Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenkasse. Rechtswidrigkeit. Werbung. Arzneimittelversand. ausländische Apotheke
Orientierungssatz
Die Werbung einer Krankenkasse für den Bezug von Arzneimitteln im Wege des Versandhandels von ausländischen Apotheken verstößt gegen die Vorschriften des SGB 5 und die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Verpflichtungsbescheides der Antragsgegnerin vom 28. Mai 2002. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wehrt sich die Antragstellerin gegen die im Bescheid angeordnete sofortige Vollziehung.
Mit Schreiben vom 31. August 2001 an alle bundesunmittelbaren Krankenkassen wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass für Pflichtversicherte grundsätzlich eine Kostenerstattung beim Bezug von Medikamenten über den Versand- oder Internethandel nicht in Betracht käme. Internetapotheken seien keine Leistungserbringer im Sinne des Fünften Buches des Sozialgesetzbuch, da sie von Rahmenverträgen gemäß § 129 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht erfasst würden. Soweit eine Apotheke im Ausland gewerblichen Versandhandel von Arzneimitteln betreibe, wie dies bei Internetapotheken der Fall sei, würden apothekenpflichtige Arzneimittel entgegen der §§ 43 und 73 Absatz 1 Arzneimittelgesetz (AMG) nach Deutschland in Verkehr gebracht. Solch ein rechtswidriges Verhalten könne keine Leistungspflicht der Krankenkasse begründen. Die Antragstellerin hatte in einer Presseinformation vom 13. Dezember 2001 unter Hinweis auf dramatische Kostensteigerungen im Arzneimittelbereich auf die Möglichkeit hingewiesen, Medikamente über die Internetapotheke ... zu beziehen. Der Arzneimittelversand sei eine Möglichkeit, zu mehr Wirtschaftlichkeit im Arzneimittelbereich zu kommen. Es gelte, den bislang staatlich regulierten Arzneimittelmarkt zu öffnen. Die Antragstellerin war eine von 13 niedersächsischen Betriebskrankenkassen, die das Angebot von ... unterstützen.
In einer Mitteilung der Bundesrepublik Deutschland an die Kommission der Europäischen Union vom 21. September 2001 wurde ausgeführt, dass Leistungen der Krankenversicherung nicht mehr von den sonstigen privatautonom beschafften Dienstleistungen und Waren abgesondert werden könnten. Für in Apotheken der Mitgliedstaaten auf Grund deutscher Rezepte erworbener Arzneimittel dürfe den Versicherten wegen des Grundsatzes des freien Warenverkehrs der Kauf nicht erschwert werden. Die Versicherten hätten deshalb einen Anspruch auf Kostenerstattung.
Mit Schreiben vom 19. Februar 2002 der Antragsgegnerin an die Antragstellerin wurde die Pressekonferenz vom 13. September 2001 zum Anlass genommen, die Antragstellerin im Hinblick auf den Bezug von apothekenpflichtigen Medikamenten der Internetapotheke ... aufsichtsrechtlich zu beraten. Nach § 43 Absatz 1 AMG dürften in Deutschland zugelassene apothekenpflichtige Arzneimittel grundsätzlich nur in Apotheken und nicht im Versandhandel in den Verkehr gebracht werden. Die Internetapotheken würden gegen dieses Verbot des Versandhandels verstoßen. Ein derart unzulässiges Verhalten vermöge eine Leistungspflicht der Krankenkassen nicht zu begründen. Der Hinweis auf eine Bezugsmöglichkeit von apothekenpflichtigen Medikamenten unter Verstoß gegen die §§ 43 Absatz 1, 73 Absatz 1 AMG sei unzulässig. Die Antragstellerin wurde daher gebeten, innerhalb von drei Wochen nach Erhalt des Schreibens zu bestätigen, dass sie den Versandhandel von Medikamenten künftig nicht mehr fördere und insbesondere keine Kosten für über den Versandhandel bezogene apothekenpflichtige Medikamente erstatte. Anderenfalls würde ein Verpflichtungsbescheid erlassen, dessen sofortige Vollziehung angeordnet würde. In weiteren Veröffentlichungen der Antragstellerin wurde eine Unterstützung der Internetapotheken erklärt.
Mit Schreiben des Bundesgesundheitsminister vom 25. März 2002 wurde darauf hingewiesen, dass auch seitens das Bundesgesundheitsministeriums das Versandhandelsverbot unterstützt würde.
Die Antragsgegnerin fertigte daraufhin am 28. Mai 2002 einen Bescheid, in dem die Antragstellerin folgendermaßen verpflichtet wurde:
"I. Es ist zu unterlassen ihre Versicherten auf die Möglichkeit des Bezuges von apothekenpflichtigen Arzneimitteln zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung hinzuweisen, die im Wege des Versandhandels durch fernmündliche, schriftliche oder Bestellung im Internet erworben werden,
II. für die Versicherten für apothekenpflichtige Arzneimittel, die über einen Versandhandel erworben wurden, weder ganz noch teilweise oder im Wege der Direktabrechnung zu tragen.
III. Die sofortige Vollziehung des Bescheides wird angeordnet"
Der Versand telefonisch, schriftlich oder über das Internet bestellter Arzneimittel an den Endverbraucher im Inland durch ausländische Apotheken verstoße gegen die §§ 43 Absatz 1, 73 Absatz 1 AMG. Die Internetapotheken würden Arzneimittel entgegen deutschem Recht aus dem Ausland im Wege des Versandhandels gewerbsmäßig an Endverbraucher und damit in den Verke...