Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Arbeitslosengeldes. Arbeitsentgeltanspruch. Unterhaltsbeihilfe während dem juristischen Vorbereitungsdienst in Nordrhein-Westfalen. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zum Anspruch von (ehemaligen) Rechtsreferendaren/innen auf ALG im Monat des erfolgreichen Bestehens der zweiten Staatsprüfung trotz Erhalts der vollen Unterhaltsbeihilfe: kein Ruhen.
Orientierungssatz
1. Wurde einem Rechtsreferendar die monatliche Unterhaltsbeihilfe nach § 32 Abs 3 S 1 JAG NW 2003 wie üblich am Monatsanfang im Voraus ausgezahlt und nach § 2 RRefBeihV NW für den gesamten Monat belassen, in dem das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis endete, und ergibt sich aus der Vergütungsmitteilung, Lohnsteuer- und Meldebescheinigung, dass dieser Betrag ausschließlich für die Zeit bis zum Tag der Verkündung der Entscheidung über das Bestehen der Prüfung gezahlt wurde, so ruht der Arbeitslosengeldanspruch nach § 143 Abs 1 SGB 3 nicht für den Rest des Monats, da das Dienstverhältnis nach § 31 Abs 1 JAG NW 2003 ebenfalls am Tag der Verkündung des Prüfungsergebnisses endete und somit das Ende des Beschäftigungsverhältnisses und das Ende des Arbeits- bzw Dienstverhältnisses zusammenfallen.
2. Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Art 3 Abs 1 GG bestehen nicht, da ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung mit anderen Auszubildenden insofern vorliegt, als Ausbildungsvergütung ein Entgelt für geleistete Arbeit darstellt, während es sich bei der vorliegenden Unterhaltsbeihilfe um Alimentationsleistungen ähnlich der Besoldung handelt.
Tenor
Der Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 2006 in der Fassung vom 11.Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.August 2006 wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin auch für die Zeit vom 5. Juli 2006 bis 31.Juli 2006 Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungssatz von 16,03 € zu gewähren.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist ein Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld.
Die 1979 geborene Klägerin befand sich bis zum 4.7.2006 im juristischen Vorbereitungsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW). Dieses Rechtsreferendariat ist als öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis ausgestaltet und endet gemäß § 31 Abs. 1 Juristenausbildungsgesetz (JAG) NRW unter anderem - so im Fall der Klägerin - mit der Verkündung der Entscheidung über das Bestehen der Prüfung. Referendarinnen und Referendare erhalten eine monatliche Unterhaltsbeihilfe (§ 32 Abs. 3 S. 1 JAG NRW in Verbindung mit der Verordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen an Rechtsreferendare ≪Unterhaltsbeihilfe-VO≫ NRW), die ihnen zum Ersten eines Monats im Voraus gezahlt und nach § 2 Unterhaltsbeihilfe-VO NRW für den gesamten Monat belassen wird, in dem das Ausbildungsverhältnis endet, es sei denn, es entsteht ein Anspruch auf Bezüge aus einer hauptberuflichen Tätigkeit bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn oder Arbeitgeber.
Nachdem die Klägerin zum 1.7.2006 ihre volle Unterhaltsbeihilfe in Höhe von 947,41 € netto für den Monat Juli 2006 erhalten, sich bei der Beklagten arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt hatte, bewilligte die Beklagte ihr mit Bescheid vom 7.7.2006 in der Fassung vom 11.7.2006 Arbeitslosengeld ab dem 5.7.2006 für 360 Tage, stellte dabei jedoch ein Ruhen des Anspruchs nach § 143 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) für den Zeitraum vom 5. bis 31.7.2006 fest; ab 1.8.2006 erfolgte die Bewilligung mit einem täglichen Leistungssatz und -betrag von 16,03 €.
Den Widerspruch der Klägerin vom 18.7.2006, mit dem jene ausgeführt hatte, dass die Zahlung für den Prüfungsmonat das Entgelt für die Zeit bis zum Bestehen der mündlichen Prüfung darstelle und eine Urlaubsabgeltung hiermit nicht verbunden sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.8.2006 als unbegründet zurück. Nunmehr begründete sie das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs damit, dass es sich bei dem Referendariat nach der versicherungsrechtlichen Beurteilung der Sozialversicherungsträger um ein so genanntes vorgeschriebenes Nachpraktikum nach dem abgeschlossenen Studium der Rechtswissenschaften handele, für welches Arbeitsentgelt gezahlt werde und das auch nur deswegen der Versicherungspflicht unterliege. Nach § 143 Abs. 1 SGB III ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld jedoch während der Zeit, für die der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhalte oder zu beanspruchen habe, hier mithin für den Rest des Monats Juli 2006.
Mit der hiergegen am 6.9.2006 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, dass die zum Anfang Juli 2006 überwiesene Ausbildungsbeihilfe ausschließlich für den Zeitraum vom 1. bis 4.7.2006 gezahlt worden sei, was sich aus der vorgelegten Vergütungsmitteilung, der Lohnsteuerbescheinigung sowie der Meldebescheinigung des Landesamtes für Besoldung und Versorgung NRW ergebe. Die Belassung der Beihilfe erfolge zum Einen, um eine Un...