Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Entschädigung eines sachverständigen Zeugen. keine außergewöhnlich umfangreiche Leistung. kein Verbot der reformatio in peius

 

Leitsatz (amtlich)

Im Verfahren der richterlichen Festsetzung der Entschädigung eines sachverständigen Zeugen findet der Grundsatz der reformatio in peius keine Anwendung.

 

Normenkette

JVEG §§ 1, 4 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1; JVEG Anl 2 Nrn. 200, 203; JVEG § 10 Abs. 1 Anl 2 Nrn. 200, 203

 

Tenor

Die Entschädigung des Antragstellers für seine schriftliche Aussage als sachverständiger Zeuge vom 27. September 2012 im Verfahren S 7 SB xxxx/12 wird auf 44,45 EUR festgesetzt.

Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

I.

In dem beim Sozialgericht Karlsruhe anhängigen Klageverfahren S 7 SB xxxx/12 streiten die dortigen Hauptbeteiligten um die Höherbewertung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch. Der Antragsteller (Ast) erstattete auf Anforderung der Vorsitzenden der 7. Kammer schriftlich eine sachverständige Zeugenaussage vom 27.09.2012 in dreifacher Fertigung im Umfang von fünf Blatt; hierzu legte er weitere 10 Seiten Arztunterlagen vor. Zur Beantwortung der Beweisfragen 3, 4 und 5 (Bezeichnung und Schweregrad sowie Dauer der Gesundheitsstörungen, Äußerung zur Einstufung des GdB durch den versorgungsärztlichen Dienst des Beklagten) verwies der Ast jeweils auf eine Begutachtung.

Mit seiner Kostenrechnung vom 28.09.2012 hat der Ast eine Entschädigung von 115,88 EUR (Ausstellung eines Befundscheines oder Erteilung einer schriftlichen Auskunft ohne nähere gutachtliche Äußerung ≪Ziffer 200≫: 75,00 EUR, Schreibgebühren: 3,28 EUR; 30 Kopien: 15,00 EUR; Porto: 4,10 EUR) geltend gemacht, außerdem 18,50 EUR Umsatzsteuer. Die Kostenbeamtin hat diese Entschädigung auf 53,45 EUR gekürzt. Dabei ist sie von einer Leistung nach der Nr. 203 der Anlage 2 zu § 10 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) ausgegangen; hierfür stehe eine Entschädigung von 30,00 EUR zu. Außerdem habe der Ast Anspruch auf Entschädigung für 30 Fotokopien zu je 0,50 EUR, d.s. 20,00 EUR, und des verauslagten Porto von 3,45 EUR. Eine Entschädigung der geltend gemachten Umsatzsteuer komme nicht in Betracht (Verfügung vom 08.10.2012).

Mit dem am 13.11.2012 beim erkennenden Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 12.11.2012 hat der Ast Antrag auf richterliche Festsetzung seiner Entschädigung gestellt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, aus der Erkrankung des Klägers ergebe sich ein schwieriger Sachverhalt und eine spezifische Fragestellung im zugrunde liegenden Rechtsstreit. Er habe eine Stellungnahme erarbeitet, die aus seiner ärztlichen Sicht nicht gleichzusetzen sei mit der Ziffer 203 JVEG.

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 15.11.2012) und sie dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens des Ast wird auf den Inhalt der vorliegenden Prozess- und den der Kostenakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Auf den – nicht fristgebundenen – Antrag auf richterliche Festsetzung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG) ist die Entschädigung des Ast für seine Auskunft als sachverständiger Zeuge 27.09.2012 im Verfahren S 7 SB 1896/12 auf 44,45 EUR festzusetzen.

Der Entschädigungsanspruch des Ast richtet sich allein nach den Bestimmungen des JVEG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 JVEG).

Nach § 10 JVEG („Honorar für besondere Leistungen”) bemisst sich das Honorar oder die Entschädigung eines Sachverständigen oder eines sachverständigen Zeugen, der Leistungen der in der Anlage 2 zum JVEG bezeichneten Art erbringt, nach dieser Anlage. Die insoweit maßgebliche Anlage 2 lautet für die Erstellung eines schriftlichen Befundes wie folgt:

„JVEG Anlage 2 (zu § 10 Abs. 1)

Abschnitt 2

Befund

Honorar in Euro

200 Nr.

Ausstellung eines Befundscheins oder Erstellung einer schriftlichen Auskunft ohne nähere gutachtlicher Äußerung

21,00

201 Nr.

Die Leistung der in Nr. 200 genannten Art ist außergewöhnlich umfangreich: Das Honorar 200 beträgt

bis zu 44,00

202 Nr.

Zeugnis über einen ärztlichen Befund mit von der heranziehenden Stelle geforderter kurzer gutachtlicher Äußerung oder Formbogengutachten, wenn sich die Fragen auf Vorgeschichte, Angaben und Befund beschränken und nur ein kurzes Gutachten erfordern

38,00

203 Nr.

Die Leistung der in Nr. 202 genannten Art ist außergewöhnlich umfangreich: Das Honorar 202 beträgt

bis zu 75,00”

Die von der Kostenbeamtin am 08.10.2012 vorgenommene Festsetzung der Entschädigung des Ast für die Erstellung seiner schriftlichen Stellungnahme als sachverständiger Zeuge ist hier danach zu Unrecht nach der Nr. 203 der Anlage 2 zum JVEG erfolgt. Denn seine Aussage enthält – was der Ast in seiner Kostenrechnung vom 28.09.2012 auch einräumt – gerade keine gutachtliche Stellungnahme, sondern allein die Ausstellung eines Befundscheins oder Erstellung einer schriftlichen Auskunft ohne nähere guta...

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