Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallversicherung. Versicherungsschutz. häusliche Pflege. Sturz im Treppenhaus. Wegeunfall. Betriebsweg. Holen von Medikamenten
Leitsatz (amtlich)
In der häuslichen Pflege tätige Pflegepersonen sind bei einem Sturz im Treppenhaus nicht unfallver-sichert, wenn dieser sich beim Holen von Medikamenten ereignete.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Im Streit steht die Anerkennung und Entschädigung eines Sturzes der Klägerin als versicherter Unfall.
Die Klägerin ist Betreuerin (Beschluss des Amtsgerichts … vom … - Az.: …) und Hauptpflegeperson ihrer Mutter …, die wegen Altersgebrechlichkeit mit zunehmenden körperlichen Abbau und demenzieller Entwicklung sowie Inkontinenz seit 1992 pflegebedürftig ist und seit dem 1.4.1995 Leistungen der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II bezieht. Die tägliche Pflegezeit beträgt nach einem Gutachten des MDK vom … 2005 täglich 190 Minuten (ohne hauswirtschaftliche Verrichtungen). Die Klägerin bewohnt im gleichen Haus eine Wohnung über der Wohnung ihrer Mutter.
Am ... zeigte die Klägerin der Beklagten telefonisch an, dass sie am … um 19.30 Uhr bei der Pflege der Mutter einen Unfall gehabt habe. Sie führte hierzu aus, sie versorge ihre Mutter rund um die Uhr. Als sie vom ersten Stock ins Erdgeschoss habe gehen wollen, um Medikamente zu holen, sei sie auf der Steintreppe vermutlich ausgerutscht und die Treppe hinunter gestürzt. Beim Sturz habe sie sich überschlagen und sei mit dem Kopf an die Wand geprallt. Auf Anfrage der Beklagten gab die Klägerin an, ihre Mutter werde 24 Stunden am Tag versorgt. Der Unfall habe sich ereignet, als sie wie jeden Abend Medikamente habe richten wollen. Die Medikamentengabe erfolge meistens nach dem Essen, z.T. auch zwischendurch und kurz vor dem Schlafen. Da die Gefahr bestehe, dass die Mutter in einem unbeaufsichtigten Moment die ganze Schachtel einnehme, seien die Medikamente nicht in ihrer Wohnung deponiert.
Im H-Arzt-Bericht vom … diagnostizierte der Arzt für Orthopädie Dr. ... aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am … multiple Prellungen und eine Distorsion des linken Knie- und Sprunggelenkes. Auf Anfrage der Beklagten gab Dr. … an, die Klägerin habe sich am … vorgestellt und angegeben, am … gegen 19.30 Uhr in ihrem Wohnhaus auf einer Treppe gestürzt und nach vorne gefallen zu sein. Sie habe sich dabei überschlagen. Seither bestünden Beschwerden am linken Kniegelenk.
Bei einer Kernspintomographie des linken Kniegelenkes vom … diagnostizierten Dres. und … eine Meniskopathie des Innenmeniskus ohne Nachweis eines klassischen Risses. Es bestünden eine erhebliche Chondropathia patella sowie eine erhebliche Chondropathia femoro tibialateral mit einhergehendem Knochenmarksödem. Inwieweit diese Veränderungen traumatisch oder degenerativ bedingt seien, lasse sich nicht weiter zuordnen.
Die Beklagte zog den Bericht des Radiologen Dr. … zu einer Kernspintomographie des rechten Kniegelenks vom … wegen eines Verdachtes auf eine Innenmeniskopathie rechts sowie eine Kernspintomographie der Lendenwirbelsäule vom … 1997 bei. Sie beauftragte den Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. … mit einem Zusammenhangsgutachten, das dieser nach Untersuchung der Klägerin am … erstattete. Nach seiner Auffassung sei es durch den Unfall zu einem posttraumatischen Knorpelschaden mit im MRT nachgewiesener Knorpelablösung im Bereich des lateralen Femurcondylus gekommen. Hierdurch sei die Beweglichkeit des linken Kniegelenkes eingeschränkt. Dieses sei nicht mehr voll belastbar. Unfall-unabhängig bestünden Knorpelschäden im Bereich beider Kniegelenke und eine beginnende Arthrose. Bei der Knorpelablösung handele es sich um eine richtungsweisende Verschlimmerung eines vorbestehenden Schadens. Der allgemeine Knorpelschaden des linken und des rechten Kniegelenks sowie die beginnende Arthrose seien unfallunabhängig. Für die Zeit ab … bis auf weiteres bestehe eine MdE von 20 v.H. Beigefügt war der Befund einer MRT des Kniegelenks links vom … durch Dr. ….
Mit Bescheid vom 11.1.2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Sturzes vom … als versicherten Unfall ab. Der Sturz habe sich auf der Treppe vom ersten Obergeschoss in das Erdgeschoss des Wohnhauses ereignet. Es handele sich um einen privaten und damit nicht versicherten Bereich. Versicherungsschutz beginne grundsätzlich erst mit dem Verlassen des eigenen privaten Bereiches.
Hiergegen legte die Klägerin am … Widerspruch ein. Der Unfall habe sich auf dem Weg zu einer versicherten Tätigkeit, nämlich der Pflege ihrer Mutter, ereignet. Sie sei beim Holen der Medikamente verunfallt und damit in unmittelbarem Zusammenhang mit der Pflege ihrer Mutter.
Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 31.3.2006 zurück. Die im Haus befindliche Treppe gehöre nach der ständigen Rechtsprechung zum unversicherten Bereich. Eine Ausnahme sei nur dann anzunehmen, wenn die versicherte Person durch besondere Umstände gezwungen se...