Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Herabsetzung der MdE. sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse. Aufhebung eines Verwaltungsakts. formelle Anforderungen an die Bezeichnung des aufzuhebenden Verwaltungsakts
Leitsatz (amtlich)
Die Aufhebung eines Verwaltungsakts wegen nachträglich eingetretener wesentlicher Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse erfordert aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit die genaue Benennung des aufzuhebenden Verwaltungsakts auch nach seinem Datum in der Aufhebungsentscheidung.
Tenor
Der Bescheid vom 20. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2015 wird aufgehoben.
Die Beklagte erstattet dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Beklagte die Verletztenrente des Klägers zu Recht von bislang 30 v.H. auf - noch - 20 v.H. herabgesetzt hat.
Bei dem ... geborenen Kläger hatte die Beklagte, gestützt auf die Gutachten des Orthopäden Dr. L. vom 06.08.2013 mit ergänzender Stellungnahme vom 22.10.2013 und des Neurologen Prof. Dr. A. vom 04.09.2013, ein Ereignis vom 24.09.2011 als Arbeitsunfall und als dessen Folge
“Rechts: reizlose Narben im Bereich der Mitte des Schienbeines von ca. 13 cm und ca. 14 cm und ca. 6 cm reizlose Narbe an der Seite des Schienbeines, Schwellneigung des Beines, deutliche Muskelminderung im Bereich des Oberschenkels, Schädigung des Nervus peroneus mit Sensibilitätsminderungen am lateralen Fußrand bis zum Unterschenkel ziehend mit Großzehenheberschwäche, Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk und Kniegelenk, beginnende Kniegelenksarthrose sowie diskrete posttraumatische Osteoporose nach operativ versorgtem offenen Schienbeinkopftrümmerbruch.
Folgenlos ausgeheilter Rippenserienbruch (4. - 6. Rippe) rechts und Rippenbruch (2. Rippe) links.„
anerkannt und dem Kläger ab dem 05.03.2012 Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. der Vollrente gewährt (Bescheid vom 15.04.2014). Dabei berücksichtigte die Beklagte eine Teil-MdE von jeweils 20 v.H. sowohl für die Unfallfolgen auf orthopädisch-chirurgischem als auch auf neurologischem Fachgebiet.
Im Dezember 2014 leitete sie von Amts wegen eine Nachprüfung zur Höhe der unfallbedingten MdE ein. Hierzu ließ sie den Kläger durch den Orthopäden Dr. M. (Gutachten vom 07.01.2015) und erneut durch Prof. Dr. A. (Gutachten vom 27.02.2015 untersuchen und begutachten. Während Prof. Dr. A. eine Änderung der Unfallfolgen auf seinem Fachgebiet im Vergleich zur Vorbegutachtung verneinte, führte Dr. M. zusammenfassend aus, die Beweglichkeit des rechten Kniegelenks habe von 0-0-120° auf jetzt 0-0-130° zugenommen. Eine Muskelminderung des rechten Beines bestehe weiterhin. Die Gesamt-MdE bewertete Dr. M. unter Einschluss des Gutachtens des Prof. Dr. A. mit 20 v.H.. Nach Anhörung des Klägers (Schreiben vom 27.04.2015) setzte die Beklagte die Verletztenrente mit Wirkung vom 01.06.2015 auf 20 v.H. herab mit der Begründung, die dem Bescheid vom 15.04.2014 zugrundeliegenden Verhältnisse hätten sich aufgrund einer Verbesserung der Kniegelenksbeweglichkeit wesentlich geändert. Dies rechtfertige die Minderung der Gesamt-MdE auf - noch - 20 v.H. (Bescheid vom 20.05.2015, Widerspruchsbescheid vom 23.09.2015).
Deswegen hat der Kläger am 19.10.2015 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zu deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, in den anerkannten Unfallfolgen sei seit dem Erlass des Bescheides vom 15.04.2014 keine wesentliche Besserung eingetreten, die eine Herabsetzung der unfallbedingten MdE rechtfertigen könnte. Eine Verbesserung der Kniebeweglichkeit für die Beugung um 10° sei für ihn realistisch nicht bemerkbar. Überdies habe er weiterhin Beschwerden beim Sitzen, Gehen, Laufen und Tragen. Dr. M. habe in seinem Gutachten außerdem keine Teil-MdE für die verbliebenen Unfallfolgen auf orthopädisch-chirurgischem Fachgebiet benannt. Eine Muskelminderung des rechten Oberschenkels bestehe weiterhin. Zwar habe er durch Übungen an Geräten im Fitnessstudio einen gewissen Aufbau der Beinmuskulatur erreichen können. Er belaste das rechte Bein insoweit trotz Schmerzen und unter Einsatz von Schmerzmitteln nur deshalb, um einem weiteren Muskelabbau vorzubeugen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 20. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. September 2015 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Ihr Bescheid sei sowohl in formeller Hinsicht als auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Neben einer Verbesserung der Beweglichkeit des rechten Kniegelenks habe sich auch das Bewegungsausmaß des unfallgeschädigten rechten oberen Sprunggelenks verbessert.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten sow...