Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Nachforderung des Krankenhausträgers bei stationärer Behandlung des Versicherten
Orientierungssatz
Für die Nachforderung des Krankenhausträgers gegenüber der Krankenkasse aus stationärer Behandlung des Versicherten gilt bis zum Inkrafttreten des § 275 Abs. 1c SGB 5 in der derzeit gültigen Fassung vom 1. 4. 2007 Landesrecht. Bei Nichtvorliegen von vertraglichen Bestimmungen gelten die Grundsätze von Treu und Glauben. Danach ist eine Nachforderung auch später als sechs Wochen nach Rechnungstellung zulässig, wenn sie innerhalb des laufenden Haushaltsjahres erfolgt. Nach der Rechtsprechung des BSG setzt die Nachforderung des Krankenhausträgers einen Mindestkorrekturbetrag von 300.- €. bzw. von 5% des Ausgangsrechnungswertes der korrigierten Rechnung voraus (BSG Urteil vom 17. 12. 2009, B 3 KR 12/08 R).
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 922,57 zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 v.H. seit dem 15.01.2010 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf EUR 922,57 festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die nachträgliche Korrektur einer Schlussrechnung der Klägerin um Euro 922,57.
Die bei der Beklagten versicherte, 2004 geborene, A.M. befand sich vom 23.09.2009 bis 20.10.2009 in stationärer Behandlung bei der Klägerin. Die Klägerin erstellte zunächst die Rechnung vom 26.10.2009 in Höhe von Euro 23.292,62. Diese wurde am 30.10.2009 bei der Beklagten im Wege des DTA verarbeitet und fristgerecht beglichen. Mit weiterer Rechnung vom 29.12.2009 korrigierte die Klägerin den Rechnungsbetrag auf Euro 24.215,19 und forderte nun wegen bisher nicht abgerechneter Beatmungsstunden, welche zwischen den Beteiligten unstreitig sind, eine weitere Vergütung von der Beklagten in Höhe der streitigen Klageforderung von Euro 922,57. Diese lehnte es mit Schreiben vom 15.01.2010 ab, die Nachforderung zu begleichen, da eine Rechnungskorrektur durch das Krankenhaus nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nur innerhalb von sechs Wochen nach Erstellung der Schlussrechnung möglich sei. Diese Frist sei hier überschritten. Mit Schreiben vom 01.03.2010 verwies die Klägerin auf die Regelung in § 11 Abs. 2 des ab 01.01.2003 geltenden Vertrages Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (im Folgenden: Hamburger Landesvertrag), der zwischen der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft e.V. und ua. der Beklagten abgeschlossen sei und forderte die Beklagte erneut unter Fristsetzung auf, die restliche Vergütung in Höhe von Euro 922,57 zu begleichen. Hierzu äußerte sich die Beklagte nicht.
Die Klägerin hat am 02.03.2011 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben und trägt vor,
dass ihre Nachforderung nach § 11 Abs. 2 des zwischen den Beteiligten bestehenden Landesvertrages noch innerhalb von sechs Monaten geltend gemacht werden könne. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Rechtsprechung des BSG hier nicht anwendbar, weil die dortigen Entscheidungen vorbehaltlich einer abweichenden landesgesetzlichen Regelung ergangen seien, welche hier vorliege. Sie sei daher, auch nach Treu und Glauben, berechtigt, die hier sachlich und medizinisch gerechtfertigte weitere Vergütung mit der streitigen Rechnung vom 29.12.2009 noch nachzufordern.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie Euro 922,57 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 v.H. seit dem 15.01.2010 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Zahlungsregelungen des Hamburger Landesvertrages hier wegen der seit dem 01.04.2007 bestehenden Fristenreglung in § 275 Abs. 1c SGB V nicht für anwendbar. Soweit danach Prüfungen der Krankenkassen innerhalb von 6 Wochen durchzuführen seien, müsse diese Frist aus Gründen der Gleichbehandlung und wegen der "Waffengleichheit" auch für die Nachberechnungen seitens der Krankenhäuser gelten. Eine Ausweitung der Fristen i.S. der Regelungen des Hamburger Landesvertrages würde anderenfalls auch gegen das vom BSG postulierte Beschleunigungsgebot verstoßen. Die Regelungen des Hamburger Landesvertrages seien zudem bereits vereinbart worden, als es eine zeitliche Begrenzung hierfür im Gesetz noch nicht gegeben habe.
Das Gericht hat die in der Sitzungsniederschrift genannten Akten beigezogen und diese zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung der Kammer gemacht. Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und auch begründet. Der Klägerin steht die geltend gemachte Vergütungsnachforderung in Höhe von weiteren Euro 922,57 zu. Rechtsgrundlage des hier geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist §§ 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V, § 17b Abs. 1 Satz 10 Krankenhausfinanzierungsgesetz und § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz in Verbindung mit der hier maßgeblichen Vereinbarung zum Fallpauschalensystem...