Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenvergütung. Gutachten. Schreibgebühren. Hilfskraft. Vergütungspauschale
Leitsatz (amtlich)
Die in § 12 Abs 1 S 2 Nr 3 JVEG festgesetzte Vergütungspauschale für die Erstellung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens schließt eine höhere Vergütung auch dann aus, wenn der Sachverständige insoweit einen höheren Aufwand nachweist.
Tenor
Die Vergütung des Antragstellers für sein im Hauptsacheverfahren S ... SB .../... erstelltes Gutachten vom 29. Januar 2016 wird auf 872,23 € festgesetzt.
Dieser Beschluss ergeht gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Im Hauptsacheverfahren S ... SB .../... streiten die dortigen Beteiligten um die Höherbewertung des Grades der Behinderung im Sinne des Schwerbehindertenrechts. Die Vorsitzende der ... Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe ernannte den Antragsteller mit Verfügung vom 12.01.2016 auf Antrag und im Kostenrisiko des Klägers gem. § 109 des Sozialgerichtsgesetzes zum gerichtlichen Sachverständigen und beauftragte ihn mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens. Hierfür lagen dem Antragsteller die Verwaltungsakte des Beklagten (71 Bl.) sowie die Prozessakte S ... SB .../... (62 Bl.), insgesamt 133 Bl. Aktenunterlagen, vor. Am 04.02.2016 legte der Antragsteller sein am 29.01.2016 erstelltes Gutachten im Umfang von 14 Textseiten mit - geschätzt - 27.500 Anschlägen vor. Hierfür machte er eine Vergütung von insgesamt 967,19 € geltend. Dabei legte er einen Zeitaufwand von 10,5 Zeitstunden und ein Honorar von 75,00 € je Stunde zugrunde. Außerdem machte er eine Entschädigung für Röntgenaufnahmen (19,14 €), das Anfertigen von 28 Kopien (14,00 €) und Portoaufwendungen (11,60 €) geltend. Weiter beanspruchte er eine Vergütung für Schreibgebühren in Höhe von 124,95 € unter Vorlage einer Rechnung von “M.„, M., über diesen Betrag (einschl. Umsatzsteuer).
Der Kostenbeamte hat die Vergütung nach Prüfung der Abrechnungsunterlagen auf insgesamt 872,23 € festgesetzt. Dabei ist er von dem Entschädigungsantrag des Antragstellers allein bezüglich des Abrechnungspostens “Schreibgebühren„ abgewichen; diesen hat er auf 29,99 €, errechnet aus 28 x 0,90 € (= 25,20 €) zzgl.19 % Mehrwertsteuer hieraus, das sind 4,79 €, festgesetzt (Schreiben vom 08.02.2016).
Deswegen hat der Antragsteller am 18.02.2016 die richterliche Festsetzung seiner Vergütung beantragt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, der Kostenbeamte habe zu Unrecht eine Kürzung des Aufwands für Schreibgebühren vorgenommen.
Der Kostenbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 22.02.2016) und sie dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens des Antragstellers wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungs-, Prozess- und Kostenakten Bezug genommen.
II.
Auf den statthaften und zulässigen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes ≪JVEG≫) Antrag ist die Vergütung des Antragstellers für sein dem Sozialgericht Karlsruhe am 04.02.2016 zugegangenes Gutachten vom 29.01.2016 - in Übereinstimmung mit dem Kostenbeamten - auf 872,23 € festzusetzen.
1. Bei dem Antrag auf richterliche Festsetzung sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgebenden Umstände zu prüfen, unabhängig davon, ob sie angegriffen werden (vgl. Bay. VGH vom 10.10.2005 - 1 B 97.1352 - und Thür. LSG vom 07.01.2014 - L 6 SF 1048/13 E - und vom 11.11.2015 - L 6 JVEG 581/15 - ≪jeweils Juris≫; ferner Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Auflage 2014, § 4, Rand-Nr. 12 m.w.N.). Das Gericht ist nicht an die Höhe der Einzelansätze, Stundenansätze oder die Gesamthöhe der Vergütung oder die Anträge der Beteiligten gebunden; es kann die Vergütung nur nicht höher festsetzen als vom Erinnerungsführer beantragt. Nachdem überdies die Erinnerung kein Rechtsbehelf ist und die gerichtliche Festsetzung der Entschädigung gem. § 4 Abs. 1 JVEG keine Überprüfung der von dem Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung darstellt (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 44. Auflage 2014, § 4 JVEG, Rand-Nr. 10), sondern eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung der Vergütung, gilt auch das Verschlechterungsverbot (sog. “reformatio in peius„) bei der erstmaligen richterlichen Festsetzung nicht (vgl. u.a. Thür. LSG vom 11.11.2015 - L 6 JVEG 1270/15 - m.w.N.; Bay. LSG vom 06.02.2014 - L 15 SF 13/14 - ≪jeweils Juris≫; LSG Niedersachsen, NZS 2002, 224 sowie Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a.a.O., § 4 Rand-Nr. 3; Hartmann, a.a.O., § 4 JVEG, Rand-Nr. 10 und Gies in Schneider/Volpert/Fölsch (Hrsg.), Gesamtes Kostenrecht, 1. Auflage 2014, § 4 JVEG, Rand-Nr. 8). Mit dem Antrag auf richterliche Festsetzung der Vergütung wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos (vgl. BGH, Breithaupt 1969, 364, 365; Bay. LSG vom 04.07.2014 - L 15 SF 123/14 - und LSG Baden-Württemberg vom 28.05.2015 - L 12 SF 1042/14 E - ≪jeweils Juris≫; ferner...