Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Entschädigung eines Beteiligten. Teilnahme an mündlicher Verhandlung. Fahrtkosten. Monatskarte. keine Entschädigung für Zeitversäumnis

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Beteiligter, der aufgrund der Anordnung seines persönlichen Erscheinens durch das Gericht an einer mündlichen Verhandlung teilnimmt, hat keinen Anspruch auf - vollständigen oder teilweisen - Ersatz der Kosten einer Monatskarte.

Mangels Rechtsgrundlage scheidet auch der Ersatz fiktiver Fahrtkosten aus.

Weiter besteht auch kein Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis.

 

Tenor

Die Entschädigung des Antragstellers für die Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung bei der (…). Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe am 10. Oktober 2017 wird auf 0,00 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ergeht gebührenfrei; Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt eine Entschädigung für Fahrtkosten wegen seiner Teilnahme an der mündlichen Verhandlung der (...). Kammer des Sozialgerichts Karlsruhe am 10.10.2017 im Verfahren S (...) AL .../17. Zu diesem hatte der Kammervorsitzende sein persönliches Erscheinen angeordnet (Terminsmitteilung vom 28.07.2017). Die mündliche Verhandlung dauerte von 8.30 Uhr bis 8.53 Uhr.

Am 17.10.2017 beantragte der Antragsteller eine Entschädigung für seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 10.10.2017. Zu diesem Termin sei er mit öffentlichen Verkehrsmitteln angereist und habe hierzu eine Monatskarte benutzt. Hierfür habe er 48,00 € gezahlt. Diesen Antrag lehnte die Kostenbeamtin mit der Begründung ab, dem Antragsteller seien keine Fahrtkosten entstanden; seine Aufwendungen für die Monatskarte seien nicht erstattungsfähig, weil für die Wahrnehmung des Gerichtstermins allein eine Hin- und Rückfahrt notwendig gewesen sei. Hierfür entstandene Aufwendungen habe der Antragsteller nicht nachgewiesen (Schreiben vom 18.10.2017).

Am 23.10.2017 hat der Antragsteller die richterliche Festsetzung seiner Entschädigung beantragt und hierzu vorgetragen, bei Erwerb von Einzelfahrscheinen hätte er für jede Fahrt 2,40 €, insgesamt mithin 4,80 € für die Hin- und Rückfahrt aufwenden müssen. Sofern das Gericht die Kosten für seine Monatsfahrkarte nicht in voller Höhe erstatten könne, seien zumindest die anteiligen Aufwendungen zu ersetzen.

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem erkennenden Gericht zur Entscheidung vorgelegt (Verfügung vom 23.10.2017).

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens des Antragstellers wird auf den Inhalt der vorliegenden Prozess- und Kostenakten Bezug genommen.

II.

Die Festsetzung der Entschädigung des Antragstellers erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) durch gerichtlichen Beschluss, wenn - wie hier - der Berechtigte die gerichtliche Festsetzung beantragt. Der - nicht fristgebundene - Antrag des Antragstellers vom 23.10.2017 ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er führt indes zu keinem festzusetzenden Entschädigungsbetrag zugunsten des Antragstellers. Denn dieser hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine Monatskarte, und zwar weder in voller Höhe noch anteilsmäßig.

1. Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß § 191, erster Halbsatz des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich - wie vorliegend - um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinne von § 183 SGG handelt. Die Entschädigung ergibt sich damit aus den Vorschriften des JVEG. Die Entschädigungstatbestände (für einen Zeugen) sind in § 19 JVEG aufgelistet. Hierzu gehört gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG der Fahrtkostenersatz.

Für Fahrtkosten ist vorliegend indes keine Entschädigung zu leisten.

Zu entschädigen sind gemäß § 5 Abs. 1 JVEG bei Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks. Zu entschädigen sind jedoch allein die objektiv durch die Wahrnehmung des gerichtlich festgesetzten Termins erforderlich gewordenen Fahrtkosten. Was objektiv erforderlich ist, ist unter Berücksichtigung der im gesamten Kostenrecht geltenden Kostenminimierungspflicht zu ermitteln (vgl. Bay. LSG vom 30.07.2012 - L 15 SF 439/11 -, Rdnr. 12 und vom 31.07.2012 - L 15 SF 442/11 -, Rdnr. 12 ≪jeweils juris≫).

a) Vorliegend hat der Antragsteller zwar angegeben, mit öffentlichen Verkehrsmitteln unter Benutzung einer Monatskarte angereist zu sein. Kosten für die Anschaffung dieser Zeitkarte können aber - auch nicht anteilmäßig - ersetzt werden. Zwar sind dem Antragsteller tatsächliche Auslagen im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 JVEG in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb der Monatskarte - hier: 48,00 € - entstanden. Der Erwerb der Monatskarte ist aber nicht wegen des gerichtlichen Termins am 10.10.2017 objektiv notwendig gewesen. Denn für die Anre...

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