Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufliche Weiterbildung. Anspruch auf Prämienzahlung bei Bestehen einer Zwischenprüfung. Gleichsetzung mit einer gestreckten Abschlussprüfung bei Externenprüfung. Unwirksamkeit des Anspruchsausschlusses durch fachliche Weisung der BA

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anspruch auf eine Prämie nach § 131a Abs 3 Nr 1 SGB III für das Bestehen einer Zwischenprüfung besteht - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - auch dann, wenn die Ausbildungsordnung keine Zwischenprüfung, sondern eine gestreckte Abschlussprüfung (GAP) vorsieht.

2. Der diesbezügliche Anspruchsausschluss von Teilnehmenden an Vorbereitungslehrgängen zur Externenprüfung in den fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit ist unwirksam.

3. Der Grundsatz, dass in einem formellen Gesetz geregelte Ansprüche nicht durch eine Dienstanweisung einer Behörde reduziert werden können (vgl BSG vom 07.9.2010 - B 5 KN 4/08 R = SozR 4-2600 § 89 Nr 2, RdNr 45), gilt auch dann, wenn die konkrete Reichweite einer Regelung in einem formellen Gesetz sich erst aus den Gesetzesmaterialien erschließt.

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 7.5.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.5.2018 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin weitere 1.000,-- € als Prämie für die gestreckte Abschlussprüfung zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe einer Weiterbildungsprämie bei einer gestreckten Abschlussprüfung (GAP) im Rahmen einer Externenprüfung im Streit.

Die Klägerin erhielt von der Beklagten während des Bezugs von Arbeitslosgengeld (Alg) mit Schreiben vom 9.11.2017 den Bildungsgutschein Nr. ... zur Teilnahme an einer außerbetrieblichen Weiterbildung mit dem Bildungsziel “Kauffrau Büromanagement„ im Sinne einer maximal sechsmonatigen Vorbereitung auf die Externenprüfung in Vollzeitunterricht. Die Beklagte gewährte mit diesem Bildungsgutschein Leistungen zum Lebensunterhalt, Fahrtkosten und Lehrgangskosten, wozu sie ausdrücklich auf die Regelungen in § 81 und § 84 SGB III verwies.

Die Klägerin begann diese Ausbildung wie vereinbart bei der D., welche den Bildungsgutschein bei der Beklagten vorlegte. Die D. gab an, dass die Maßnahme planmäßig vom 24.4.2017 bis zum 19.7.2020 ablaufe, die Klägerin die Maßnahme jedoch vom 27.11.2017 bis zum 20.4.2018 durchlaufen solle. Tatsächlich hat die Klägerin die Ausbildung am Tag ihrer mündlichen Prüfung am 09.07.2018 erfolgreich abgeschlossen.

Bei der Prüfung der Förderungsvoraussetzungen nach den §§ 81 ff. SGB III durch die Beklagte wurde intern festgestellt, dass es sich bei der Maßnahme gemäß § 7 SGB III um die wirtschaftlichste und am besten geeignete Leistung der aktiven Arbeitsförderung handele. Außerdem wurde im Hinblick auf die Gewährung einer Weiterbildungsprämie nach § 131a Abs. 3 SGB III (zutreffend) festgestellt, dass es sich um eine Umschulung in einen Beruf handelt, für den eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist (Bl. 14 f. der Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 1.12.2017 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen für die Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme vom 27.11.2017 bis zum 20.4.2018 in Form von Lehrgangskosten (6.890 €) und Fahrtkosten (520 €). Außerdem wurden später noch weitere Fahrtkosten und Prüfungsgebühren übernommen.

Die Klägerin absolvierte die Ausbildung erfolgreich, wobei die Abschlussprüfung aus drei Blöcken bestand und sich über den Zeitraum vom 1.3.2018 (1. schriftliche Prüfung) über Ende April 2018 (2. schriftliche Prüfung) bis zum 09.07.2018 (mündliche Prüfung zum Abschluss) erstreckte.

Die Klägerin beantragte am 26.4.2018 unter Vorlage eines Nachweises über das Bestehen der 1. schriftlichen Prüfung die Gewährung einer Weiterbildungsprämie für eine bestandene Zwischenprüfung nach § 131a Abs. 3 Nr. 1 SGB III auf dem hierfür vorgesehenen Formblatt. In ihrem Begleitschreiben wies sie auf die Ausführungen zu Ziff. 3.1.5 Merkblattes Nr. 6 “Förderung der beruflichen Weiterbildung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer„ hin.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 7.5.2018 die Gewährung einer Prämie für den bestandenen ersten Prüfungsteil mit der Begründung ab, dass die Ausbildungsordnung ihres Ausbildungsberufs keine Zwischenprüfung vorsehe. Die Entscheidung beruhe auf § 16 Abs. 1 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 131a Abs. 3 SGB III.

Die Klägerin begründete ihren am 9.5.2018 eingelegten Widerspruch damit, dass bei ihr eine gestreckte Abschlussprüfung vorliege, wozu sie Unterlagen zu ihrer in mehreren Abschnitten absolvierten Abschlussprüfung vorlegte. Die GAP sei auch für ihren Ausbildungsberuf nach dem BBiG vorgesehen. Zudem verwies Sie darauf, dass auch nach Ziff. 2 (2) der fachlichen Weisungen der Beklagten bei Berufen mit gestreckter Abschlussprüfung der erste Teil der Abschlussprüfung einer Zwischenprüfung gleichgestellt werde.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11.5.2018 zurückgewiesen. Der Umstand, dass die Klägerin eine gestreckte A...

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