Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Entschädigung des sachverständigen Zeugen. Negativauskunft. unverwertbarer Bericht. Mindestentschädigung gem § 20 JVEG. Befundschein. Befundbericht

 

Leitsatz (amtlich)

Bezieht sich der Inhalt der schriftlichen Auskunft eines sachverständigen Zeugen ausschließlich auf einen vom Gericht nicht erfragten Zeitraum und kann der sachverständige Zeuge mangels Untersuchung/Behandlung zum erfragten Zeitraum keine Angaben machen, handelt es sich - im Ergebnis - um ein sog Negativattest und um einen unverwertbaren Bericht. Hierfür steht dem Arzt keine Entschädigung nach der Anl 2 Nrn 200ff zu § 10 Abs 1 JVEG, sondern nur die Mindestentschädigung nach § 20 JVEG zu (Bestätigung, SG Karlsruhe vom 22.05.2015 - S 1 SF 1609/15 E = NZS 2015, 520).

 

Tenor

Die Entschädigung des Antragstellers für seine schriftliche Auskunft vom 30. Juni 2016 im Verfahrens S x SB .../16 wird in Übereinstimmung mit der Kostenbeamtin auf 6,95 € festgesetzt.

Dieser Beschluss ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe einer dem Antragsteller zu gewährenden Entschädigung.

Im Hauptsacheverfahren S x SB .../16 streiten die dortigen Beteiligten um die Höhe des Grades der Behinderung im Sinne des Schwerbehindertenrechts. Mit Schreiben vom 29. Juni 2016 übersandte der Vorsitzende der x. Kammer des Sozialgericht Karlsruhe dem Antragsteller 6 Beweisfragen betreffend u.a. den Zeitraum der Behandlung des Klägers sowie die Häufigkeit der Untersuchung und Behandlung seit Juli 2015. Am 04. Juli 2016 übersandte der Antragsteller ein 2-seitiges Schreiben vom 30. Juni 2016, in welchem er mitteilte, er habe den Kläger einmalig am 21. April 2015 behandelt. Weiter gab er u.a. die dabei von ihm erhobenen Befunde und diagnostizierten Gesundheitsstörungen an. Hierfür machte der Antragsteller eine Entschädigung von 24,45 € geltend.

Die Kostenbeamtin setzte die Entschädigung des Antragstellers auf 6,95 € fest. Dabei berücksichtigte sie, da sein Schreiben ein Negativattest darstelle, eine Nachteilsentschädigung nur in Höhe der Mindestentschädigung von 3,50 € für eine Zeitstunde, 2,-- € Entschädigung für das Anfertigen zweier Mehrfertigungen der Auskunft sowie Portauslagen des Antragstellers von 1,45 € (Verfügung vom 04. Juli 2016).

Mit dem am 07. Juli 2016 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 06. Juli 2016 hat der Antragsteller die richterliche Festsetzung seiner Entschädigung beantragt. Er habe die Beweisfragen des Gerichts vollständig beantwortet, weshalb sein Schreiben vom 30. Juni 2016 keine Negativauskunft darstelle.

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 07. Juli 2016) und sie dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens des Antragstellers wird auf den Inhalt der vorliegenden Prozess-, Kosten- und Entschädigungsakten Bezug genommen.

II.

Der nicht fristgebundene Antrag des Antragstellers vom 07. Juli 2016 auf richterliche Festsetzung seiner Entschädigung ist gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) statthaft und zulässig. Er führt jedoch zu keiner höheren Entschädigung als 6,95 €.

Soweit ein sachverständiger Zeuge Leistungen erbringt, die in der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG bezeichnet sind, bemisst sich seine Entschädigung nach dieser Anlage. Die Nrn. 200 bis 203 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG sehen eine Entschädigung eines sachverständigen Zeugen in Höhe von 21,-- € bis 75,-- € vor für die Ausstellung eines Befundscheines oder die Erteilung einer schriftlichen Auskunft ohne nähere gutachtliche Äußerung (Nrn. 200 und 201) sowie für ein Zeugnis über einen ärztlichen Befund mit kurzer gutachtlicher Äußerung (Nrn. 202 und 203). Das Schreiben des Antragstellers vom 30. Juni 2016 im Verfahren S x SB .../16 stellt jedoch weder einen Befundschein noch ein Zeugnis über einen ärztlichen Befund im Sinne der Nrn. 200 ff. Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG dar. Ein Befundschein erfordert, dass medizinische Tatbestände und Angaben für ein konkretes Verfahren entsprechend den Beweisfragen des Gerichts aus den Behandlungsunterlagen ausgewählt und fachlich zweckgebunden, etwa in Bezug auf das gesundheitliche Leistungsvermögen oder die Höhe des Grades der Behinderung eines Beteiligten, bewertet werden. Die Mitteilung von Behandlungsdaten, Befunden und/oder Diagnosen, wie sie der Antragsteller im Hauptsacheverfahren vorgelegt hat, genügt dem nicht. Denn der Antragsteller hat damit die Beweisfragen des Gerichts vom 29. Juni 2016 nicht beantwortet, weil sich diese ausdrücklich auf die Zeit ab Juli 2015 bezogen, wie sich hinreichend deutlich aus der Beweisfrage 2 ergibt. Das Schreiben des Antragstellers vom 30. Juni 2016 umfasst jedoch ausschließlich die Behandlung am 21. April 2015. Zu den Beweisfragen bezogen auf den Zeitraum ab Juli 2015 konnte der Antragsteller sich mangels ärztlicher Behandlung des Klägers ab diesem Zeitpunkt nicht äußern. Damit h...

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