Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Wirtschaftlichkeitsprüfung. Zuständigkeit der Krankenkassen für Hochschulambulanzen ab 1.1.2003

 

Orientierungssatz

Seit dem 1.1.2003 fällt die Wirtschaftlichkeitsprüfung von Leistungen und Verordnungen von Hochschulambulanzen in die alleinige Zuständigkeit der Krankenkassen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 16.07.2008; Aktenzeichen B 6 KA 36/07 R)

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtsfrage, ob die Hochschulambulanz der Beigeladenen zu 2. auch nach dem 1. Januar 2003 der Wirtschaftlichkeitsprüfung gem. § 20 der Prüfungsvereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 1., der Kassenärztlichen Vereinigung H, und diversen Krankenkassen (Hamburger Prüfungsvereinbarung) in Verbindung mit § 106 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unterliegen.

Mit dort eingegangenen Schreiben vom 23. März 2004 (Quartal 3/2003), 25. Februar 2005 (Quartal 2/2004) und 22. Juli 2005 (Quartal 4/2004) stellte die Klägerin gegenüber dem Prüfungsausschuss bei der Beigeladenen zu 1. Prüfanträge in besonderen Fällen gem. § 20 der Prüfungsvereinbarung, welche der Prüfungsausschuss jedoch als unzulässig zurückwies. Auch die hiergegen fristgerecht erhobenen Widersprüche blieben erfolglos. Auch der Beklagte verneinte eine Zuständigkeit der Prüfgremien in den streitigen Fällen (Beschluss vom 11. Oktober 2006).

Zur Begründung führte der Beklagte aus:

§ 120 Abs. 2 Satz 1 SGB V stelle die Hochschulambulanzen hinsichtlich der unmittelbaren Vergütung ihrer Leistungen durch die Krankenkassen den psychiatrischen Institutsambulanzen und den sozialpädiatrischen Zentren gleich. Nach § 120 Abs. 2 Satz 2 SGB V werde die Vergütung einheitlich zwischen den Krankenkassenverbänden und den Hochschulen vereinbart. Die Kassenärztlichen Vereinigungen seien an der Festlegung der Vergütung demzufolge nicht beteiligt. Folgerichtig habe der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 120 SGB V im Rahmen des Fallpauschalengesetzes auch keinen Anlass gehabt, die Wirtschaftlichkeitsprüfung für die Hochschulambulanzen den sonst für die vertragsärztliche Wirtschaftlichkeitsprüfung zuständigen Prüfgremien zu übertragen. § 106 Abs. 5 Satz 2 SGB V, wonach der Prüfungsausschuss entscheidet, ob u.a. die ermächtigte ärztliche Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahme zu treffen ist, sei in diesem Zusammenhang unbeachtlich, weil es sich nur um die von den Vertragspartnern des § 106 SGB V geschaffenen Prüfgremien handele und die Hochschulambulanzen nach der gesetzlichen Neuregelung nicht unter das Dach der Kassenärztlichen Vereinigungen gehörten. Von der vom Gesetzgeber geschaffenen Möglichkeit eines dreiseitigen Vertrages nach § 117 Abs. 1 Satz 3 SGB V zur Regelung der Wirtschaftlichkeitsprüfung habe man in Hamburg - anders als etwa in Berlin - bislang keinen Gebrauch gemacht.

Die Klägerin hat hiergegen fristgerecht Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben.

Nach Auffassung der Klägerin ergibt sich eine Zuständigkeit des Prüfungs- und Beschwerdeausschusses für die Festsetzung von Arzneimitteln gegen Hochschulambulanzen bereits aus dem Wortlaut des § 106 Abs. 5 Satz 1 SGB V, wonach der Prüfungsausschuss entscheide, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Auch § 1 Abs. 1 der Prüfungsvereinbarung bestimmt, dass als Vertragsärzte im Sinne der Vereinbarung auch ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen gelten. Die mit dem Fallpauschalengesetz geänderte Vergütungsregelung für Hochschulambulanzen ändere nichts daran, dass die Hochschulambulanzen weiterhin den Prüfgremien auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft werden sollten. Die vom Gesetzgeber in § 117 Abs. 1 SGB V geschaffene Möglichkeit einer Durchführungsvereinbarung könne lediglich die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung geregelt werden, keinesfalls hätte ein solcher Vertrag aber konstituierenden Charakter hinsichtlich der Zuständigkeit der Ausschüsse. § 117 Abs. 1 Satz 3 SGB V enthalte im Übrigen keine Regelung zur Konfliktlösung. Wenn sich einer der Vertragspartner einer solchen Regelung entziehen würde, wäre eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit nicht möglich, was aber gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V verstoßen würde.

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss des Beklagten vom 11. Oktober 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an der Rechtmäßigkeit seines Beschluss fest.

Die Beigeladene zu 1. beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Die Einordnung der Hochschulambulanz als ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtung begründe nicht ohne weiteres die Zuständigkeit der Prüfgremien der gemeinsamen Selbstverwaltung von Krankenkassen und Kassenärztlicher Vereinigung. Wie § 120 SGB V zeige, differenziere der Gesetzgeber zwischen "ermächtigten ärztlich geleiteten Ei...

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