Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Schwerbehindertenrecht. Prozessbevollmächtigter. Zurückweisung eines Rentenberaters in der Berufung. registrierter Erlaubnisinhaber. konkreter Rentenbezug. bestandskräftige Entscheidung des Rentenversicherungsträgers zum Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Vorliegen der Vertretungsvoraussetzungen im erstinstanzlichen Verfahren nicht ausreichend. Verfassungsrecht. Berufsausübungsfreiheit. Vertrauensschutz

 

Orientierungssatz

1. Der für die Vertretungsbefugnis eines Rentenberaters nach § 73 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG erforderliche konkrete Rentenbezug ist bei einer Berufung gegen ein Urteil zur GdB-Feststellung im Schwerbehindertenrecht nicht mehr gegeben, wenn der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung mit bestandskräftigem Bescheid festgestellt hat, dass dem Kläger wegen Erwerbsunfähigkeit ein Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen zusteht.

2. Es reicht demgegenüber nicht aus, dass die Vertretungsbefugnis zu Beginn des erstinstanzlichen Verfahrens vorlag.

3. Das Grundrecht auf freie Berufsausübung nach Art 12 GG gebietet lediglich eine Vertretungsbefugnis des Rentenberaters als Annexkompetenz, wenn die fragliche Tätigkeit mit der eigentlichen Tätigkeit als Rentenberater in einem Zusammenhang steht, der so eng ist, dass ohne die umstrittene Tätigkeit die erlaubte Tätigkeit unmöglich gemacht oder unangemessen erschwert wäre und es sich zudem um eine Hilfs- oder Nebentätigkeit im Vergleich zur eigentlichen Hauptaufgabe handelt (vgl BSG vom 6.3.1997 - 7 RAr 20/96 = SozR 3-1300 § 13 Nr 4).

4. Ein entgegenstehender Vertrauensschutz eines Rentenberaters als registriertem Erlaubnisinhaber kann nach dem Urteil des BSG vom 16.12.2014 - B 9 SB 3/13 R = SozR 4-1200 § 66 Nr 7 nicht mehr angenommen werden.

 

Tenor

Rentenberater M. Sch., K, wird als Bevollmächtigter des Klägers im Verfahren L 6 SB 2326/15 zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrte beim Beklagten mit Antrag vom 11. April 2012 die Neufeststellung des mit bestandskräftigem Bescheid vom 25. Mai 2011 festgestellten Grades der Behinderung (GdB) von 30 seit 22. März 2011. Dieser wurde abgelehnt (Bescheid vom 18. Juni 2012, Widerspruchsbescheid vom 2. April 2013). Die am 22. April 2013 erhobene Klage ist durch Urteil des Sozialgerichts (SG) Karlsruhe vom 5. März 2015 abgewiesen worden, welches dem Bevollmächtigten des Klägers am 5. Mai 2015 zugestellt worden ist. Hiergegen hat der Kläger am 1. Juni 2015 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt, mit welcher er unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und des Bescheides vom 18. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. April 2013 die Verpflichtung des Beklagten weiterverfolgt hat, bei ihm einen GdB von 50 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft festzustellen.

Bereits mit Bescheid vom 13. November 2013 hatte die Deutsche Rentenversicherung Bund nach Antragstellung des Klägers im Mai 2013 - wegen der Übergangsvorschrift des § 236a Abs. 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und von ihr angenommener Erwerbsunfähigkeit - ein Recht des Klägers auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Juni 2013 festgestellt.

Auf den Antrag des klägerischen Bevollmächtigten war diesem mit Verfügung des Präsidenten des Landgerichts (LG) Karlsruhe vom 15. Dezember 1993 die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung für den Sachbereich Rentenberatung und beschränkt auf die gesetzliche Rentenversicherung erteilt und im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg bekannt gemacht worden (Ausgabe Nr. 103/104 vom 29. Dezember 1993). Auf seinen Einwand, die Erlaubnis als Rentenberater überhaupt und damit nicht begrenzt auf die gesetzliche Rentenversicherung beantragt zu haben, wurde die erteilte Erlaubnis mit Verfügung des Präsidenten des LG Karlsruhe vom 27. März 1995 auf die Sachbereiche gesetzliche Unfallversicherung, gesetzliche Krankenversicherung, gesetzliche Pflegeversicherung sowie Versorgungs- und Schwerbehindertenrecht erweitert und im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg bekannt gemacht (Ausgabe Nr. 27 vom 25. April 1995). Mit Verfügung des Präsidenten des LSG Baden-Württemberg vom 4. April 1995 ist ihm im Rahmen dieser Erlaubnis gestattet worden, gemäß § 73 Abs. 6 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 157 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) und der Verordnung des damaligen Arbeitsministeriums Baden-Württemberg über die Zuständigkeit für die Zulassung zum mündlichen Verhandeln vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit vom 26. Juni 1963 auch vor dem LSG Baden-Württemberg mündlich zu verhandeln. Mit Verfügung des Präsidenten des LG Karlsruhe vom 5. Oktober 1995 wurde die erteilte Erlaubnis abermals erweitert, nun auf die Sachbereiche Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst und betriebliche Altersversorgung und im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg bekannt gemacht (Ausgabe Nr. 83/84 vom 23. Oktober 1995). Auf den Antrag des ...

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