Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bildung und Teilhabe. Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf. Anschaffungskosten für ein für den Unterricht benötigtes Tablet. keine Bedarfsdeckung durch die Schulbedarfspauschale. Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf. unabweisbarer laufender besonderer Bedarf. analoge Anwendung des § 21 Abs 6 SGB 2

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sofern ein Tablet im Schulunterricht benutzt wird, haben nach dem SGB II leistungsberechtigte Schulkinder einen Anspruch auf Übernahme der Anschaffungskosten als Zuschuss aus § 21 Abs 6 SGB II analog.

2. Die Leistungen für Bildung und Teilhabe gemäß § 28 Abs 3 SGB II umfassen offensichtlich nicht die Anschaffung höherwertiger elektronischer Geräte für den Schulunterricht.

 

Tenor

Der Antragsgegner wird einstweilen unter dem Vorbehalt der Rückforderung verpflichtet, der Antragstellerin zu 2) Leistungen für den Erwerb eines iPad 9,7 WiFi 32 in Höhe von 369,90 € zu erbringen.

Der Antragstellerin zu 2) wird ratenfreie Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug unter Beiordnung von Rechtsanwalt N. bewilligt.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 2).

 

Gründe

I.

Mit ihrem am 30. Januar 2018 bei Gericht eingegangenen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes begehren die Antragstellerinnen die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners, die Kosten für ein iPad 9,7 WiFi 32GB in der günstigsten Variante in Höhe von 369,90 € zu übernehmen. Hilfsweise begehren sie eine Darlehensgewährung hierfür.

Die Antragstellerinnen stehen im fortlaufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der 2005 geborenen Antragstellerin zu 2) die das 6. Schuljahr an der Oberschule O. besucht. Ein weiterer Sohn der Antragstellerin zu 1) lebt ebenfalls mit den Antragstellerinnen in der Bedarfsgemeinschaft. Zuletzt bewilligte der Antragsgegner ihnen mit Bescheid vom 11. Oktober 2017 Leistung für den Zeitraum zwischen dem 1. November 2017 und dem 31. Oktober 2018. Im Jahre 2018 sind während des Bewilligungszeitraums monatliche Leistungen in Höhe von insgesamt 1.295,88 € bewilligt. Als Einkommen berücksichtigte der Antragsgegner lediglich Kindergeld. Erwerbseinkommen wird in der Bedarfsgemeinschaft nicht erzielt. Aus den laufenden Leistungen werden noch bis einschließlich März 2018 monatlich 40,90 € zur Aufrechnung mit einer Darlehensforderung des Antragsgegners wegen eines Darlehens für eine Waschmaschine einbehalten. Die letzte Rate in Höhe von dann noch 13,70 € soll im April 2018 einbehalten werden.

Ab Beginn des zweiten Schulhalbjahres am 5. Februar 2018 wird in der Klasse der Antragstellerin zu 2) im Unterricht mit iPads gearbeitet. Sie sollen auch für Hausaufgaben genutzt werden. Die Schule stellt diese Geräte nicht zur Verfügung und sie müssen von den Schülern selbst angeschafft werden. Es ist lediglich möglich bei der Firma P. einen Ratenkauf durchzuführen. Im Rahmen des Ratenkaufs ist es möglich, den Erwerb des Tablets mit 12 Monatsraten zu 30,80 €, 24 Monatsraten zu 15,40 € oder 36 Monatsraten zu 10,90 € zu finanzieren. In der Klasse sollen einheitliche Geräte verwendet werden. Auf die Blätter 16 bis 18 der Gerichtsakte wird Bezug genommen.

Die Antragstellerinnen beantragten am 29. Dezember 2017 die Übernahme der Kosten für das iPad. Den Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 18. Januar 2018 ab. Er führte aus, dass gemäß § 28 Absatz 3 Satz 1 SGB II nur im Februar und im August eines jeden Jahres eine Summe von 30,00 € bzw. 70,00 € für Schulbedarf gewährt werde. Daraus seien alle schulischen Anschaffungen zu bestreiten. Hiergegen erhoben die Antragstellerinnen am 30. Januar 2018 Widerspruch. Den Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2018 zurück. Ergänzend zum Ausgangsbescheid führte er aus, dass über die Leistungen nach § 28 Abs. 3 SGB II hinausgehende Schulbedarf aus dem Regelsatz zu bestreiten sein. Es komme zwar dem Grunde nach ein Darlehen für das iPad nach § 24 Absatz 1 SGB II in Betracht. Im konkreten Fall scheide das jedoch aus, weil die Möglichkeit eines Ratenkaufs gegeben sei.

Am Tage der Widerspruchserhebung haben sich die Antragstellerinnen am 30. Januar 2018 an das Sozialgericht Hannover gewendet. Sie haben ausgeführt, dass bereits am 5. Februar 2018 das neue Schuljahr starte und die Antragstellerin zu 2) dem Unterricht nur sachgerecht folgen könne, wenn sie über ein iPad verfüge. Bereits in der Vergangenheit hätte das Sozialgericht Hannover in einem vergleichbaren Fall jedenfalls ein Darlehen zugesprochen.

Sie beantragen,

den Antragsgegner einstweilen zu verpflichten, die Kosten für ein iPad 9,7 WiFi 32GB in der günstigsten Variante zu 369,90 € zu gewähren,

hilfsweise einstweilen zu verpflichten, ein Darlehen für die Anschaffung des iPads zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antragsgegner trägt i...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?