Entscheidungsstichwort (Thema)
Künstlersozialversicherung. Versicherungspflicht. Künstler. Webdesigner. Verkehrsauffassung
Orientierungssatz
1. Ein Webdesigner ist selbständiger Künstler iS des KSVG.
2. Alleine daraus, dass sich zur Tätigkeit als Webdesigner noch keine Verkehrsauffassung gebildet hat, ob diese neuartige Tätigkeit als künstlerisch anzusehen ist, kann nicht geschlossen werden, dass die Tätigkeit nicht künstlerisch ist.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob als die als Webdesignerin tätige Klägerin versicherungspflichtig nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) ist.
Die 1970 geborene Klägerin studierte von 1990 bis 1997 an der Universität H Architektur und schloss das Studium mit dem Hochschulgrad einer Diplom-Ingenieurin ab. Von März 2001 bis März 2002 nahm sie an einer beruflichen Weiterbildung zum Webmaster teil. Die Weiterbildung umfasste 1526 Unterrichtsstunden. Am 31. Mai 2002 bestand sie die Prüfung zur Multimedia-Assistentin der Industrie- und Handelskammer H-H. Am 3. Juli 2002 meldete sie sich bei der Künstlersozialkasse als Webdesignerin an. Am 28. August 2002 beantragte sie die Prüfung der Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz. Sie fügte dem Antrag einige Proben ihrer Arbeit bei. Mit Bescheid vom 5. Dezember 2002 stellte die Künstlersozialkasse, die Rechtsvorgängerin der Beklagten fest, dass die Klägerin nicht der Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz unterliege. Die Tätigkeit, die sie ausübe, sei keine künstlerische Tätigkeit. Eine Tätigkeit als Medien- oder Webdesignerin sei nur dann künstlerisch, wenn entweder die Tätigkeit objektiv vergleichbar oder ebenbürtig sei mit derjenigen eines Grafikers oder Industriedesigners, was sich z.B. im Vorhandensein einer künstlerischen Ausbildung, in der Teilnahme an Designwettbewerben oder in der Mitgliedschaft in einem Berufsverband der Künstler oder Designer zeigen könne. Eine solche Tätigkeit könne auch dann künstlerisch sein, wenn die erstellten Werke eine individuelle eigenschöpferische Leistung darstellen und sich durch ihren ästhetischen Gehalt aus der Masse des Alltäglichen hervorheben. Dabei dürften aber die Gestaltungselemente nicht weitgehend durch die technischen Gegebenheiten oder durch den Gebrauchszweck festgelegt werden. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Die Klägerin habe keine künstlerische Ausbildung absolviert, sondern eine Ausbildung als Ingenieurin, und ihre Tätigkeit sei auch nicht durch freie schöpferische Gestaltung geprägt. Ihre Tätigkeit sei daher nicht der Kunst, sondern der "angewandten Informatik" zuzuordnen. Den hiergegen am 17. Dezember 2002 erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass auch das Architekturstudium künstlerisch geprägt sei. Gerade das Architekturstudium an einer Universität sei - mehr noch als das an einer Fachhochschule - auf Gestaltung und freies künstlerisches Arbeiten ausgerichtet. Dass als Abschluss der Grad einer Diplom Ingenieurin verliehen werde, ändere daran nichts. Gerade das Studium an der Universität H biete eine reiche Palette an Wahlmöglichkeiten im gestalterischen Bereich. Sie sei von 1995 bis 1997 während des Studiums am Institut für bildende Künste in der Abteilung für experimentelles Gestalten und Modellieren beschäftigt gewesen. Die Weiterbildung zur Webmasterin sei nur nötig geworden, um sich die handwerklichen Fähigkeiten für die Gestaltung anzueignen. Der Schritt zur Selbständigkeit sei das Resultat einer über zehnjährigen intensiven Beschäftigung mit gestalterischem Denken, Handeln und Wirken. Im übrigen habe sie sich mit einem anderen Designer zu einer Ateliergemeinschaft unter dem Titel "digital definieren - on und offline design" zusammengetan. Überdies erläuterte sie ihr Vorgehen bei der Erstellung von Internetauftritten. Dabei hob sie u.a. hervor, dass es nicht darum gehe, etwas Vorhandenes technisch umzusetzen, sondern es solle zunächst - nach einer gedanklichen Auseinandersetzung mit Thema und Formfindung - etwas definiert, geformt, erfunden und erfasst werden. Es solle eine Kommunikationsstrategie entwickelt werden, die dann schließlich digitalisiert werde. Die gestalterische Orientierung und der hohe ästhetische Anspruch sei auch den Auftraggebern bewusst. Diese gäben als Vorgabe nur einen groben Umriss und ließen ihr ansonsten bei der Gestaltung freie Hand. Eine Teilnahme an Wettbewerben sei ihr selbstverständlich, es habe sich jedoch bisher keine entsprechende Gelegenheit ergeben. Im übrigen beabsichtige sie, sich auf der Internetplattform www.neue.koepfe.de zu präsentieren. Die Künstlersozialkasse wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13. März 2003 zurück. Dies wurde wiederum damit begründet, dass die Klägerin keine künstlerische Tätigkeit ausübe. Sie führe Auftragsarbeiten für Auftraggeber aus. Dabei seien sowohl Inhalte als auch Texte, Bilder, Grafiken und Logos vom jeweiligen Auftraggeber vorgegeben....