Orientierungssatz

Parallelentscheidung zum Urteil des SG Itzehoe vom 12.11.2019 - S 17 AS 64/19, das vollständig dokumentiert ist.

 

Tenor

Der Bescheid vom 27.8.19 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.9. 2019 wird abgeändert.

Der Beklagte wird verpflichtet, den Klägern weitere Leistungen nach dem SGB II im Leistungszeitraum 1.10.2019 bis 31.3.2020 unter Berücksichtigung der tatsächlichen Bruttokaltmiete von 533,70 EUR zu gewähren.

Die außergerichtlichen Kosten der Kläger trägt der Beklagte.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die den Klägern zustehenden berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Leistungszeitraum 1.10.2019 bis 31.3.2020.

Die im Jahr 1986 geborene geschiedene, alleinerziehende Klägerin zu 1.) steht mit ihren im Jahr 2008 und 2011 geborenen Töchtern im Leistungsbezug des Beklagten. Mit Bescheid vom 17. Mai 2017 gewährte die Pflegekasse der Klägerin zu 3.) wegen eines Pflegegrads 1 einen monatlichen Entlastungsbetrag von 125 EUR. Die Klägerin zu 2.) hat seit November 2017 den Pflegegrad 3 von der Pflegekasse zuerkannt. Die Klägerin zu 3.) besucht ein Förderzentrum in M….

Die Klägerin zu 1.) absolvierte nach ihrem Förderschulabschluss eine Berufsausbildung zur Alltagshelferin, arbeitete Teilzeit auf einer wöchentlichen Arbeitszeit von 8 Stunden zu einem Stundenlohn von 9,00 EUR als Hauswirtschafterin und wurde am 28.2.2018 in diesem Arbeitsverhältnis gekündigt. Die Klägerin zu 1.) erzielt derzeit kein Erwerbseinkommen. Die Klägerinnen zu 2.) und 3.) erhalten Unterhaltsvorschuss in Höhe von je 205 EUR monatlich sowie Kindergeld in gesetzlicher Höhe.

Die Kläger bewohnen seit mindestens 1.2.2014 eine Dreizimmer- Erdgeschosswohnung unter der Adresse L… in H…. Die Wohnung hat eine Wohnfläche von 66,01qm. Die Kaltmiete beträgt seit 1.10.2018 398,70 EUR, zuzüglich 85 EUR Heizkostenvorauszahlung und 135 EUR Betriebskostenvorauszahlung monatlich. Seit 1. April 2019 ist die Heizkostenvorauszahlung auf 70 EUR monatlich gefallen.

Der Beklagte forderte die Klägerinnen unter dem 27.9.2018 zur Senkung ihrer Unterkunftskosten auf. Er teilte mit, der Höchstmietbetrag für den Wohnort H… für die Klägerin zu 1.) und ihre Angehörigen betrage „476,25,00“ EUR zuzüglich Heizkosten, forderte sie zur Kostensenkung auf und räumte den Klägerinnen eine Übergangsfrist von 3 Monaten ein. Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 9.8.2019 gewährte der Beklagte den Klägerinnen mit Bewilligungsbescheid vom 22.8.2019 Leistungen im Zeitraum 1.10.2019 bis 31.03.2020.

Hiergegen erhoben die Klägerinnen am 11. September 2019 Widerspruch und trugen vor, die Wohnmarktanalyse sei im Hinblick auf die aktuelle Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30.1.2019 nicht weiter anwendbar. Die Wohnmarktanalysen seien als rechtswidrig anzusehen und der Grenzbetrag von § 12 WoGG zuzüglich Sicherheitszuschlag heranzuziehen, der deutlich oberhalb der tatsächlichen Kosten der Unterkunft liege. Der Kreis Dithmarschen ermittele die Unterkunftskosten auf der Grundlage der Wohngeldtabelle in allen vorliegenden Unterlagen und Hinweisen an Leistungsbezieher. Dies sei nicht überzeugend.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. September 2019 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Mietobergrenze sei durch den Kreis nach einem schlüssigen Konzept der Firma Analyse & Konzepte erstellt und festgesetzt und betrage 489,75 EUR bruttokalt. Die tatsächliche Bruttokaltmiete von monatlich 533,70 EUR liege darüber. Abweichungen sei nur in begründeten Ausnahmefällen erforderlich, etwa, wenn aufgrund Krankheit oder Behinderung besondere Anforderungen an die Größe zu stellen seien oder ein Umzug wegen Krankheit oder Behinderung nicht zumutbar sei. Die Voraussetzungen lägen nicht vor. Die Klägerin sei zur Kostensenkung aufgefordert worden.

Hiergegen haben die Klägerinnen am 30. September 2019 Klage zum Sozialgericht Itzehoe erhoben. Sie tragen vor, der Beklagte gewähre entgegen § 41 Abs. 3 SGB II die Unterkunftskosten nur für sechs Monate und nicht für zwölf Monate, da die Unterkunftskosten unangemessen hoch seien und stütze dies auf § 41 Abs. 3 SGB II. Die Unterkunftskosten seien in tatsächlicher Höhe unter Rückgriff auf § 12 WoGG zuzüglich Sicherheitszuschlag von 10% zu übernehmen. Das Wohnraumkonzept sei nach Rechtsprechung des BSG als unschlüssig zu betrachten. Die Clusterbildung entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben. Der Beklagte wende in Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Konzeptes dieses weiter als schlüssig an. Zum Schutze des Anspruches der Kläger auf Existenzsicherung seien Unterkunftskosten jedenfalls analog § 12 WoGG zzgl. Sicherheitszuschlag zu übernehmen.

Die Klägerinnen beantragen,

der Bescheid vom 27.8.19 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.9. 2019 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, den Klägern weitere Leistungen nach dem SGB II im Leistungszeitraum 1. Oktober 2019 bis 31. März 2020 unter Berücksichtigung der tatsächlichen Bruttokaltmiete von 533,70 EUR zu gewäh...

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