Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheitsprüfung. Dreipersonenhaushalt in Hannover. Nichtvorliegen eines schlüssigen Konzepts des Grundsicherungsträgers. Rechtswidrigkeit der Kappungsgrenze zur Definition des einfachen Standards von Wohnungen in Höhe von 33 % der Spanne der erhobenen Mietwerte
Leitsatz (amtlich)
1. Bei dem Endbericht "Festlegung der Angemessenheitsgrenzen gem SGB 2 und SGB 12 für die 21 Kommunen der Region Hannover 2015" (insbesondere Mietwerterhebung für die Landeshauptstadt Hannover 2015) handelt es sich nicht um ein "schlüssiges Konzept" im Sinne der Rechtsprechung des BSG.
2. Die These, die "normativ das 33 % Quantil festgelegt, welches das untere Drittel des Wohnungsmarktes als einfachen Wohnungsstandard festlegt", erweist sich nicht als wissenschaftlich fundiert.
Tenor
Den Antragstellern werden vorläufig vom 19. Juli bis zum 31. Dezember 2015 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 88,60 Euro monatlich gewährt.
Diese Anordnung ist auflösend bedingt durch die bestands- oder rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache. Die vorläufig gewährten Leistungen unterliegen gegebenenfalls der Rückforderung durch den Antragsgegner.
Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller sind zu 1/4 vom Antragsgegner zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II, namentlich Leistungen für laufenden Unterhalt, Miete und Krankenversicherung.
Die Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller, bestehend aus der am 04. April 1966 geborenen Antragstellerin zu 1.), der am 24. Februar 1996 geborenen Antragstellerin zu 2.) und der am 22. Juni 2001 geborenen Antragstellerin zu 3.), bezog Leistungen nach dem SGB II vom Antragsgegner.
Ausweislich des Weiterbewilligungsantrages vom 09. Juni 2015 und des beigefügten Mietvertrages über Wohnraum vom 28. Mai 2015 belaufen sich die Kosten der Unterkunft der 93 m² großen Vier-Zimmer Wohnung unter der Wohnanschrift G. seit dem 01. Juni 2015 auf 558,00 Euro (Grundmiete) und 102,00 Euro (Betriebskostenvorauszahlung) monatlich und die Kosten der Heizung auf 80,00 Euro (Heizkostenvorauszahlung) monatlich.
Ausweislich des Vermerks über ein persönliches Gespräch mit der Antragstellerin zu 1.) vom 26. Mai 2015 hatte diese kein Mietangebot dabei. Der Teamleiter H., habe der Antragstellerin zu 1.) bereits zuvor die Mietobergrenze erläutert. Die Notwendigkeit für den Umzug liege vor, da die derzeitige Wohnung zum 31. Mai 2015 zwangsgeräumt werde.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16. Juni 2015 beantragen die Antragsteller die Gewährung von Erstausstattung und Umzugskosten in Gesamthöhe von 2.068,00 Euro.
Mit dem am 19. Juli 2015 eingegangenen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes verfolgen die Antragsteller ihr Begehren vorläufig gerichtlich fort.
Die Antragsteller sind der Ansicht, dass sie ein Anrecht auf ein Leben in menschenwürdigen Umständen hätten. Der Bewilligungsbescheid sei rechtwidriger Weise nicht an den Prozessbevollmächtigten der Antragsteller bekannt gegeben worden. Der Mehrbedarf für Alleinerziehende sei nicht in richtiger Höhe gewährt. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso eine Erstausstattung nur als Darlehen gewährt worden sei. Der Antragsgegner habe von Amts wegen eine Übernahmeerklärung hinsichtlich der neuen Wohnungsmiete ausstellen müssen. Ferner sei von Amts wegen die Mietkaution darlehensweise zu übernehmen. Die örtliche Mietobergrenze erweise sich als rechtswidrig, da sie mit Hilfe fehlender Zahlen vom Statistikamt geschätzt worden und damit willkürlich festgesetzt worden sei.
Die Antragsteller beantragen daher,
die gesetzlichen Regelbedarfsleistungen zu überweisen seit Juni 2015 für die Antragsteller 1.) bis 3.),
die gesetzlich notwendigen Leistungen für Miete und Nebenkosten zu überweisen, fällig seit Juni 2015,
die gesetzlich notwendigen Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung zu überweisen seit Juni 2015 und
in beantragten Umfange Leistungen zur Einrichtung der neuen Wohnung zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen, soweit keine Teilerledigung eingetreten ist.
Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass sein Bescheid vom 15. Juli 2015 sich als rechtmäßig erweise.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakte (vorgelegt im Stand seit dem 28. April 2015) Bezug genommen.
II.
Der gem. § 86b Abs. 2 SGG zulässige Antrag ist teilweise begründet. Die Antragsteller haben Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch insoweit glaubhaft gemacht, als ihnen ein höherer Anspruch auf Kosten der Unterkunft aus § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II in tenoriertem Umfang zusteht. Im Übrigen steht ihnen nach derzeitigem Sach- und Rechtsstand kein weitergehender Anordnungsanspruch zu.
1. Soweit der Antrag sich auf die vorläufige Gewährung der Regelbedarfe und die Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung richtet, hat er sich mit der Bekanntgabe des Besch...