Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilferecht: Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Übernahme der Beiträge einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung

 

Orientierungssatz

1. Hat ein Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung eine private Krankenversicherung, so sind vom Grundsicherungsträger die Kosten aus Beitragspflicht als angemessene Kosten zu übernehmen, die dem sog. halbierten Basistarif entsprechen. Dies gilt auch dann, wenn die Hilfebedürftigkeit unabhängig von der Höhe des an die Versicherung zu zahlenden Beitrags besteht. Dabei sind diese Kosten unabhängig davon zu gewähren, welchen Tarif der privaten Krankenversicherung der Versicherte tatsächlich gewählt hat.

2. Bei den im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung geltend gemachten Kosten für die Beitragszahlung in einer privaten Krankenversicherung handelt es sich um von den übrigen Grundsicherungsleistungen abtrennbare Ansprüche, so dass im Klageverfahren der nachgesuchte Rechtsschutz auf diese Ansprüche beschränkt werden kann.

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 03.12.2008 und 12.12.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2009 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 11.03.2009 und des Bescheides vom 03.11.2009 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.03.2010 weitere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 172,59 € zu gewähren.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt 9/10 der außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII unter Berücksichtigung eines Beitrags zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 335,60 €.

Die am … 1919 geborene Klägerin steht seit dem Jahre 2002 im Leistungsbezug des Beklagten. Die Klägerin verfügt über kein Einkommen. Sie ist bei der A. Private Krankenversicherungs-AG (kurz: A.) privat kranken- und pflegeversichert. Die tatsächlichen Kosten dieser Versicherung wurden bis einschließlich 31.12.2008 von dem Beklagten übernommen. Er bewilligte der Klägerin mit Bescheid vom 14.08.2008 für die Zeit vom 01.07.2008 bis 31.01.2009 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 991,35 € unter Berücksichtigung der Regelleistung, der Kaltmiete, der kalten Nebenkosten und der Heizkosten sowie eines Bedarfes für die private Kranken- und Pflegeversicherung. Dabei entfiel auf letztere ein Betrag von 276,33 € (216,41 € Krankenversicherung; 59,52 € Pflegeversicherung). Seit 01.01.2009 beträgt der Beitrag der Klägerin zur privaten Krankenversicherung 265,40 € und zur privaten Pflegeversicherung 70,20 €, insgesamt also monatlich 335,60 €. Laut Mitteilung der A. könne eine Kranken- und Pflegeversicherung im Basistarif für einen monatlichen Beitrag von insgesamt 639,83 € (569,63 € Krankenversicherungs- und 70,20 € Pflegeversicherungsbeitrag) und auf ausdrücklichen Antrag auch für den hälftigen Beitrag angeboten werden. Die Klägerin ist bislang nicht in den Basistarif gewechselt.

Mit Bescheid vom 03.12.2008 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Monat Januar 2009 850,87 € Grundsicherungsleistungen. Der Beklagte führte aus, dass ab 01.01.2009 nur ein Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung von monatlich 135,85 € (118,31 € Krankenversicherungs- und 17,54 € Pflegeversicherungsbeitrag) gem. § 32 Abs. 5 SGB XII übernommen werden könne. Er empfahl der Klägerin in den Basistarif ihrer Krankenversicherung zu wechseln.

Mit Bescheid vom 12.12.2008 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.02.2009 bis 31.03.2010 Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 850,87 €. Dabei berücksichtigte er ebenfalls einen Anteil für die Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 135,85 €.

Den am 22.12.2008 gegen die Bescheide vom 03.12. und 12.12.2008 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2009 als unbegründet zurück. Gemäß § 32 Abs. 5 SGB XII würden Aufwendungen übernommen werden, soweit diese angemessen seien. Angemessen sei lediglich der Betrag, der auch für Bezieher von Arbeitslosengeld II nach dem SGB II in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu tragen sei. Dies seien für die Krankenversicherung 118,31 € und für die Pflegeversicherung 17,54 €.

Mit Bescheid vom 11.03.2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.03.2010 Grundsicherungsleistungen in Höhe von monatlich 862,35 € unter Berücksichtigung eines Bedarfes für die Kranken- und Pflegeversicherung von 147,33 €. Der Beklagte führte aus, er hoffe, dass die Klägerin zwischenzeitlich in den Basistarif gewechselt sei, da sie dann nur die Hälfte der Beiträge - insgesamt 319,92 € - zahlen müsse.

Mit Änderungsbescheid vom 03.11.2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 01.07.2009 bis 31.03.2010 Leistungen der Grundsich...

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