Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 3 für im Haushalt der Eltern lebende über 25-jährige Leistungsberechtigte. Ungleichbehandlung gegenüber Leistungsberechtigten nach dem SGB 2. sachliche Rechtfertigung. Systemunterschiede
Leitsatz (amtlich)
Der Regelbedarf eines erwachsenen Hilfeempfängers von Leistungen nach dem SGB 12, der im Haushalt seiner Eltern lebt, ohne einen eigenen Hausstand zu führen, bemisst sich nach der Regelbedarfsstufe 3.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 01.05.2011 bis zum 31.08.2011 unter Berücksichtigung eines Regelsatzes nach der Regelbedarfsstufe (RBS) 1 an Stelle der RBS 3 und eines daraus resultierenden höheren Mehrbedarfs für behinderte Menschen.
Der am 08.07.1978 geborene, ledige Kläger leidet u.a. an einem frühkindlichen Hirnschaden mit einer Entwicklungsverzögerung und Entwicklungsstörung schulischer Fähigkeiten im Bereich einer leichten Intelligenzminderung (Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. S. vom 12.01.2010). Er lebt seit seiner Geburt in der Wohnung seiner Eltern. Nach dem Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg vom 19.07.2011 ist der Kläger seit seiner Geburt dauerhaft voll erwerbsgemindert; ein Rentenanspruch besteht indes mangels Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht. Bis zum 31.08.2011 stand der Kläger im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II; Aufhebungsbescheid des Jobcenters Stadt K. vom 27.07.2011, Widerspruchsbescheid vom 30.08.2011). Seiner Leistung legte das Jobcenter Stadt K. im hier streitigen Zeitraum den Regelsatz der RBS 1 zugrunde (Bescheid vom 26.03.2011).
Auf seinen Antrag vom 30.05.2011 gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.05.2011 bis zum 31.08.2011 Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII in Höhe von monatlich 432,00 €. Dabei ging sie von einem Regelsatz nach der RBS 3 in Höhe von 291,00 €, einem Mehrbedarf für behinderte Menschen in Höhe von 35 v.H. dieser RBS, das sind 101,85 € monatlich, sowie anteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 223,15 €, mithin von einem monatlichen Gesamtbedarf von 616,00 € aus. Hierauf rechnete sie als Einkommen bedarfsmindernd monatliches Kindergeld in Höhe von 184,00 € an (Bescheid vom 08.05.2012). Von der Gesamt-Nachzahlung (1.728,00 €) überwies die Beklagte 1.707,18 € zur Befriedigung eines Erstattungsanspruchs an das Jobcenter Stadt Karlsruhe.
Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, er habe Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung des Regelsatzes nach der RBS 1 und des sich hieraus ergebenden höheren Mehrbedarfs für behinderte Menschen (Hinweis auf Bundessozialgericht ≪BSG≫ vom 09.06.2011 - B 8 SO 1/10 R -). Die Beklagte wies den Widerspruch zurück: Der Kläger habe im streitigen Zeitraum Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II bezogen. Diesen Leistungen habe das Jobcenter Stadt Karlsruhe den Regelsatz nach der RBS 1 zugrunde gelegt. Der Kläger habe damit bereits die Leistungen erhalten, die er nunmehr von ihr - der Beklagten - einfordere. Da er keinen eigenen Haushalt führe, bestehe im Rahmen des SGB XII ein Anspruch lediglich unter Zugrundelegung des Regelsatzes nach der RBS 3. Eine Stattgabe des Widerspruchsbegehrens bewirke außerdem allein einen erhöhten Erstattungsbetrag an das Jobcenter Stadt Karlsruhe; hierfür bestehe auf Seiten des Klägers indes kein Rechtsschutzbedürfnis. Die vom Kläger herangezogene Entscheidung des BSG finde auf Zeiten nach dem 31.12.2010 keine automatische Anwendung. Dies habe das BSG in einem weiteren Urteil vom 09.06.2011 (B 8 SO 11/10 R) entschieden (Widerspruchsbescheid vom 17.10.2012).
Deswegen hat der Kläger am 19.11.2012 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben. Mit dieser verfolgt er sein Begehren unter Wiederholung und Vertiefung seines Widerspruchsbegehrens weiter.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 08. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2012 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01. Mai 2011 bis zum 31. August 2011 höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII unter Berücksichtigung eines Regelsatzes nach der Regelbedarfsstufe 1 und eines sich hieraus ergebenden Mehrbedarfs für behinderte Menschen, abzüglich der bereits durch die angefochtenen Bescheide erbrachten Leistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Der Kläger habe nicht begründet dargelegt, einen eigenen Haushalt ...