicht direkt beim Fernsehsender angestellt seien und auch der NV Bühne keine entsprechende Regelung vorsehe, seien die Leistungsschutzrechte nicht bereits aufgrund des Arbeitsvertrags auf die Klägerin übergegangen. Da die Sozialversicherungspflicht von Zahlungen dem Steuerrecht in der Regel folge, seien die gewährten Vergütungen für die Leistungsschutzrechte kein Arbeitsentgelt. Ein anders lautender Beschluss der Spitzenverbände folge finanzpolitischen Erwägungen. Mit Bescheid vom 13.10.2004 änderte die Beklagte ihren Bescheid vom 18.8.2004 und stellte fest, dass die beteiligte Schauspielerin v. T. im Zeitraum vom 1. bis 31.7.2000 nicht bei der Betriebskrankenkasse (BKK) S., sondern bei der C. BKK versichert gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.5.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, weil die gezahlten Vergütungen für Leistungsschutzrechte Arbeitsentgelt seien.

Mit ihrer am 13.6.2005 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Aufhebung der Bescheide weiter. Zur Begründung führt sie aus, unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6.3.1995 handele es sich nicht um Arbeitsentgelt. Selbst wenn man davon ausginge, es handele sich um Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Sozialgesetzbuch, 4. Buch (SGB IV), so sei es wegen der Regelungen in der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) nicht sozialversicherungspflichtig. Im Übrigen genieße die Klägerin hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Behandlung der Vergütungen Vertrauensschutz, denn sie habe sich bemüht, eine Klärung herbeizuführen. Bereits 1999 habe si...

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