Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Schwerbehindertenrecht. Prozessbevollmächtigter. Zurückweisung eines Rentenberaters. registrierter Erlaubnisinhaber. kein Bezug zu einer konkreten gesetzlichen Rente
Leitsatz (amtlich)
Rentenberater - auch registrierte Personen - dürfen in Verfahren nach dem Schwerbehindertenrecht, die keinen konkreten Bezug zu einer Rente aufweisen, nicht als Prozessbevollmächtigte tätig werden.
Orientierungssatz
Nach der Rechtsprechung des LSG Stuttgart, der die Kammer folgt, ist ein konkreter Rentenbezug erst ab einem Zeitraum von maximal drei Jahren vor dem möglichen Beginn einer (auch vorgezogenen) Altersrente für schwerbehinderte Menschen gegeben (vgl LSG Stuttgart vom 29.11.2012 - L 8 SB 2721/12).
Tenor
Rentenberater F. wird als Bevollmächtigter der Klägerin im Verfahren S 1 SB 2294/16 zurückgewiesen.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Hauptsacheverfahren umstritten, ob der Beklagte den Grad der Behinderung (GdB) im Sinne des Sozialgesetzbuchs - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) zu Recht von bislang 60 auf nunmehr noch 30 herabgesetzt hat.
Bei der 1964 geborenen Klägerin hatte das Landratsamt Rastatt (LRA) Zuletzt seit dem 01.11.2009 einen GdB von 60 festgestellt unter Berücksichtigung folgender Funktionsbeeinträchtigungen:
- Erkrankung der rechten Brust (in Heilungsbewährung)
(Bescheid vom 15.01.2010).
Im November 2014 leitete das LRA von Amts wegen eine Nachprüfung zur Höhe des GdB ein. Die Klägerin stellte zugleich am 12.11.2014 den Antrag, wegen einer Verschlechterung ihres Gesundheitszustands den GdB höher zu bewerten. Hierzu legte sie zahlreiche ärztliche Unterlagen vor. Nach weiterer medizinischer Sachaufklärung und gestützt auf versorgungsärztlichen Stellungnahmen der Dr Z.-C., Sch. und O. lehnte der Beklagte - nach Anhörung der Klägerin - den Neufeststellungsantrag ab; zugleich hob es den Bescheid vom 15.01.2010 auf und setzte den GdB ab dem 08.11.2015 auf - noch - 30 herab mit der Begründung, in Bezug auf die Brusterkrankung sei zwischenzeitlich Heilungsbewährung eingetreten. Als Funktionsstörungen berücksichtigte der Beklagte nunmehr:
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Narbe an der linken Brust, Reduktionsplastik, Lymphödem mit Bewegungseinschränkung der Schulter |
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Depressive Verstimmung, fatigue |
(Bescheid vom 05.11.2015, Widerspruchsbescheid vom 09.06.2016).
Deswegen hat die Klägerin am 08.07.2016, vertreten durch Rentenberater F. als Bevollmächtigten, Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.
Rentenberater F. erhielt 1977 bzw. 1982 die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung für das Sachgebiet “Rentenberatung„. Er ist im Rechtsdienstleistungsregister unter dem Aktenzeichen E xxxx - xxx (zuvor: E xxxx/ Oz: xxx) als “registrierter Erlaubnisinhaber„ registriert.
Mit Verfügung vom 05.08.2016 hat das erkennende Gericht Rentenberater F. darauf hingewiesen, er sei als Rentenberater im Rahmen seiner Befugnisse nach den Bestimmungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen im Bereich Schwerbehindertenrecht berechtigt, wenn ein Bezug zu einer gesetzlichen Rente bestehe. Ein solcher Bezug sei nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg erst drei Jahre vor dem möglichen Beginn einer auch vorgezogenen Altersrente für schwerbehinderte Menschen gegeben. Angesichts des Alters der Klägerin von derzeit 51 Jahren sei ein solcher Rentenbezug im vorliegenden Rechtsstreit nicht zu erkennen. Es sei deshalb beabsichtigt, ihn als Bevollmächtigten der Klägerin zurückzuweisen. Zugleich hat die Kammer Gelegenheit zur Äußerung bis zum 05.09.2016 eingeräumt. Von dieser Möglichkeit hat Rentenberater F. Gebrauch gemacht (Schriftsätze vom 12. und 23.08.2016).
II.
Die Kammer weist den Bevollmächtigten der Klägerin, Rentenberater F., gemäß § 73 Abs. 3 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) im Verfahren S 1 SB 2294/16 zurück, weil er nicht nach Maßgabe des § 73 Abs. 2 SGG vertretungsbefugt ist.
Die Beteiligten können vor dem SG den Rechtsstreit entweder selbst führen (§ 73 Abs. 1 SGG) oder sich durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen (§ 73 Abs. 2 S. 1 SGG). Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem SG vertretungsbefugt nur die in § 73 Abs. 2 S. 2 SGG im Einzelnen aufgeführten natürlichen und juristischen Personen, Vereinigungen, Gewerkschaften sowie Zusammenschlüssen solcher Verbände bzw. mit vergleichbarer Ausrichtung. Bevollmächtigte, die keine natürliche Personen sind, handeln durch ihre Organe und ihre mit der Prozessvertretung beauftragten ...