Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Verletztenrente. Höherbewertung der MdE. schwerbehinderter Mensch. Bewertungsmaßstäbe. Minderung der Erwerbsfähigkeit. Nichtanwendbarkeit der VersMedV: Grad der Behinderung. besondere berufliche Betroffenheit
Leitsatz (amtlich)
Die Kriterien der Versorgungsmedizin-Verordnung zur Feststellung des Grades der Behinderung nach dem Schwerbehindertenrecht finden wegen der unterschiedlichen Zielrichtung im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung bei der Bemessung der unfallbedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit keine Anwendung.
Auch eine besondere berufliche Betroffenheit ist insoweit grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Neufeststellung eines Unfallversicherungsrechtsverhältnisses wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 11.12.1986 umstritten.
Der 19… geborene, als Bauhelfer im Schornsteinbau beschäftigt gewesene Kläger erlitt am 11.12.1986 einen Arbeitsunfall, als er bei Kaminbauarbeiten aus ca. 10 m Höhe abstürzte. Dabei zog er sich eine vordere Beckenringfraktur links, eine Symphysenabsprengung, eine subtrochantäre Oberschenkelfraktur links, eine distale Radiusfraktur links, Zahnschäden, Unterlippen- und Kinnplatzwunden, eine Gehirnerschütterung sowie einen Unfallschock zu. Gestützt auf Gutachten des Chirurgen PD Dr. Xxx und des Neurologen und Psychiaters Dr. Yyy anerkannte die Beklagte das Ereignis als Arbeitsunfall und als dessen Folge:
“Deutliche Bewegungseinschränkung des linken Handgelenkes, Kalksalzgehaltsminderung der Knochen des linken Handgelenkes„
Keine Folgen des Arbeitsunfalls seien eine Muskelminderung am rechten Oberschenkel sowie eine 15 cm lange Narbe am rechten Oberschenkel (Unfall im Kindesalter). Wegen der Unfallfolgen gewährte die Beklagte dem Kläger Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v. H. der Vollrente (Bescheid vom 12.11.1987).
Im Juni 1988 leitete die Beklagte eine Nachprüfung von Amts wegen ein und ließ den Kläger hierzu durch Prof. Dr. Xxx untersuchen und begutachten (Gutachten vom 21.06.1988). Gestützt auf das Ergebnis dieses Gutachtens und nach Anhörung des Klägers entzog die Beklagte die vorläufige Verletztenrente mit Ablauf des Monats September 1988. Als Unfallfolge anerkannte sie - noch -:
“Leichte Bewegungseinschränkung des linken Handgelenkes, geringfügige Kalksalzgehaltsminderung der Knochen des linken Handgelenkes„.
Die unfallbedingte MdE bewertete sie seither mit 10 v. H. (Bescheid vom 26.08.1988).
Im Februar 2013 stellte sich der Kläger bei der Orthopädin Dr. Zzz u.a. wegen zunehmender Schmerzen an der linken Hüfte und am linken Handgelenk vor. Diese empfahl eine Nachbegutachtung zur Neubewertung der unfallbedingten MdE.
Nach weiterer medizinischer Sachaufklärung (u.a. Beizug des Vorerkrankungsverzeichnisses der AOK B., Auskunft von Dr. Zzz, die weitere Arztunterlagen beifügte) ließ die Beklagte den Kläger durch den Chirurgen Dr. Aaa untersuchen und begutachten (Gutachten vom 19.07.2013). Dr. Aaa führte zusammenfassend aus, im Bereich des linken Handgelenkes sei zwischenzeitlich “wohl wieder„ eine Verschlechterung der Beweglichkeit infolge einer posttraumatischen Arthrose eingetreten. Im Vergleich zum Vorgutachten seien Beugung und Streckung des linken Handgelenks nunmehr deutlich mehr eingeschränkt. Auch der Bewegungsumfang des linken Hüftgelenks sei mittlerweile etwas eingeschränkt. Die unfallbedingte MdE bewertete Dr. Aaa mit 20 v. H.. Hierzu führte der Chirurg Dr. Bbb in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme aus, zwar habe sich im Vergleich zum Vorgutachten des Prof. Dr. Xxx die Beweglichkeit des linken Handgelenks verschlechtert (bislang insgesamt -45°, nunmehr -75°). Diese Änderung sei indes nicht wesentlich. Die von Dr. Aaa objektivierte Einschränkung der Unterarmdrehung sei nur endgradig ausgeprägt und nicht relevant. Auch in Bezug auf die linke Hüftgelenksregion bestehe keine relevante Funktionseinbuße. Die Röntgenaufnahmen des Beckens und des linken Hüftgelenks zeigten keine auffälligen, fortgeschrittenen umformenden Veränderungen. Er empfehle deshalb die Beibehaltung einer MdE um 10 v. H.. Daraufhin lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Verletztenrente ab; die unfallbedingte MdE betrage weiterhin 10 v. H. und erreiche damit kein rentenberechtigendes Ausmaß (Bescheid vom 13.11.2013).
Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, er habe 2012 einen Schlaganfall mit rechtsseitiger Lähmung, außerdem einen Bandscheibenvorfall erlitten. Seine Ehefrau habe ihn nach 28 Ehejahren verlassen. Zudem habe er seine Arbeit verloren und sei als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 anerkannt. Seine Anträge auf Gewährung von Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung hätten bereits zwei Mal keinen Erfolg gehabt. Zur Stützung seines Widerspr...