Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Apotheker. Arzneimittelabgabe. keine Retaxierung bei fehlender Arztunterschrift
Orientierungssatz
Besteht kein Zweifel daran, dass die Verordnung mit dem Willen und auf Veranlassung eines Vertragsarztes ausgestellt und allein aus Eile und Versehen des Arztes nicht unterschrieben worden ist, gebietet der Zweck des Arzneilieferungsvertrags (hier abgeschlossen nach § 129 Abs 5 SGB 5 zwischen dem Verband der Angestellten Krankenkassen eV und dem Deutschen Apothekerverband eV in der Fassung vom 21.8.2008) eine Zurückverweisungsmöglichkeit nicht.
Nachgehend
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 2.693,29 € zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger ist Inhaber der H in N..., unter deren Firma er die Klage erhoben hat. Er begehrt von der Beklagten die Vergütung für ein von ihm beliefertes Rezept, bei dem die Arztunterschrift gefehlt hat.
Am 18.12.2008 belieferte der Kläger eine für den bei der Beklagten versicherten I. ausgestellte Verordnung, die kurz zuvor von der Gemeinschaftspraxis Prof. Dr. med. J und Dr. med. K in N... ausgestellt, jedoch nicht durch einen Arzt unterschrieben worden war. Das hergestellte Medikament wurde dem Versicherten sodann umgehend noch während der laufenden Behandlung in der Praxis Prof. Dr. med L und Dr. med. M verabreicht.
Im Rahmen der Abrechnung bezahlte die Beklagte zunächst den Rechnungsbetrag in Höhe von 2.693,29 €. Mit Schreiben vom 16.10.2009 beanstandete die Beklagte die Abrechnung des Klägers sodann in voller Höhe wegen der fehlenden Arztunterschrift.
Der Kläger erhob mit Schreiben vom 23.10.2009 Einspruch gegen die Beanstandung. Er reichte eine Bestätigung der Gemeinschaftspraxis Dres. N vom 23.10.2009 ein, wonach der Versicherte O. die von der Apotheke des Klägers hergestellte Infusionslösung erhalten habe. Die Beklagte wies den Einspruch mit Schreiben vom 10.12.2009 zurück. Zur Begründung berief sie sich auf § 4 Abs. 2 des zwischen den Beteiligten Anwendung findenden Arzneilieferungsvertrages. Eine nachträgliche Korrektur der Abrechnung könne nicht akzeptiert werden.
Mit Schreiben vom 04.01.2010 überreichte der vom Kläger beauftragte Landesapothekerverband Niedersachsen e.V. zusätzlich eine Erklärung des Versicherten P vom 22.12.2009, in der dieser den Erhalt der Infusionslösung bestätigte.
Mit Schreiben vom 17.03.2010 übersandte die Prozessbevollmächtigte des Klägers eine unterschriebene Duplikatverordnung vom 18.12.2008 und bat um Erstattung des retaxierten Betrages. Mit Schreiben vom 25.03.2010 erklärte die Beklagte erneut, dass eine nachträgliche Korrektur nicht akzeptiert werden könne.
Schließlich rechnete die Beklagte die von ihr geltend gemachte Rückforderung in Höhe des retaxierten Betrages von 2.693,29 € gegen unstreitige Forderungen des Klägers aus laufenden Arzneilieferungen auf.
Am 06.05.2010 hat der Kläger Klage erhoben. Er ist der Auffassung, er habe Anspruch auf die Vergütung für die belieferte Verordnung. Der Mangel der fehlenden Unterschrift sei durch das Schreiben vom 23.10.2009 oder das als Duplikat ausgestellte Rezept geheilt. Allenfalls seien Abzüge wegen verspäteter Einreichung vorzunehmen. In der Vergangenheit habe der Beklagte fehlende Unterschriften nicht beanstandet. Es könne keinen Unterschied machen, ob ein Rezept keine oder nur eine völlig unleserliche Unterschrift des Arztes enthalte. Schließlich sei der aufgetretene Fehler dem Kläger nicht zuzurechnen, da er seine Mitarbeiter regelmäßig schule und zertifiziert sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.693,29 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich zur Begründung auf die Vorschriften des Arzneilieferungsvertrages, wonach sie die Verordnung zurückweisen könne. Auch sei eine nachträgliche Heilung des bestehenden Mangels nicht vorgesehen und daher nicht möglich. Zudem genüge die Verordnung auch nicht den Anforderungen der Verordnung von Arzneimitteln, außerdem habe der Kläger mit der Belieferung gegen das in der Apothekenbetriebsordnung geregelte Abgabeverbot verstoßen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die als allgemeine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Klage ist begründet.
Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung in Höhe des geltend gemachten Vergütungsbetrages von 2.693,29 €. Der Zahlungsanspruch des Klägers für die unstreitigen Belieferungen von anderen Versicherten der Beklagten ist nicht analog §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) durch die Verrechnung der Beklagten mit einem vermeintlich bestehenden öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch der Beklagten gegen den Kläger erloschen. Denn der Beklagten stand gegen den Kläger ein solcher öf...