Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen eine Tätigkeit als hauptberuflich selbständig im Sinne von § 5 Abs. 5 SGB V einzustufen ist mit der Folge der Beitragseinstufung nach § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V.
Tenor
Die Bescheide vom 21.11.2007 und 14.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2008 werden dahingehend abgeändert, dass die Beiträge für die Krankenversicherung für die Zeit vom 01.12.2007 bis 31.12.2007 nach dem Mindestbetrag für freiwillig Versicherte in Höhe von monatlich 816,67 EUR und für die Zeit vom 01.01.2008 bis 31.12.2008 nach dem Mindestbetrag in Höhe von monatlich 828,33 EUR bemessen werden.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Beitragseinstufung des Klägers in den Jahren 2007 und 2008.
Der als selbständiger Rechtsanwalt tätige Kläger ist bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Er lebt mit seiner Partnerin, die in Vollzeit als Krankengymnastin an einer Sonderschule arbeitet, und den beiden gemeinsamen Kindern in häuslicher Gemeinschaft. Laut Einkommensteuerbescheiden erzielte der Kläger folgende Einkünfte:
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2004: |
9607 EUR |
2005: |
7698 EUR |
2006: |
9363 EUR |
2007: |
4803 EUR |
2008: |
6487 EUR |
Die Partnerin des Klägers verdient monatlich etwa 2500 EUR netto. 2007 entrichtete der Kläger Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung nach dem allgemeinen Mindestbetrag des § 240 Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch (SGB V). Auf Anfrage der Beklagten gab der Kläger auf einem Formular an, 8 Stunden pro Woche als Rechtsanwalt zu arbeiten und reichte den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2004 ein. Daraufhin setzte die Beklagte die Beiträge für die Zeit ab 1. Dezember 2000 neu fest (Bescheid vom 21. November 2007) und stufte den Kläger nunmehr nach der (höheren) Mindestgrundlage des § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige ein. Mit Bescheid vom 14. Dezember 2007 erfolgte eine erneute Beitragsfestsetzung für das Jahr 2008. Danach musste der Kläger 259,06 EUR Krankenversicherungs- und 31,68 EUR Pflegeversicherungsbeiträge entrichten.
Gegen diese Bescheide erhob der Kläger am 21. Dezember 2007 und 17. Januar 2008 Widerspruch, den er trotz Aufforderung nicht begründete. Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juni 2008 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die am 7. Juli 2008 erhobene Klage. Der Kläger vertritt die Auffassung, keine hauptberuflich selbständige Tätigkeit auszuüben. Er arbeite weniger als 10 Wochenstunden als Rechtsanwalt, in der übrigen Zeit betreue er seine minderjährigen Kinder.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 21.11.2007 und den Bescheid vom 14.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4.6.2008 abzuändern und die Beiträge für die Krankenversicherung für die Zeit vom 1.12.2007 bis 31.12.2008 nach der jeweiligen Mindestbemessungsgrenze für freiwillig Versicherte festzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger arbeite nach seinen eigenen Angaben ausschließlich als Rechtsanwalt. Da er keine weiteren Einnahmen erziele, werde die selbständige Tätigkeit hauptberuflich ausgeführt.
Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen. Mit Beschluss vom 29. Oktober 2008 ist das Verfahren gegen die Pflegeversicherung abgetrennt worden.
Der Kläger ist im Erörterungstermin vom 11. Mai 2009 und in der mündlichen Verhandlung am 14. Januar 2011 angehört worden. Wegen seiner Angaben wird auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig. Die Beiträge für die Krankenversicherung sind für den streitgegenständlichen Zeitraum (1. Dezember 2007 bis 31. Dezember 2008) nach der Mindestbemessungsgrenze festzusetzen.
Die Beitragsbemessung bestimmt sich nach dem Mindestbetrag des § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V. Danach gilt als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag mindestens der neunzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Diese beträgt monatlich für das Jahr 2007 816,67 EUR und für das Jahr 2008 828,33 EUR. Da die Einnahmen des Klägers weder bei der für die Beitragseinstufung gebotenen vorausschauenden Betrachtungsweise - ausgehend von den für die Jahre 2004 und 2005 vorgelegten Steuerbescheiden mit Einkünften in Höhe von 9607 bzw. 7698 EUR - noch unter Berücksichtigung des tatsächlich in den Jahren 2007 und 2008 erzielten Gewinns in Höhe von 4803 EUR bzw. 6487 EUR den Mindestbetrag übersteigen, ist der allgemeine Mindestbetrag heranzuziehen.
Nicht einschlägig hingegen ist die Regelung des § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V, die einen höheren Mindestbetrag für hauptberuflich selbständig Erwerbstätige vorsieht. Denn der Kläger war 2007 und 2008 nicht hauptberuflich als Rechtsanwalt tätig. Er hat überwiegend den Haushalt für seine Familie geführt.
§ 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V stellt für freiwillige Mitglieder, die ...