Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Versicherungspflicht. Visagistin. künstlerische Tätigkeit
Orientierungssatz
Eine Visagistin unterliegt der Versicherungspflicht gemäß § 1 KSVG. Die Tätigkeit erhält ihr Gepräge im Wesentlichen durch die eigenschöpferische Leistung.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin aufgrund ihrer Tätigkeit als Visagistin der Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) unterliegt.
Die 1969 geborene Klägerin meldete sich am 8. August 2001 bei der Beklagten und gab in dem Fragebogen zur Prüfung der Versicherungspflicht nach dem KSVG an, dass sie seit Januar 1998 eine selbständige Tätigkeit als Visagistin aufgenommen habe und ihr Arbeitseinkommen aus der selbständigen Tätigkeit im Jahr 2001 voraussichtlich 30.000,- DM betrage. Ihre Tätigkeit als Visagistin beinhalte das Kreieren von Make-ups und ganz bestimmten Haarstylings und damit die künstlerische Gestaltung eines Modells. Sie arbeite überwiegend innerhalb eines Teams, in dem sie ihr eigenes Aufgabengebiet habe sowie selbst bestimmen und ihre Ideen kreativ gestalten könne. So sei z.B. bei einem Fotoshooting zum Thema "Heißer Sommertag" der Fotograf für den Ort, das Modell und die Licht-Stimmung, der Stylist für die Auswahl der Kleidung und der Accessoires und sie für das Make-up und das Haarstyling verantwortlich. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Bescheid vom 3. September 2001 mit, dass sie nicht der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliege, weil ihre Tätigkeit als Visagistin nicht als künstlerisch im Sinne des § 2 KSVG angesehen werden könne. Die Tätigkeit einer Visagistin stelle vielmehr eine Teiltätigkeit des breiten kosmetischen Berufsfeldes dar. Im Rahmen dieser Tätigkeit werde nicht gestaltet, sondern Vorhandenes hervorgehoben, betont oder verdeckt.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie machte geltend, dass ihre Tätigkeit als Visagistin nicht mit der Tätigkeit einer Kosmetikerin gleich zu stellen sei. Die Haupttätigkeit einer Kosmetikerin bestehe in der Pflege der Haut und dem Schminken des Gesichtes der Kunden, um sie möglichst vorteilhaft aussehen zu lassen. Ihre Hauptaufgabe als Visagistin bestehe darin, im Rahmen eines vorgegebenen Themas individuelle Gesichtsbilder eigenschöpferisch zu gestalten. Diese eigenschöpferische Leistung werde von ihren Auftraggebern gefordert. Dabei handele es sich um Moderedaktionen und Werbeagenturen, für die typischerweise insgesamt auch nur Künstler tätig seien. Ihre Tätigkeit lasse sich am ehesten mit der Tätigkeit einer Maskenbildnerin vergleichen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2001 als unbegründet zurück. Sie führte zur Begründung aus, dass die Tätigkeit der Klägerin als Visagistin wegen des fehlenden Bezuges zum Theater oder zum Film nicht der Tätigkeit einer Maskenbildnerin im Bereich der darstellenden Kunst entspreche. Die Klägerin möge zwar bei der Realisierung eines Kunstobjektes in Gestalt einer künstlerischen Fotografie mitwirken, sie sei deshalb aber nicht Urheber oder Schöpfer des Kunstwerkes.
Die Klägerin hat am 10. Januar 2002 Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, dass sie die für ihren Beruf notwendige Technik beherrsche und diese Technik eigenschöpferisch für ihre Produkte einsetze. Dabei gelinge es ihr, sich in die Gestaltungswelt eines Fotos einzufühlen und durch ihre eigene kreative Anschauung und Gestaltungskraft das Foto auf eine "höhere" Stufe zu heben. Ihre Tätigkeit als Visagistin sei der Maskenbildnerin absolut zuzuordnen. Nur weil ihre Auftraggeber nicht das Theater und der Film, sondern große internationale Modezeitschriften seien, könne ihre gleiche Tätigkeit nicht aus dem künstlerischen Bereich ausgeschlossen werden.
Die Klägerin beantragt,
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1. |
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den Bescheid der Beklagten vom 3. September 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2001 aufzuheben und |
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2. |
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festzustellen, dass sie ab dem 8. August 2001 der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliegt. |
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise, für den Fall der Stattgabe der Klage, die Sprungrevision zuzulassen.
Sie hat sich auf das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 8. Dezember 2000, Az.: S 75 KR 1663/00, bezogen und vorgetragen, dass die Tätigkeit der Klägerin sich lediglich als handwerkliche Vorstufe zur eigentlichen künstlerischen Leistung des Fotografen darstelle. Die Herausstreichung der Gesichtszüge im Hinblick auf die Kleidung und Beleuchtung und den Typ des Modells sei kein eigenständiger künstlerischer Schaffensprozess, auch wenn dafür ein besonderes Geschmacksempfinden oder auch Fantasie notwendig sei. Produkt der Kunst sei letztendlich die fertige Werbefotografie, die in Zeitschriften oder Illustrierten erscheine. Die Tätigkeit der Klägerin trete als einheitliches Kunstprodukt nicht in Erscheinung. Betrachtet werde das Werbefoto des Werbefotografen und nicht das Make-up der Klägerin.
Die Proz...