Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Entschädigung eines sachverständigen Zeugen. Honorar für besondere Leistungen. außergewöhnlich umfangreiche Leistung. kein Verbot der reformatio in peius
Leitsatz (amtlich)
1. Die schriftliche Auskunft eines sachverständigen Zeugen in Schwerbehindertenstreitsachen im Umfang von 2½ Textseiten ist nicht "außergewöhnlich umfangreich". Sie rechtfertigt deshalb eine Entschädigung allein nach der Anl 2 Nr 200 oder Nr 202 zu § 10 Abs 1 JVEG.
2. Im Verfahren der richterlichen Festsetzung der Entschädigung eines sachverständigen Zeugen findet der Grundsatz der reformatio in peius keine Anwendung (Bestätigung von SG Karlsruhe, Beschluss vom 16.11.2012 - S 1 KO 4138/12 -, juris)
Tenor
Die Entschädigung des Antragstellers für seine schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 04. Oktober 2013 im Verfahren S xx SB xxxx/13 wird auf 42,45 festgesetzt.
Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
In dem beim Sozialgericht Karlsruhe anhängigen Klageverfahren S 13 SB xxxx/13 streiten die dortigen Hauptbeteiligten um die Höherbewertung des Grades der Behinderung im Sinne des Schwerbehindertenrechts; außerdem ist umstritten, ob die Klägerin außergewöhnlich gehbehindert ist. Auf Anforderung der Vorsitzenden der 13. Kammer erstattete der Antragsteller am 04.10.2013 eine schriftliche Auskunft als sachverständiger Zeuge im Umfang von 2½ Seiten. Darin beantwortete er die Beweisfragen des Gerichts zum Gesundheitszustand der Klägerin seit Februar 2012, dem weiteren Verlauf der von ihm diagnostizierten Gesundheitsstörungen sowie deren Auswirkungen auf das Gehvermögen. Die Auskunft des Antragstellers enthält unter den Ziffern 4 eine gutachtliche Stellungnahme zum Schweregrad der von ihm diagnostizierten Gesundheitsstörungen (4 Zeilen) und unter Ziffer 9 zur Höhe des Grades der Behinderung und zum Ausmaß der Gehbehinderung der Klägerin (6 Zeilen).
Mit seiner Kostenrechnung machte der Antragsteller eine Entschädigung von insgesamt 76,45 € (75,00 € für die Erstellung der schriftlichen Auskunft und weitere 1,45 € Portokosten) geltend. Die Kostenbeamtin kürzte die Entschädigung auf insgesamt 54,45 €. Dabei wies sie darauf hin, die Leistung des Antragstellers entspreche einer solchen nach Nr. 203 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG). Diese Leistung sei im Umfang von 50,00 € zu entschädigen. Weiter habe der Antragsteller Anspruch auf die Entschädigung für zwei Mehrfertigungen seiner schriftlichen Auskunft in Höhe von 3,00 € (zwei Mal 3 Seiten zu je 0,50 €) sowie für die nachgewiesenen Portoaufwendungen in Höhe von 1,45 € (Verfügung vom 09.10.2013).
Mit dem am 21.10.2013 beim erkennenden Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 17.10.2013 hat der Antragsteller Antrag auf richterliche Festsetzung seiner Entschädigung gestellt. Seiner Auffassung nach handele es sich bei dem erstellten “Gutachten„ um eine Leistung von außergewöhnlichem Umfang, die eine Entschädigung in Höhe von 75,00 € rechtfertige. Er habe für das “Gutachten„ eine außergewöhnliche lange Rüstzeit und eine lange Recherche aufgewendet.
Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 23.10.2013) und sie dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens des Antragstellers wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungs-, Prozess- und Kostenakten Bezug genommen.
II.
Auf den - nicht fristgebundenen - Antrag auf richterliche Festsetzung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG) ist die Entschädigung des Antragstellers für seine Auskunft als sachverständiger Zeuge vom 04.10.2013 im Verfahren S 13 SB xxxx/13 auf 42,45 € festzusetzen.
Der Entschädigungsanspruch des Antragstellers richtet sich allein nach den Bestimmungen des JVEG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 JVEG).
Nach § 10 Abs. 1 JVEG (“Honorar für besondere Leistungen„) bemisst sich das Honorar oder die Entschädigung eines Sachverständigen oder eines sachverständigen Zeugen, der Leistungen der in der Anlage 2 zum JVEG bezeichneten Art erbringt, nach dieser Anlage. Die insoweit maßgebliche Anlage 2 (in der Fassung des Zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23.07.2013 ≪BGBl. I Seite 2586≫) lautet für die Erstellung eines schriftlichen Befundes wie folgt:
“JVEG Anlage 2 (zu § 10 Abs. 1)
Abschnitt 2
Befund
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Nr. 200 |
Ausstellung eines Befundscheins oder Erstellung einer schriftlichen Auskunft ohne nähere gutachtlicher Äußerung |
21,00 € |
Nr. 201 |
Die Leistung der in Nummer 200 genannten Art ist außergewöhnlich umfangreich: Das Honorar 200 beträgt |
bis zu 44,00 € |
Nr. 202 |
Zeugnis über einen ärztlichen Befund mit von der heranziehenden Stelle geforderter kurzer gutachtlicher Äußerung oder Formbogengutachten, wenn sich die Fragen auf Vorgeschichte, Angaben und Befund beschränken und nur ein kurzes Gutachten erfordern |
38,00 € |
Nr. 203 |
Die Leistung der in Nummer 202 genannten Art ist außergewöhnlich umfangreich: Das Honorar... |