Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an ein vom Grundsicherungsträger verwendetes schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Kosten für die Unterkunft

 

Orientierungssatz

1. Eine rechtswirksame Prüfung der angemessenen Kosten für die Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB 2 durch den Grundsicherungsträger setzt voraus, dass er diese auf ein erstelltes schlüssiges Konzept zur Begrenzung der tatsächlichen Aufwendungen stützen kann (BSG Urteil vom 10. 9. 2013, B 4 AS 77/12 R).

2. Diesen Anforderungen genügt ein vom Grundsicherungsträger angewendetes Konzept nicht, wenn dessen Datenerhebung in wesentlichen Teilen nicht valide ist oder wenn im Erhebungszeitraum nicht ausreichend Wohnungen zu einer vom Grundsicherungsträger angesetzten Bruttokaltmiete für den maßgeblichen Personenhaushalt vorhanden waren.

3. In einem solchen Fall bilden die Tabellenwerte zu § 12 WoGG eine Angemessenheitsgrenze i. S. einer Deckelung.

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 12.01.2017, 19.07.2017 und 25.07.2017 und des Widerspruchsbescheids vom 25.07.2017 verurteilt, den Klägern für den Zeitraum 01.12.2016 bis einschließlich 30.11.2017 höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch unter Berücksichtigung einer monatlichen Bruttokaltmiete von 650 EUR zu gewähren. 2. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren die vollständige Übernahme ihrer Miete.

Die 19... und 19... geborenen, erwerbsfähigen Kläger Ziffer 1 und 2 stehen beim Beklagten gemeinsam mit ihrer am ... geborenen Tochter in Leistungsbezug. Sie lebten im streitigen Zeitraum zusammen in einer Mietwohnung in der ... in Heilbronn mit einer Wohnfläche von 100 Quadratmeter. Ausweislich des Mietvertrags vom ... begann das Mietverhältnis am .... Die Miete betrug 550 EUR Kaltmiete im Monat zuzüglich 100 EUR für kalte Nebenkosten.

Mit Bescheid vom ... bewilligte der Beklagte den Klägern zunächst Leistungen in Höhe von 0 EUR für den Dezember 2016, 71,98 EUR für den Januar, jeweils 521,98 EUR für Februar bis April, 503,21 EUR für den Mai und jeweils 459,42 EUR für Juni bis November 2015. Hierbei berücksichtigte der Beklagte in seiner Berechnung einen Bedarf von 383 EUR Grundmiete und 87 EUR Nebenkosten.

Hiergegen legten die Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte die Klägervertreterin aus, dass schon vor der Geburt eines Kindes dieses als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft hinsichtlich der Unterkunftskosten anzusehen sei. Ferner legte sie Unterlagen zu Heizkosten und zum Einkommen des Klägers vor.

Mit Änderungsbescheid vom ... bewilligte der Beklagte den Klägerinnen Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 614,79 EUR für den Mai 2017, 773,42 EUR für Juni und Juli 2017 und 503,41 EUR für August bis November 2017. Nach der Geburt von ..., der Klägerin Ziff. 3, berücksichtigte der Beklagte diese bei der Bedarfsgemeinschaft und gewährte einen Mehrbedarf für werdende Mütter. Ab Mai berücksichtigte der Beklagte monatlich 547 EUR als Bruttokaltmiete.

In der Folge gab der Beklagte dem Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2017 teilweise statt und bezog sich hierbei auf den Änderungsbescheid vom gleichen Tag. In diesem Änderungsbescheid bewilligte der Beklagte Leistungen für Januar 2017 in Höhe von 730,22 EUR, für Februar bis April 2017 in Höhe von 598,98 EUR, für Mai 2017 in Höhe von 614,93 EUR, für Juni und Juli 2017 in Höhe von 775,34 EUR und für August bis November 2017 in Höhe von 505,33 EUR. Grund für die Änderungen war, dass im Januar 2017 kein Lohn zugeflossen und einmalige Heizkosten berücksichtigt wurden sowie ein Mehrbedarf für dezentrale Warmwasseraufbereitung. Ab 01.12.2016 berücksichtigte der Beklagte aufgrund der Schwangerschaft Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt 547 EUR (461 EUR Grundmiete und kalte Nebenkosten von 86 EUR). Im Übrigen wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass sich der Richtwert für die angemessenen Kosten der Unterkunft - Bruttokaltmiete - auf 547 EUR belaufe.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage. Die Kläger tragen insbesondere vor, das Konzept der Beklagten zur Bestimmung angemessener Unterkunftskosten sei nicht schlüssig. Es werde auf die Daten eines Mietspiegels gestützt, die nicht umfangreich genug seien, um zu einem aussagekräftigen Ergebnis zu gelangen.

Das Gericht hat den Rechtsstreit mit den Beteiligten am 13.06.2018 erörtert. Wegen des Inhalts wird die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Im Nachgang zum Erörterungstermin hat das Gericht dem Beklagten aufgegeben, folgende Themenbereiche zu erläutern und Fragen zu beantworten:

- Wie stellt sich die Verteilung der 1201 vollgültigen, in die Berechnung mit einbezogenen Mietwerte hinsichtlich der örtlichen Verteilung im Vergleichsraum dar (vor und nach Extremwertkappung)?

- Die durch die Mieterbefragung erhobenen Werte wurden durch Datensätze aus dem Jobcenter ergänzt. Hierbei ist noch völlig unklar, nach welchen Parametern die Datensätze des Jo...

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