Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattungsanspruch wegen einer einem nichtversicherten Kind gewährten Kinderrehabilitation
Leitsatz (amtlich)
1. "Nichtversichert" sind nicht nur diejenigen, die noch keinen Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet haben, sondern auch diejenigen, die die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen. Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss des § 3 der KiHB-Richtlinie (Gemeinsame Richtlinien der Träger der Rentenversicherung nach § 31 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 6 für Kinderheilbehandlungen). "Nicht-Versicherte" sind diejenigen, die die in § 3 KiHB-Richtlinie genannten Voraussetzungen gerade nicht erfüllen.
2. Die gegenteiligen Besprechungsergebnisse der Gremien der Rentenversicherungsträger sind für die Kammer nicht bindend und zudem nicht überzeugend.
Orientierungssatz
Unter Verweis auf diese Entscheidung vgl SG Düsseldorf vom 21.4.2015 - S 44 R 1710/14 = juris Rdnr 23.
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Kosten für die durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme zu Gunsten des D. (Zeitraum 13.10.10 - 10.11.10) in Höhe von 3.945,20 Euro zu erstatten.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens
3. Die Berufung wird zugelassen.
4. Der Streitwert wird auf 3.945,20 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die klagende Krankenkasse begehrt von dem beklagten Rentenversicherungsträger die Kostenerstattung in Höhe von 3.945,20 Euro einer von ihr erbrachten Leistung zur medizinischen Rehabilitation für D. in der Zeit vom 13.10.2010 bis zum 10.11.2010.
Der am E. geborene D. (im Folgenden Antragsteller) beantragte am 14.07.2010 wegen einer bestehenden Dysphonie und eines Verdachts auf sonstige Pubertätsstörungen bei der Beklagten die Gewährung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme. Zur letzten ausgeübten Erwerbstätigkeit gab er an, “Schüler„ zu sein. Zu Frage 11 “Ergänzende Angaben zum Kind„, bestätigte er, dass es sich um das “eigene Kind„ handele, das sich in Schulausbildung befinde. Diese Fragen sollten nach einem Klammerhinweis auf dem Formular nur ausgefüllt werden, wenn eine “Kinderrehabilitation„ beantragt werde. Dem Antrag war ein “Ärztlicher Befundbericht zum Antrag auf Kinderheilbehandlung„ beigefügt. Das Medizinische Versorgungszentrum F. bestätigte mit Arztbrief vom 29.03.2010, dass ambulante Maßnahmen nicht ausreichten. Eine stationäre Behandlung in der Reha-Klinik G. sei angezeigt.
Der Antragsteller verfügt unter der Versicherungsnummer H. über ein Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Berlin (DRV Bund), in dem zwei Monate an Pflichtversicherungsbeiträgen auf Grund einer geringfügigen Beschäftigung vermerkt sind. Für den Vater, I., führte die Beklagte ein Versicherungskonto unter der Versicherungsnummer J..
Mit Schreiben vom 16.07.2010 leitete die Beklagte den Antrag unter der Versicherungsnummer des Antragtellers an die Klägerin weiter. Eine Zuständigkeit der Beklagten sei nicht gegeben. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien für den Antragsteller nicht erfüllt.
Mit Bescheid vom 04.08.2010 bewilligte die Klägerin dem Antragsteller eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik G.. Diese nahm der Antragsteller vom 13.10.2010 bis zum 10.11.2010 wahr.
Mit Schreiben vom 26.10.2010 lehnte die DRV Bund die von der Klägerin begehrte Kostenerstattung für die stationäre Behandlung des Antragstellers ab. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht erfüllt gewesen. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien durch den Vater erfüllt. Dieser sei jedoch bei der Beklagten versichert.
Mit Schreiben vom 08.11.2010 meldete die Klägerin bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch an, den sie mit Schreiben vom 10.05.2011 auf 3.945,20 Euro bezifferte. Die Beklagte lehnte den Erstattungsanspruch mit Schreiben vom 17.05.2011 ab. Es habe sich nicht um eine Kinderrehabilitation gehandelt. Der Antragsteller sei bereits eine eigenständig versicherte Person gem. § 1 SGB VI gewesen. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rehabilitation seien nicht gegeben.
Die Klägerin hat am 27.05.2011 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass es sich bei den im Konto des Antragstellers befindlichen Pflichtbeiträgen nicht um vollwertige Pflichtbeiträge handele. Es entstehe so eine Benachteiligung aller Kinder- und Jugendlichen, die jemals einen Ferienjob ausgeübt hätten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme zu Gunsten des D. (Zeitraum 13.10.10 - 10.11.10) in Höhe von 3.945,20 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Versicherteneigenschaft werde bereits durch eine versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung begründet. Diese Auffassung bestätige auch eine interne Besprechung von Beitrags- und Rentendezernenten vom 20./21.10.1999, sowie die gemeinsamen Richtlinien der Träger der Rentenversicherung für die Erbringung von onkologischen Nachsorgeleist...