Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Zuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung Bund im Statusfeststellungsverfahren. unzuständige Einzugsstelle. Beiladung. sozialgerichtliches Verfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Die Deutsche Rentenversicherung Bund ist für die Statusfeststellung gem § 7a Abs 1 SGB 4 nach § 7a Abs 1 Satz 3 SGB 4 für noch am 1.1.1999 bestehende Beschäftigungsverhältnisse zuständig, auch wenn der Antrag auf Statusfeststellung bei der Einzugsstelle gestellt worden ist.
2. Ein die Zuständigkeitsbestimmung des § 7a Abs 1 Satz 3 SGB 4 verdrängende Regelung mit Zuständigkeit der Einzugsstelle ergibt sich nicht aus den Besprechungsergebnissen der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger.
3. Im Prozess des Beschäftigten gegen die unzuständige Einzugsstelle kann eine Sachentscheidung gem § 7a Abs 1 Satz 1 SGB 4 nicht entsprechend § 75 Abs 5 SGG gegenüber der beigeladenen Deutschen Rentenversicherung Bund ergehen.
Tenor
Der Bescheid vom 10.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2006 wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat den Klägern deren außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Kläger begehren von der Beklagten die Feststellung, dass die Klägerin Ziffer 1) seit dem 01.04.2002 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.
Die 1961 geborene Klägerin Ziffer 1), Mitglied der Beklagten, ist seit dem 01.04.2002 als Bürokraft im Betrieb ihres Ehemanns, der Klägerin Ziffer 2) tätig. Am 31.10.2005 stellten die Kläger bei der Beklagten den Antrag auf “Prüfung der Sozialversicherungspflichtigkeit„. Die Beklagte ist in eine Sachverhaltsprüfung eingetreten und hat hierzu den “Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen„ der Klägerin Ziffer 1) übersandt. Nach Vorlage des zwischen den Klägern am 01.04.2002 geschlossenen Arbeitsvertrages und des am 21.12.2005 ausgefüllten und von den Klägern unterschriebenen Feststellungsbogens hat die Beklagte nach mit Schreiben vom 31.10.2005 erfolgter Anhörung mit Bescheid vom 16.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2006 festgestellt, dass die Klägerin Ziffer 1) seit dem 01.04.2002 abhängig beschäftigt sei und der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliege.
Hiergegen ist am 29.06.2006 Klage erhoben worden. Der Klagevortrag beschränkt sich auf inhaltliche Ausführungen zur Frage der abhängigen Beschäftigung. Darlegungen zur Frage der Zuständigkeit der Beklagten sind nicht erfolgt.
Die Kläger beantragen (Schriftsatz vom 28.06.2006),
den Bescheid vom 10.03.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2006 aufzuheben und festzustellen, dass sie seit dem 01.04.2002 aufgrund ihrer Tätigkeit in der Firma der Klägerin Ziffer 2) nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Frage ihrer Zuständigkeit trägt sie vor, dass zwar durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 das sog. Antragsverfahren nach § 7 a Abs. 1 Satz 1 SGB IV eingeführt worden sei. Der zur Durchführung dieses Antragsverfahrens erforderliche Antrag sei nicht bei Deutschen Rentenversicherung Bund, der Beigeladenen Ziffer 2), sondern bei ihr gestellt worden. Aufgrund dieses Antrages sei jedoch bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch die Beklagte als Einzugsstelle im Sinne des § 7 a Abs. 1 Satz 1 SGB IV eingeleitet worden mit der Folge, dass eine Zuständigkeit der Beigeladenen Ziffer 2) nicht gegeben sei.
Die Beigeladene Ziffer 2) hat sich den Ausführungen der Beklagten angeschlossen.
Zur weiteren Darstellung des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze verwiesen. Im Übrigen wird zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes auf die Verwaltungsakten sowie die Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Gemäß § 7 a Abs. 1 S. 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28 h Abs. 2 die Beklagte (§ 7 a Abs. 1 S. 3 SGB IV).
Das sog. Anfrageverfahren, eingeführt mit Gesetz vom 20.12.1999, rückwirkend zum 01.01.1999 in Kraft gesetzt, sollte den Beteiligten Sicherheit darüber verschaffen, ob sie selbständig oder abhängig beschäftigt sind. Das Verfahren wurde als Reaktion darauf eingeführt, dass die durch das sog. Korrekturgesetz vom 19.12.1998, zum 01.01.1999 in Kraft getreten, eingeführten Regelungen ( Kriterienkatalog, Beweislastregelung) zu Unsicherheiten und Schwierigkeiten in der praktischen Rechtsanwendung geführt haben. Nach § 7 a Abs. 1 ...