Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. Übernahme ungedeckter Heimkosten. Sonderrechtsnachfolge. Vermögenseinsatz. kleine land- und forstwirtschaftliche Grundstücksflächen. Verwertung. Verkehrswert. Schonvermögen. Eigentumswohnung. keine Verwertbarkeit. verfassungskonforme Auslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Zum verwertbaren Vermögen iS von § 90 Abs 1 SGB 12 gehören grundsätzlich auch kleine land- und forstwirtschaftliche Grundstücksflächen. Diese sind verwertbar, wenn in absehbarer Zeit ein vertretbarer Preis erzielt werden kann. Vom Verkehrswert ist ein 10%iger Verwertungsabschlag in Abzug zu bringen.

 

Orientierungssatz

1. Die von der Ehefrau des verstorbenen Hilfebedürftigen allein bewohnte Eigentumswohnung stellt während der Zeit des Bewohnens durch sie bis zu ihrem Tode geschütztes Vermögen gem § 90 Abs 2 Nr 8 SGB 12 dar, das nicht verwertet werden darf.

2. Verkehrswertermittlung einerseits und die hier gebotene Betrachtung der konkreten wirtschaftlichen Verwertbarkeit andererseits - Stichwort: bereite Mittel - sind ansatzweise nicht miteinander vergleichbar. Es ist nach der Flächenart zwischen den landwirtschaftlich genutzten Ackerflächen und den forstwirtschaftlichen Waldgrundstücken zu differenzieren.

 

Tenor

Der Bescheid des Landratsamts ... vom 25. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts ... vom 24. Juni 2008 wird abgeändert.

Der Beklagte darf im Hinblick auf die von ihm darlehensweise gewährte Sozialhilfe zur Übernahme der ungedeckten Heimkosten für die Unterbringung des Ehemanns der Klägerin nur Vermögen in Höhe von 7.577,77 € (anstatt wie in den angefochtenen Bescheiden geschehen in Höhe von 20.814,25 €) anrechnen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte hat der Klägerin zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Anrechnung von Vermögen auf vom Beklagten gewährte Sozialhilfe in Form der Hilfe zur Pflege.

Die am ... geborene Klägerin beantragte am 11. Juli 2007 beim Beklagten als gesetzliche Betreuerin ihres später am 14. Juni 2009 verstorbenen Ehemanns die Übernahme ungedeckter Kosten seiner ab dem 12. Juli 2007 erfolgten Heimunterbringung im ...-heim ... aus Mitteln der Sozialhilfe. Daraufhin gewährte das Landratsamt ... mit an die Klägerin adressiertem Bescheid vom 12. Oktober 2007 die ungedeckten Heimkosten für deren Ehegatten für die Zeit ab dem 1. September 2007 aus Mitteln der Hilfe zur Pflege gemäß §§ 61 ff SGB XII. Die Hilfegewährung erfolgte darlehensweise im Hinblick auf vorhandenes Vermögen - Barvermögen, Rückkaufwerte von Lebensversicherungen und Eigentumswohnung -. Mit der darlehensweise Hilfegewährung hatte sich die Klägerin zuvor unter dem 4. Oktober 2007 ausdrücklich einverstanden erklärt.

Die zwischenzeitlich vom Beklagten veranlasste Verkehrswertermittlung der Eigentumswohnung ergab, dass es sich bei dieser um geschütztes Vermögen handele, das nicht zur Deckung der Heimkosten einzusetzen sei. Dementsprechend ging der Beklagte nunmehr nach den Angaben in der Vermögenserklärung der Klägerin von folgendem verwertbaren Vermögen aus:

Girokonto Klägerin (Stand 31. Juli 2007)

3.631,48 €

Girokonto Ehemann d. Klg.(Stand 30. Juli 2009)

536,21 €

Geschäftsanteile Ehemann d. Klg.:

50,00 €

Rückkaufwert Sterbegeld-Lebensversicherung zum 31. Juli 2007:

444,75 €

Sparbuch Ehemann d. Klg.:

6,64 €

Insgesamt

4.669,08 €

abzgl. noch zu begleichende Heimkosten für Juli 2007:

397,90 €

verwertbares Vermögen

4.271,18 €

abzüglich Vermögensfreigrenze nach § 1 Abs. 2 der

Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII

3.214,00 €

einzusetzendes Vermögen

1.057,18 €

Entsprechend dem angegebenen Vermögen erreichte die Klägerin die Vermögensfreigrenze mit dem Ablauf des 31. August 2007 mit der Folge, dass die Sozialhilfegewährung für den seit 12. Juli 2007 im Heim untergebrachten Ehegatten der Klägerin ab dem 1. September 2007 einsetzte. Eine solche Hilfegewährung wäre dann auch rückwirkend als Beihilfe ohne Rückzahlungspflicht möglich gewesen.

Zwischenzeitlich hatte der Beklagte aber festgestellt, dass die Klägerin noch über Grundstücksvermögen verfügte, das sie bisher nicht angegeben hatte. Diese Grundstücke - allesamt land- und forstwirtschaftliche Nutzflächen - hätten laut Mitteilungen der jeweiligen Gutachterausschüsse der Gemeinde ... und der Stadt ... einen Verkehrswert von 17.625,-- €.

Daraufhin verfügte das Landratsamt ... mit am an die Klägerin adressiertem Bescheid vom 25. April 2008 , dass die für den Ehegatten der Klägerin gewährte Sozialhilfe weiter nur darlehensweise bewilligt werden könne, da Vermögen vorhanden sei, das auch derzeit noch über der Vermögensfreigrenze in Höhe von 3.214,-- € liege.

Den dagegen von der Klägerin am 23. Mai 2008 unter Hinweis darauf erhobenen Widerspruch, die Grundstücke habe sie von ihrer Mutter geerbt und nicht während der Ehe mit dem Hilfebedürftigen gekauft, wies das Landratsamt ... mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2008 als unbegründet zurück. Zur Be...

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