Leitsatz (amtlich)
1. Die Tatbestandsmerkmale „überwiegende Beteiligung” und „ausschlaggebender Einfluss” in § 129 Abs. 3 SGB 7 stehen im Sinne echter Alternativität bezogen sowohl auf juristische Personen des öffentlichen als auch des Privatrechts nebeneinander.
2. Beide müssen unmittelbar gegeben sein.
3. Die Förderung eines Unternehmens durch die öffentliche Hand ist keine Beteiligung i.S.d. § 129 Abs. 3 SGB 7.
4. Eingetragene Vereine sind nicht grundsätzlich von der Übernahmemöglichkeit ausgeschlossen. Der ausschlaggebende Einfluss der öffentlichen Hand muss jedoch durch entsprechende Satzungsbestimmungen festgeschrieben sein. 5. Ein Unternehmen wird erwerbswirtschaftlich im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung betrieben, wenn es im Wettbewerb mit Privaten steht oder stehen kann und wesentlich der Gewinnerzielung dient, d.h. wenn die Gewinnerzielung mehr als ein bloß unbeabsichtigter Nebeneffekt bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben ist. Gemeinnützige Unternehmen sind grundsätzlich nicht erwerbswirtschaftlich.
6. Das in § 129 Abs. 3 SGB 7 eröffnete Ermessen ist nicht frei, sondern im Hinblick auf die Zielsetzung des Gesetzes auszuüben. Verflechtungen, die bereits auf der Tatbestandsseite vorausgesetzt werden, können im Rahmen der Ermessensabwägung nicht berücksichtigt werden.
7. Zwischen einem in selbstständiger Rechtsform betriebenen Unternehmen und dem tatsächlich von diesem bzw. für dieses Beiträge einziehenden Eigenunfallversicherungsträger der öffentlichen Hand besteht ein formelles Versicherungsverhältnis, so dass für die (erneute) Begründung der Zuständigkeit einer gewerblichen Berufsgenossenschaft eine Überweisung erforderlich ist.
8. Eine gegen den Übernahmebescheid eines Landes mit der Anfechtungsklage vorgehende gewerbliche Berufsgenossenschaft kann zulässigerweise auch eine Leistungsklage auf Überweisung gegen den notwendig beigeladenen Eigenunfallversicherungsträger der öffentlichen Hand erheben, die jedoch nur zu einer Verurteilung mit Wirkung vom 1. Januar des Jahres an führen kann, das auf den Tag der Rechtskraft des Urteils folgt.
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 2. November 1999 wird aufgehoben.
Der Beigeladene zu 2) wird verurteilt, den Beigeladenen zu 1) mit Wirkung vom 1. Januar des Jahres, das auf den Tag der Rechtskraft dieses Urteils folgt, aus der Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2) in die Zuständigkeit der Klägerin zu überweisen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Übernahme des Beigeladenen zu 1) in die Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2).
Der Beigeladene zu 1) ist ein eingetragener Verein (e.V.), dessen Zweck nach § 2 der Satzung vom 21. Januar 1998 die Förderung des Umweltschutzes, der Volksbildung und der beruflichen Bildung im Bereich der nachhaltigen Entwicklung eines rationellen und umweltverträglichen Energieeinsatzes ist. In § 2 der Satzung heißt es weiter, der Beigeladene zu 1) werde zu diesem Zweck insbesondere interessierte Bevölkerungskreise durch geeignete Veranstaltungen und Veröffentlichungen an einen innovativen Energieeinsatz heranführen, hierzu Fortbildungsveranstaltungen und Seminare durchführen und geeignetes Lehrmaterial erstellen und abgeben sowie mit steuerbegünstigten Einrichtungen im In- und Ausland zusammenarbeiten, soweit diese vergleichbare Zwecke verfolgen.
Nach § 3 der Satzung verfolgt der Beigeladene zu 1) ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke” der Abgabenordnung. Mittel des Vereins dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Die Mitglieder erhalten keine Zuwendungen aus den Mitteln des Vereins.
Nach § 4 Abs.1 der Satzung kann jede natürliche und juristische Person Mitglied werden. Organe des Vereins sind nach § 8 der Satzung der Vorstand und die Mitgliederversammlung, wobei nach § 9 Abs. 1 und 2 der Satzung der Vorstand aus dem Vorsitzenden, den 3 gleichberechtigten stellvertretenden Vorsitzenden sowie bis zu 8 weiteren Mitgliedern besteht und als weiteres Vorstandsmitglied einen Geschäftsführer beruft.
Nach 9 Abs.5 der Satzung werden die Vorstandsmitglieder von der Mitgliederversammlung mit einfacher Mehrheit gewählt, wobei der Vorstandsvorsitzende und seine drei Stellvertreter aus der Gruppe der Gebietskörperschaften gewählt werden und nur folgende Gruppen der Vereinsmitglieder berechtigt sind, Vorstandsmitglieder zur Wahl in der Mitgliederversammlung vorzuschlagen:
- die oberfränkischen Gebietskörperschaften (Bezirk, Landkreise, kreisfreie Städte, und Gemeinden)
- die oberfränkischen Energieversorgungsunternehmen
- die oberfränkischen Kammern (Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern) und Innungen
- oberfränkische Organisationen der privaten Endverbraucher
- die oberfränkischen Finanzinstitute.
Nach § 9 Abs.4 der Satzung werden die Vertreter der Gruppierungen nach Abs. 3 festgelegt, wobei die Gebietskörperschaften 5 Vertreter vorschlagen können, davon mindestens einen Vertreter aus den Reihe...