Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Übernahme der Kosten für eine Narbenkorrektur
Orientierungssatz
Ein Versicherter der gesetzlichen Krankenversicherung hat einen Anspruch darauf, dass notwendige Eingriffe so schonend wie möglich durchgeführt werden und der Körper nach einem Eingriff so weit wie möglich wiederhergestellt wird, sei es mit körpereigenem oder körperfremdem Material (hier: Narbenkorrektur) (vgl BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 35/15 R = SozR 4-2500 § 27 Nr 28 RdNr 18).
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung des Bescheides vom 12.8.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.3.2015, an die Klägerin 4.000 EUR zu bezahlen.
2. Die Beklagte erstattet die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
In Streit steht die Übernahme von Kosten einer operativen Narbenkorrektur.
Die Klägerin stellte am 2. August 2014 einen Antrag auf Übernahme der Kosten einer operativen Narbenkorrektur. Durch mehrmalige chirurgische Eingriffe zur Behandlung einer Dünndarm Atresie nach der Geburt sei eine sehr auffällige 25 cm lange Narbe mit zahlreichen Einziehungen und zusätzlichen Fettlappen entstanden. Diese Narbe führe zu unregelmäßigen ziehenden Schmerzen, verursache einen psychischen Leidensdruck und weise eine entstellende Optik auf. Die Klägerin legte Kostenvoranschläge bezüglich der zu erwartenden Operations- und Narkosekosten in Höhe von insgesamt 4.000 EUR vor.
Mit Gutachten vom 12. August 2014 stellte der MDK fest, dass keine medizinische Indikation für die gewünschte Behandlung vorliege. Die Narbe sei das Ergebnis eines physiologischen Ausheilungsprozesses. Im Übrigen sei die Narbe weder übermäßig groß noch wirke sie entstellend. Weiterhin führe die Narbe auch zu keinen Funktionseinschränkungen. Damit werde überwiegend ein kosmetisches Behandlungsziel angestrebt.
Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag auf operative Narbenkorrektur mit Bescheid vom 12. August 2014 ab. Dagegen erhob die Klägerin am 23. August 2014 Widerspruch. Als Zwillingsfrühchen sei sie mit einer Dünndarm Atresie geboren worden. Es seien mehrere operative Eingriffe notwendig gewesen, so z.B. mit 7 Jahren eine Notoperation wegen eines Dünndarmverschlusses. Die Narbe verursache zeitweise ziehende Nervenschmerzen und beim Beklopfen elektrisierende schmerzhafte Beschwerden. Sie fügte ein Attest des A. Krankenhauses bei. Weiterhin teilte sie in der Folgezeit mit, dass die Narbenkorrektur mittlerweile am 9. Oktober 2014 durchgeführt worden sei.
Nachdem sich der MDK mit Gutachten vom 16. Dezember 2014 erneut gegen die begehrte Narbenkorrektur ausgesprochen hatte, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2015 zurück. Die Klägerin leide unter keinem regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, der eine Krankenbehandlung erfordere. Es lägen auch keine Funktionsstörungen vor, die eine Operation rechtfertigten. Grundsätzlich würden keine Kosten für kosmetische Operationen übernommen. Sofern die Klägerin wegen der Narbe psychische Probleme habe, seien diese mit Mitteln der Psychotherapie zu behandeln. Darüber hinaus wirke die Narbe auch nicht entstellend.
Am 15. April 2015 hat die Klägerin Klage erhoben und im Wesentlichen die Antrags- bzw. Widerspruchsbegründung wiederholt. Ergänzend weist sie darauf hin, dass auch eine Versicherte, der wegen Brustkrebs die Brust abgenommen werde, Anspruch auf den Aufbau einer neuen Brust habe.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 12.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.03.2015, die Beklagte zu verurteilen, 4.000 EUR an die Klägerin zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und beruft sich im Wesentlichen auf die Ausführungen des MDK in seinen Gutachten vom 12. August 2015, 16. Dezember 2014 und 2. April 2016, in denen die Auffassung vertreten wird, dass die Operation eine überwiegend kosmetische Korrektur zum Ziel habe und im Übrigen auch keine Entstellung vorliege, da die Narbe im Alltag durch die Kleidung bedeckt sei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens vom 30. Januar 2016.
Hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Prozess- und beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage hat in vollem Umfang Erfolg.
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 12. August 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2015, mit dem die Übernahme der Kosten für eine operative Narbenkorrektur abgelehnt wurde. Wobei die Klägerin nunmehr, nachdem sie die operative Narbenkorrektur bereits hat durchführen lassen, einen Anspruch gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative in Verbindung mit § 27 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) auf Erstattung der angefallen Operations- und Narkosekosten in Höhe von insgesamt 4000 EUR geltend macht.
Die Kammer ist zu der Auffassung gelangt, dass die Beklagte zu Unrecht die Übernahme der notwendigen Operations- und Narkosekosten abgelehnt hat und der K...