Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.09.2017; Aktenzeichen B 1 KR 9/17 R)

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.662,75 EUR nebst 5% Zinsen seit dem 09.12.2011 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf 1.662,75 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Krankenhausvergütung. Im Wesentlichen ist im Streit, ob die bei einem operativen Eingriff im Juni 2011 durchgeführte Prozedur von der Klägerin zutreffend kodiert wurde.

Der Versicherte der Beklagten, Herr H., wurde vom 01.06.2011 bis zum 10.06.2011 in der Abteilung Lungen- und Bronchialheilkunde der von der Klägerin betriebenen Klinik stationär behandelt. Im Rahmen des stationären Aufenthalts kam es am 03.06.2011 u. a. zu einem operativen Eingriff (Bronchoskopie) zur Gewinnung von Zellmaterial, um die weitere Diagnose zu ermöglichen.

Die Klägerin stellte der Beklagten für den stationären Aufenthalt des Versicherten insgesamt 3.325,85 EUR in Rechnung, wobei sie den OPS-Kode 1-430.2 (Endoskopische Biopsie an respiratorischen Organen: Lunge) verwendete und nach der DRG E71A (Neubildungen der Atmungsorgane, mehr als ein Belegungstag, mit äußerst schweren CC oder starrer Bronchoskopie oder mit komplexer Biopsie der Lunge) abrechnete. Die Beklagte zahlte die Rechnung zunächst in voller Höhe und beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Prüfung. Der MDK gelangte in seiner Stellungnahme vom 27.10.2011 zu der Auffassung, dass im Behandlungsfall der OPS 1-430.1 (Endoskopische Biopsie an respiratorischen Organen: Bronchus) zu kodieren sei. Hierdurch ergebe sich die DRG E71B (statt E71A) mit einem geringeren Kostengewicht. Die Beklagte verrechnete am 09.12.2011 aus einem anderen Behandlungsfall 1.662,75 EUR und vertrat gegenüber der Klägerin die Auffassung, dass eine Leistungspflicht im Behandlungsfall lediglich in Höhe von 1.663,10 EUR bestehe.

Die Klägerin hat am 03.08.2012 die vorliegende Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben. Das Gericht hat nach Beiziehung der Krankenhausunterlagen ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige Herr Dr. V. hat in seinem Gutachten vom 14.06.2013 die Auffassung vertreten, dass die von der Klägerin verwendete Kodierung zutreffend gewesen sei. Im Einzelnen hat er ausgeführt, dass zunächst nachvollziehbar gewesen sei, dass bei dem Versicherten die Gewinnung von Lungengewebe (durch gezielte Biopsie pulmonaler Herdbefunde unter Durchleuchtung) aus medizinischen Gründen indiziert gewesen sei. Aus der Dokumentation des Krankenhauses gehe des Weiteren hervor, dass anlässlich der dann am 03.06.2011 in Lokalanästhesie durchgeführten Bronchoskopie eine Bronchiallavage sowie eine Bürstenbiopsie unter Durchleuchtung aus dem Segment S 6 rechts erfolgt seien. Zudem sei eine Biopsie im Bereich der rechten Oberlappencarina erfolgt. Ausweislich des Operationsberichts sei es entgegen der ursprünglichen Planung nicht möglich gewesen, aus dem Bereich der im CT gesehenen Raumforderungen weitere Proben zu entnehmen, da unter Durchleuchtung keine adäquate Herddeckung habe erreicht werden können. Ausweislich des pathologisch-anatomischen Berichts vom 07.06.2011 habe es sich bei dem eingesandten Biopsiematerial aus dem Segment S6 wie der Oberlappencarina jeweils um kleine Bronchusbiopsiepartikel mit geringer Stromaelastose gehandelt. Zusammenfassend gehe aus der Dokumentation des Krankenhauses zweifelsfrei hervor, dass bei dem Versicherten im strittigen Zeitraum unter Durchleuchtung eine endoskopische Biopsie an der Lunge, nämlich eine Bürstenbiopsie im Bereich des Segmentes S6 rechts sowie eine Biopsie im Bereich der rechten Oberlappencarina vorgenommen worden sei. Die Kodierung der Prozedur 1-430.2 sei daher bereits aus diesem Grunde nicht zu beanstanden. Zutreffend sei ferner die Argumentation der Klägerin, wonach die Prozedur die erbrachte Leistung, jedoch tatsächlich nicht den Erfolg bzw. das Ergebnis abbilde. Der Umstand, dass - wie die Beklagte argumentiere - Lungengewebe bei der Biopsie tatsächlich nicht getroffen worden sei, sei daher für die Wahl der korrekten Prozedur nicht entscheidend. Es sei unzweifelhaft mit erheblichem Aufwand und unter Inkaufnahme erheblicher Risiken - wenngleich frustrane - Biopsien an der Lunge und nicht lediglich an einem Bronchus vorgenommen worden. Zugestimmt werde der Klägerin schließlich auch dahingehend, dass die strittige Prozedur eine Biopsie "an" und nicht "von" respiratorischen Organen beschreibe. In Übereinstimmung mit der Klägerin sei daher nach der DRG E71A abzurechnen.

Die Beklagte hat nach Erhalt des Gutachtens den MDK hierzu ergänzend befragt. In seiner weiteren Stellungnahme vom 28.11.2013 hat der MDK an seiner bisherigen Auffassung festgehalten. Insbesondere handele sich um einen Bürstenabstrich (zur Gewinnung einzelner Zellen), aber nicht um eine "Biopsie". Hierzu hat das Gericht den Sachverständige Herr Dr. V. erneut befragt. Der Sachverständige hat in seiner ergänzenden Stellungnahme...

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