nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
ARGE "Job-Center in der Region Hannover" als öffentlich-rechtliche Einrichtung eigener Art. Beteiligungsfähigkeit. Behörde. Förderung der beruflichen Weiterbildung. einstweiliger Rechtsschutz. Anordnungsanspruch und -grund. effektiver Rechtsschutz
Leitsatz (amtlich)
1. Die ARGE "Job-Center in der Region Hannover" ist eine öffentlich-rechtliche Einrichtung eigener Art.
2. Sie ist beteiligtenfähig im sozialgerichtlichen Verfahren und eine Behörde iS des § 1 Abs 2 SGB 10.
3. Zu Anordnungsanspruch und -grund bei vorläufiger Förderung der beruflichen Weiterbildung.
4. Durchbrechung des grundsätzlichen Verbots der Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung in Vornahmesachen.
Orientierungssatz
1. Bei § 16 Abs 1 S 1 SGB 2 handelt es sich um eine Rechtsgrundverweisung auf das einschlägige Leistungsrecht, sodass auch die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung unmittelbar den einschlägigen Vorschriften des SGB 3 zu entnehmen sind. Vor diesem Hintergrund ist die allgemeine Übergangsvorschrift gemäß § 422 Abs 1 SGB 3 unanwendbar.
2. Die Durchbrechung des grundsätzlichen Verbots der Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung in Vornahmesachen ist zulässig, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, das heißt, wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht.
Tenor
1. Die Antragsgegnerin wird vorbehaltlich einer anders lautenden Entscheidung in der Hauptsache verpflichtet, dem Antragsteller ab 1. Februar 2005 Leistungen zur beruflichen Eingliederung in Form der Förderung einer Umschulung zum staatlich geprüften Atem-, Sprech- und Stimmlehrer bei der ... -Schule ... , ... , zu gewähren.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Antragstellers.
Tatbestand
Der Antragsteller begehrt vorbehaltlich einer Entscheidung in dem Hauptsacherechtsstreit S 5 AL 1222/04 vor dem Sozialgericht Hannover die vorläufige Teilnahme an einer Umschulungsmaßnahme zum staatlich geprüften Atem-, Sprech- und Stimmlehrer.
Der jetzt 38-jährige Antragsteller ist gelernter Offset-Drucker und war zuletzt in den Zeiträumen vom 1. September 2000 bis 30. Juni 2003 und vom 1. April 2004 bis zum 4. Juli 2004 in seinem Lehrberuf jeweils zeitlich befristet berufstätig. Aufgrund fehlender Berufsperspektiven nahm der Antragsteller in der Zeit vom 7. Oktober 2003 bis 5. Januar 2004 an einem von der Bundesagentur für Arbeit bewilligten Bewerbertraining teil. Abschließend wurde ihm dort eine Umschulungsmaßnahme empfohlen.
Am 7. Januar 2004 stellte der Antragsteller bei der Bundesagentur für Arbeit einen Umschulungsantrag. Die Bundesagentur für Arbeit erstellte folgenden Vermerktext in ihrer EDV unter B, R, (BewA nach Kundennummer):
„Kunde ist angesichts des desolaten Druck-Arb. m. von Fortb. abgekommen. Allerdings bleiben bis zum U-Beginn Vermittlungs-Aktivitäten weiter vorrangig (Eigenbemühungen, VV-Akzeptanz etc.). Wenn Vermittlung weiter scheitert, kann FbW für Umsch. greifen. Mit diesem doppelgleis. Vorgehen ist Kunde einverstanden. Als Um.ziel hat er nur Atem-/Sprech-/Stimmlehrer oder Logopäde; )Träger; BGS; Zulassung)KURS.FbW (+Bl.04). Musikalität (gute Singstimme, Klavier). §48-Prakt. erklärt.
Am 14. Januar 2004 wurde folgender Vermerktext erstellt:
„pers. ist bereits mit B N in Kontakt, besucht dort im Feb. einen Wochenendkurs zwecks Maßnahmevorstellung, der Gutschein wird ausgeh., wenn’s auch zur Teilnahme 1.8.04 kommt.
Der Antragsteller hat hierin eine ihm mündlich erteilte Förderzusage gesehen und im Vorgriff auf die Teilnahme an der am 1. August 2004 beginnenden dreijährigen Ausbildung bei der C-Schule Aufwendungen in Höhe von mindestens 1.028,-- Euro getätigt. Es entstanden Kosten für die Teilnahme am Aufnahmekurs der Sprachschule am 27. März 2004, Kosten für die Erfüllung der Auflage der C-Schule vom 29. März 2004, 15 Stunden Klavierunterricht inklusive Unterweisung in Musiktheorie zu nehmen, der Vorlage eines ärztlichen Attestes zum Hörbefund, für die Teilnahme an einem Informationskurs sowie Fahrgeld.
Mit Bescheid vom 11. Juni 2004 lehnte die Bundesagentur für Arbeit den Antrag auf Bewilligung einer Umschulungsmaßnahme ab. Gestützt auf § 77 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung sei der Antrag abzulehnen, weil der Antragsteller über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfüge. Die allgemein schlechte Arbeitsmarktlage rechtfertige nicht die Notwendigkeit einer Fördermaßnahme.
Dagegen erhob der Antragsteller Widerspruch. Die Beklagte des Hauptsacheverfahrens, die Bundesagentur für Arbeit, regte in ihrer „Zuschrift zur Stattgabe" vom 25. Juni 2004 an, dem Widerspruch abzuhelfen. Wörtlich führte die Bundesagentur für Arbeit aus:
„Es wird um Überprüfung der angefochtenen Entscheidung und evtl. Erteilung eines Abhilfebescheides an den Bevollmächtigten gebeten. Aus den Bera...