Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz. Pflegeperson. Sturz im häuslichen Bereich. Vorbereitungshandlung. enger sachlicher, örtlicher und zeitlicher Zusammenhang zur Pflegetätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Eine nicht erwerbsmäßige Pflegeperson, die einen Unfall bei einer der konkreten Pflegetätigkeit im Bereich der Grundpflege vorbereitenden Handlung erleidet, steht nur dann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn zwischen der vorbereitenden Handlung und der Pflegetätigkeit ein enger sachlicher, örtlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht. Ein solcher Zusammenhang ist bei einem Unfall 2 Stunden vor der beabsichtigten Pflegetätigkeit nicht gegeben.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Klägerin am 09.05.2011 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die 1949 geborene Klägerin ist die Ehefrau des 1927 geborenen G. R.. Dieser ist als schwer kriegsbeschädigter Mensch mit einem Grad der Behinderung im Sinne des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - von 100 anerkannt. Außerdem sind ihm die Nachteilsausgleiche “G„, “aG„, “B„, “H„, “RF„ und “1. Klasse„ zuerkannt. Der Ehemann der Klägerin bezieht darüber hinaus Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III. Nach dem für den MDK erstellten Pflegegutachten der Pflegefachkraft S. kann der Ehemann der Klägerin nicht mehr gehen und stehen. Auch die Funktion seiner Hände ist nahezu aufgehoben. Hier besteht allein eine minimale Restfunktion. Als pflegebegründende Diagnosen sind massive Mobilitäts- bzw. Funktionseinschränkungen aller großen und kleinen Gelenke bei Polyarthrose und Hüftversteifung beidseits mit starken Schmerzen, Blasen- und teilweise Darminkontinenz sowie Nachlassen der geistigen Leistung angeführt. Eigenen Angaben zufolge pflegt die Klägerin ihren Ehemann seit Mai 1968 rund um die Uhr.
Am 09.05.2011 war für 8:00 Uhr morgens ein Liegend-Krankentransport des Ehemanns der Klägerin wegen einer stationären Behandlung in der Universitäts-Hautklinik H. vorgesehen. Bereits gegen 6:00 Uhr wollte die Klägerin an diesem Tag den im ersten Obergeschoss des ehegemeinschaftlichen Anwesens für den Krankenhausaufenthalt ihres Ehemanns gerichteten Koffer sowie die Unterarmgehstützen ins Erdgeschoss transportieren. Dabei stützte sie die Treppe herab und zog sich eigenen Angaben zufolge unter anderem einen Bruch im Bereich der linken Hand, einen Rippenserienbruch rechts sowie zahlreiche Prellungen und Blutergüsse zu. Die Erstversorgung am Unfallort durch Auflegen einer Kühlkompresse im Bereich der verletzten linken Hand erfolgte durch den “Stunden später„ angekommenen Krankentransportfahrer.
Am 14.05.2011 zeigte die Klägerin der Beklagten das Unfallereignis als Arbeitsunfall an. Die Beklagte lehnte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, die Klägerin habe zum Unfallzeitpunkt keine den Versicherungsschutz begründende Tätigkeit ausgeübt. Denn sie habe zum Unfallzeitpunkt keine aktive Pflegetätigkeit an ihrem Mann verrichtet. Außerdem habe sich der Unfall im unversicherten häuslichen Bereich ereignet (Bescheid vom 20.07.2011, Widerspruchsbescheid vom 19.10.2011).
Deswegen hat die Klägerin am 18.11.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Zu deren Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, der Unfall habe sich bei einer Tätigkeit ereignet, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Pflegetätigkeit für ihren Mann gestanden habe. Zu den für die anstehende Krankenhausbehandlung ihres Ehemanns erforderlichen unterstützenden Maßnahmen habe auch das Richten der notwendigen Bekleidung und das Verbringen derselben außer Haus gehört. Sie habe zum Unfallzeitpunkt die Gepäckstücke ihres Ehemanns vom ersten Obergeschoss in das Erdgeschoss verbringen wollen. Diese Verrichtung habe ihrem pflegebedürftigen Ehemann damit nicht nur überwiegend, sondern ausschließlich zu Gute kommen sollen. Sie habe ihren Ehemann auf dem Weg zum Krankenhaus begleiten müssen, da er wegen auftretender Übelkeit auf Fahrten regelmäßig erbreche und dann auf ihre Hilfe angewiesen sei. Der Krankentransportwagen sei nicht - wie bestellt - bereits um 8:00 Uhr, sondern erst um 11:20 Uhr an ihrem Wohnanwesen eingetroffen. Ohne das Unfallgeschehen habe sie beabsichtigt, im Anschluss an den Transport der Gepäckstücke weitere Pflegeleistungen für ihren Ehemann zu erbringen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 20. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Oktober 2011 aufzuheben und das Unfallereignis vom 09. Mai 2011 als Arbeitsunfall festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klag...