Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Vergütung eines sachverständigen Zeugen. Bewertung einer schriftlichen Auskunft als außergewöhnlich umfangreiche Leistung. pauschalierte Entschädigung des Gesamtaufwands

 

Orientierungssatz

1. Zum Vorliegen einer außergewöhnlich umfangreichen Leistung iS der Nr 203 der Anl 2 zu § 10 Abs 1 JVEG bei schriftlicher Auskunftserteilung durch einen sachverständigen Zeugen.

2. Wenn die schriftliche Auskunft des sachverständigen Zeugen nur zwei Seiten umfasst und dessen Ausführungen keine ausführliche bzw detaillierte Befundbeschreibung beinhalten, darüber hinaus kein komplexes Krankheitsbild vorliegt und neben eigenen Behandlungsunterlagen erkennbar nicht auch solche anderer Ärzte - fachübergreifend - ausgewertet werden, ist es nicht gerechtfertigt, eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung anzuerkennen.

3. Bei den Entschädigungssätzen nach den Nrn 200 bis 203 der Anl 2 zu § 10 Abs 1 JVEG handelt es sich um im Gesetz festgelegte pauschalierte Beträge, die den gesamten Aufwand von sachverständigen Zeugen umfassen.

 

Tenor

Die Entschädigung des Erinnerungsführers für seine schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 17. Oktober 2019 im Verfahren S X R xxxx/19 wird auf 41,55 € festgesetzt.

Dieser Beschluss ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Im Hauptsacheverfahren S X R xxxx/19 streiten die dortigen Beteiligten um die Gewährung von Versichertenrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Mit Schreiben vom 28.08.2019 forderte die Kammervorsitzende von dem Erinnerungsführer eine Aussage als sachverständiger Zeuge an zu insgesamt (einschließlich Unterfragen) zehn Beweisfragen u.a. zum Zeitraum der ärztlichen Behandlung, dem Beschwerdevorbringen der Klägerin des Hauptsacheverfahrens, den vom Erinnerungsführer erhobenen Befunden, zu einer eventuellen wesentlichen Änderung im Gesundheitszustand der Klägerin im Laufe der Behandlung und zu eventuellen Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens und dem dafür maßgebenden Zeitpunkt.

Seine schriftliche Auskunft hat der Erinnerungsführer mit dem am 25.10.2019 beim Sozialgericht Karlsruhe eingegangenen Schreiben vom 17.10.2019 in dreifacher Fertigung auf zwei Seiten erteilt, davon vier Sätze gutachtliche Äußerung zum gesundheitlichen Leistungsvermögen der Klägerin. Hierfür hat er eine Entschädigung von insgesamt 76,50 € geltend gemacht und dabei für einen ausführlichen ärztlichen Befund 75,-- € und weitere 1,50 € für Kopien angesetzt. Die Kostenbeamtin hat eine Entschädigung von 47,55 € gewährt unter Berücksichtigung eines Honorars von 44,-- € für die schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge, weiteren 2,-- € für vier Kopien und 1,55 € Portoaufwendungen (Schreiben vom 28.10.2019).

Deswegen hat der Erinnerungsführer am 31.10.2019 Antrag auf richterliche Festsetzung seiner Entschädigung gestellt. Hierzu hat er vorgetragen, er habe für das Erstellen seiner Auskunft einschließlich Diktat und Korrektur eine Stunde Zeit aufgewendet.

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 04.11.2019) und sie dem erkennenden Gericht zu Entscheidung vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens des Erinnerungsführers wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungs-, Prozess- und Kostenakten Bezug genommen.

II.

Auf den - nicht fristgebundenen - Antrag auf richterliche Festsetzung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 des Justizvergütung- und -entschädigungsgesetzes ≪JVEG≫) ist die Entschädigung des Erinnerungsführers für seine schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge vom Oktober 2019 im Verfahren S X R xxxx/19 auf 41,55€ festzusetzen.

1. Bei dem Antrag auf richterliche Festsetzung sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgebenden Umstände zu prüfen, unabhängig davon, ob sie angegriffen werden (vgl. u.a. Bay. VGH vom 10.10.2005 - 1 B 97.1352 -, Rn. 32; Bay. LSG vom 10.03.2016 - L 15 RF 3/16 -, Rn. 13 und Thür. LSG vom 15.04.2019 - L 1 JVEG 1120/18 -, Rn. 10 sowie Beschluss des erkennenden Gerichts vom 23.02.2016 - S 1 SF 568/16 E -, Rn. 7 ≪jeweils Juris≫; ferner Meyer/Höver/Bach/Oberlack/Jahnke, JVEG, 27. Auflage 2018, § 4, Rn. 12, Buchst. c) und d) m.w.N. und Schneider, JVEG, 3. Aufl. 2018, § 4, Rn. 48). Allerdings ist die Kammer dabei nicht an die Festsetzung der Kostenbeamtin im Schreiben vom 28.10.2019 gebunden. Denn die gerichtliche Festsetzung der Entschädigung gem. § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der von der Kostenbeamtin vorgenommenen Berechnung dar (vgl. Weber in Hartmann/Toussaint, Kostengesetze, 49. Auflage 2019, § 4 JVEG, Rn. 10 und Schneider, a.a.O., Rn. 11), sondern eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung der Vergütung. Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos (vgl. BGH, Breithaupt 1969, 364, 365; Bay. LSG vom 04.07.2014 - L 15 SF 123/14 -, Rn. 16 und LSG Baden-Württemberg vom 28.05.2015 - L 12 SF 1072/14 E –, Rn. 9 sowie OLG Braunschweig vo...

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