Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. strombetriebene Speicheröfen. Abgrenzung der Kosten für Haushaltsenergie von den Kosten für Heizstrom. Schätzungsermessen des Gerichts
Leitsatz (amtlich)
Bei der Erfassung des Stromverbrauchs mit nur einem Zähler kann zur Differenzierung zwischen vom Regelsatz umfassten Stromkosten (Haushaltsstrom) und Stromkosten als Kosten der Unterkunft (Heizkosten) geschätzt werden (Anschluss an LSG Stuttgart vom 2.3.2011 - L 2 SO 4920/09 = FEVS 63, 63).
Tenor
I. Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 26.06.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 06.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2014 verurteilt, dem Kläger weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in Höhe von 27,24 € für die Zeit vom 01.06.2013 bis zum 30.11.2013 zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Beklagte hat dem Kläger 1/6 dessen außergerichtlicher Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme von Heizkosten streitig.
Der Kläger wohnt in einer mittels Elektroheizung (Nachtspeicheröfen) beheizten Mietwohnung. Mit Schreiben vom 10.06.2013 legte der Kläger die Jahresabrechnung Strom des Energieversorgers vom 29.04.2013 vor und beantragte die Übernahme der Nachforderung sowie die Anpassung des monatlichen Heizkostenanteils. Der Energieversorger forderte in der Jahresabrechnung unter Berücksichtigung eines Jahresverbrauchs von 10.137 kWh für den Zeitraum 09.04.2012 bis 08.04.2013 noch Stromkosten in Höhe von 267,18 € nach und setzte den monatlichen Stromabschlag ab 08.06.2013 auf 168,-- € fest. Die Jahresabrechnung Strom enthielt keine Aufteilung in Verbrauch von Haushaltsstrom und Heizstrom.
Mit Bescheid vom 26.06.2013 bewilligte der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von Februar 2013 bis November 2013 unter Berücksichtigung eines Nachzahlungsbetrages für die Heizkosten in Höhe von 45,71 € im Monat Mai 2013 sowie eines monatlichen Abschlags für Heizkosten ab 01.08.2013 in Höhe von 119,45 €. Nach der vorgelegten Abrechnung des Energieversorgers hätten die Stromkosten für die Elektroheizung im Abrechnungszeitraum 1.385,59 € betragen. Dies entspreche einem Anteil in Höhe von 71,1% an den Gesamtkosten. Folglich könne ein monatlicher Abschlag für die Heizkosten ab 01.08.2013 in Höhe von 119,45 € (71,1% von 168,-- €) berücksichtigt werden. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch (Schreiben vom 17.07.2013).
Mit Änderungsbescheid vom 06.11.2013 bewilligte der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Mai 2013 bis November 2013. Nunmehr berücksichtigte der Beklagte einen übernahmefähigen Nachzahlungsbetrag für die Heizkosten in Höhe von 210,69 €. Aufgrund der vorgelegten Abrechnung des Energieversorgers ergäben sich nach nochmaliger Berechnung, Heizkosten in Höhe von 1.550.57 €. Dies entspräche einem Anteil von 80%. Folglich könne ein monatlicher Abschlag für die Heizkosten ab 01.06.2013 nur in Höhe von 134,40 € (80% von 168,-- €) berücksichtigt werden. Mit Schreiben vom 04.12.2012 erhob der Kläger auch gegen den Abhilfebescheid vom 06.11.2013 Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.01.2014 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Mit der am 20.02.2014 zum Sozialgericht Karlsruhe erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Da er mit Strom heize, müsse insoweit eine Differenzierung zwischen Haushaltsstrom und Heizstrom erfolgen. Der Energieversorger habe dem Kläger in einem Schreiben vom 07.06.2013 mitgeteilt, der Heizkostenanteil für die Nachzahlung bzw. für den monatlichen Abschlag liege nach deren Berechnungen bei 86% NT und 14% HT (Haushaltsstrom). Der Beklagte dürfe keine eigene Berechnung anstellen und von den des Energieversorgers vorgegebenen Berechnungsanteilen eigenmächtig abweichen.
Der Kläger beantragt zuletzt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 26.06.2013 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 06.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.01.2014 zu verurteilen, ihm weitere Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 86% der tatsächlich entstandenen Kosten für Heizung für den Zeitraum 01.05.2013 bis 30.04.2014 sowie eine weitere Nachzahlung für Heizkosten für den Zeitraum 09.04.2012 bis 08.04.2013 in Höhe von 19,08 € zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte begründet seinen Abweisungsantrag damit, die Jahresabrechnung des Energieversorgers könne für eine sachgerechte Entscheidung über die Höhe des Anspruchs auf Heizkosten nicht herangezogen werden. Der Energieversorger habe darin eine prozentuale Aufteilung des Gesamtstromverbrauchs (10.173 kW/h) rein nach den Anteilen für Haushaltsstrom (HT = 1.443 kW/h = 14% aus 1.137 kW/h) und Heizstrom (NT = 8.694 kW/h = 86% aus 10.137 kW/h) vorgenommen. Ausweislich der Jahresrechnung vom 29.04.2013 schwanke der Preis pro kW/h für Haushaltsstrom (HT) zwischen 0,1873 € und 0,2183 € und der Preis pro kW/h für Heizstrom (...