Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Elternrente. fiktive Unterhaltsverpflichtung und Leistungsfähigkeit des verstorbenen Versicherten. Selbstbehalt. Düsseldorfer Tabelle
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der Gewährung einer Elternrente und der Anwendung der Düsseldorfer Tabelle.
Orientierungssatz
Einem Anspruch auf Elternrente steht nicht entgegen, dass bereits einmal eine Rentenzahlung gewährt worden ist, die auf Grund einer hypothetischen Entwicklung wieder entzogen wurde. Denn ab einem bestimmten Zeitraum kann eine hypothetische Unterhaltspflicht nachträglich wieder entstehen, so dass eine Rente erneut zu gewähren sein kann.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Gewährung einer Elternrente nach § 69 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII).
Die Kläger sind in der Türkei lebende Eheleute. Aus ihrer Ehe gingen vier Söhne und drei Töchter hervor. Einer der Söhne, der am … 1956 geborene S. G. (Versicherter) war als Decksmann im 1. Jahr in Deutschland tätig, als er auf dem unter deutscher Flagge fahrenden Schiff “M.„ am … Oktober 1979 auf der Fahrt von England nach Schweden nördlich der Doggerbank vermisst und nicht wieder aufgefunden wurde. Der Versicherte ist vermutlich über Bord gestürzt und ertrunken.
Bis zu seinem tödlichen Unfall hatte der Versicherte, der zum damaligen Zeitpunkt nicht verheiratet war, seine Eltern finanziell unterstützt. Die Beklagte gewährte den Klägern aufgrund des Todes des Versicherten mit Bescheid vom 28. August 1981 eine Elternrente in Höhe von DM 515,70 monatlich. Dabei ging sie von einem monatlichen Arbeitsverdienst des Versicherten in Höhe von 1.719,-- DM (brutto) aus.
Die Elternrente wurde den Klägern durch Bescheid der Beklagten vom 27. September 1983 mit Wirkung zum 1. November 1983 entzogen. Die Beklagte stellte insbesondere darauf ab, dass der Versicherte nach der Lebenserfahrung mit Vollendung des 26. Lebensjahres eine eigene Familie gegründet hätte und demnach nicht mehr in der Lage gewesen wäre, neben dem Unterhalt für seine eigene Familie auch noch seine Eltern wesentlich zu unterhalten. Eine Unterhaltsverpflichtung des Sohnes habe demnach nicht mehr bestanden. Den von den Klägern eingelegten Widerspruch begründeten sie damit, dass die Familie des Versicherten bei ihnen gelebt hätte, wie es in der Türkei üblich sei, so dass der Versicherte in der Lage gewesen wäre, mit seinem Verdienst die gesamte Familie zu unterstützen. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. März 1984 wies die Beklagte den Widerspruch im Wesentlichen mit den Gründen des Ausgangsbescheides zurück.
Die von den Klägern am 13. April 1984 vor dem Sozialgericht Hamburg erhobene Klage (Az.: 24 U 154/84) wurde abgewiesen.
Im Urteil vom 29. Mai 1985 wurde unter anderem ausgeführt, dass die Annahme, die Familie des Versicherten hätte bei den Klägern gewohnt, sehr unsicher sei und demnach nicht der Entscheidung zu Grunde gelegt werden könne. Vielmehr müsse zur Wahrung des Grundsatzes der Gleichbehandlung die gleiche Beurteilung wie bei einem Deutschen angestellt werden, so dass es nicht auf eine moralische Betrachtungsweise ankomme.
Mit Schreiben vom 9. März 2007 beantragten die Kläger bei der Beklagten erneut die Gewährung einer Elternrente. Unter Vorlage von Bestätigungen der örtlichen Vertretung machten sie geltend, sie seien mangels eigenen Einkünften bedürftig und auf Unterhaltszahlungen ihrer Kinder angewiesen. Ihr verstorbener Sohn sei das einzige Kind, von dem sie unterhalten worden wären. Es sei auch gängige Praxis nach türkischem Recht, dass verheiratete Kinder ihre Eltern unterstützen, insbesondere wenn die Eltern erheblich erkrankt seien, wie es bei den Klägern der Fall sei.
Mit Bescheid vom 7. September 2007 lehnte die Beklagte eine erneute Gewährung der Elternrente ab, weil die erforderliche - fiktive - Unterhaltsverpflichtung des verstorbenen Sohnes mangels Leistungsfähigkeit nicht gegeben sei. Dieser hätte, wie das Sozialgericht bereits in seinem Urteil vom 29. Mai 1985 ausgeführt habe, vorrangig seine eigene Familie zu unterhalten gehabt und wäre darüber hinaus nicht mehr zu wesentlichen Unterhaltsleistungen seinen Eltern gegenüber in der Lage gewesen.
Den Widerspruch der Kläger wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2007 mangels Vortrags an neuen Tatsachen als unbegründet zurück.
Mit ihrer am 6. November 2007 haben die Kläger Klage erhoben und verfolgen unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens ihr Begehren weiter.
Die Kläger beantragen nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 7. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern eine Elternrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bezieht sich im Wesentlichen auf den...