Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Entbindungskosten. Aufwendungserstattung. Krankenhaus als Nothelfer

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Kostenerstattungsanspruch eines Krankenhauses als Nothelfer.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein Krankenhaus und macht als sog. “Nothelferin„ einen Erstattungsanspruch gegen den Beklagten als Sozialhilfeträger geltend.

Die brasilianische Staatsangehörige K. L. M. reiste am 05.06.1999 mit einem Touristenvisum nach Deutschland ein. Sie lernte hier Herrn N. O. kennen, wurde von ihm schwanger und beschloss, nach dem Ablauf des Visums nicht wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Über einen Aufenthaltstitel verfügte sie indessen nicht.

Am ........... wurde sie in der Frauenklinik des Universitätsklinikums C. aufgenommen und gebar am selben Tag ihren Sohn P., der deutscher Staatsangehöriger ist. Bis zum ........... verblieb Frau L. M. im Universitätsklinikum. Da sie nicht krankenversichert war, war die Aufnahme als sog. “Selbstzahlerin„ erfolgt. Die Vereinbarung über ihre stationäre Behandlung und deren Bezahlung wurde am 24.10.2000 jedoch nicht von ihr, sondern von Herrn O. unterzeichnet. Auf ihr findet sich kein Hinweis, dass sie im Auftrag oder in Vertretung von Frau L. M., die damals nahezu über keinerlei Deutschkenntnisse verfügte, abgeschlossen werden sollte. Als Wohnanschrift der Patientin wurde von Herrn O. “Q.str., R.„ angegeben. Ob Frau L. M. - oder Herr O. - bei der Aufnahme im Krankenhaus überhaupt in der Lage waren, die anfallenden Kosten aus eigenen Mitteln zu begleichen, wurde von der Klägerin weder erfragt noch bedacht.

Die Entbindungskosten betrugen 3.700,91 DM (= 1.892,24 EUR), die Frau L. M. mit Schreiben des Universitätsklinikums vom 06.11.2000 in Rechnung gestellt wurden. Nachdem keine Zahlung erfolgt war, stellte die Klägerin beim Sozialamt der Stadt C. (die in Sozialhilfeangelegenheiten namens und im Auftrag des Beigeladenen handelt) am 22.12.2002 einen Antrag auf Übernahme der Kosten aus Sozialhilfemitteln nach § 121 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG). Dieser Antrag wurde nicht beschieden, sondern - weil sich die Stadt C. nicht für örtlich zuständig hielt - Anfang Januar 2001 an die Samtgemeinde R. (die in Sozialhilfeangelegenheiten für den Beklagten handelt) weitergeleitet. Da weder Herr O. noch Frau L. M. dort polizeilich gemeldet waren, lehnte die Samtgemeinde R. den Antrag mit Bescheid vom 21.10.2002, bestätigt durch Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 20.05.2005, ab.

Die Klägerin hat am 08.06.2005 Klage erhoben.

Sie meint, Frau L. M. habe hinsichtlich der Entbindungskosten einen Anspruch auf Sozialhilfe gehabt. Diesen hätte der Beklagte befriedigen müssen, weil sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Leistungserbringung in R. gehabt habe. Sähe man dies nicht so, sei der Beigeladene erstattungspflichtig, da es dann auf den tatsächlichen Aufenthalt bei Einlieferung ins Universitätsklinikum, der in der Stadt C. gewesen sei, ankomme.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Samtgemeinde R. vom 21.10.2002 in Form des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 20.05.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin für die stationäre Behandlung von Frau L. M. in der Zeit vom 24.10. 2000 bis 26.10.2000 einen Betrag in Höhe von 1.892,24 EUR nebst 4 % Verzugszinsen ab dem 01.11.2002 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält sich nicht für örtlich zuständig, da - wofür die Klägerin die Beweislast trage - nicht feststehe, dass Frau L. M. am ........... ihren gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Zuständigkeitsbereich gehabt habe. Zudem habe überhaupt kein Notfall im Sinne von § 121 BSHG vorgelegen, vielmehr wolle ihn die Klägerin quasi als Ausfallbürgen in Anspruch nehmen, nachdem sich nunmehr die Zahlungsunfähigkeit von Frau L. M. und Herrn O. herausgestellt hätte. Schließlich sei § 121 BSHG gar nicht einschlägig, weil Frau L. M. als damals vollziehbar ausreisepflichtige Ausländerin nur Leistungsansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) gehabt haben könnte. Nach § 10 a Abs. 2 AsylbLG wäre indessen die (zunächst beigeladene) Stadt C. für Krankenbehandlungen - auch im Nothilfefall - leistungsverpflichtet gewesen.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung den Beiladungsbeschluss vom 16.06.2005 dahin geändert, dass anstelle der Stadt C. der Landkreis C. zum Verfahren beigeladen wird.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag, er trägt vor, im Oktober 2000 weder sachlich noch örtlich für Sozialhilfeleistungen an Frau L. M. zuständig gewesen zu sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrages der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beteiligten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin kann sich für den von ihr geltend gemachten Erstattungsanspruc...

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