Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenvergütung. Verwirkung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Antragsrecht nach § 4 Abs 1 JVEG ist an keine Frist gebunden.

2. Das Rechtsinstitut der Verwirkung findet auch im Kostenrecht Anwendung.

3. Ein Anspruch auf höhere Sachverständigenvergütung, als sie vom Kostenbeamten festgestellt wurde, ist nach Ablauf von sieben Jahren jedenfalls dann - unabhängig von einer Verjährung - verwirkt, wenn das zuständige Obergericht, dessen Entscheidung der Sachverständige abwarten wollte, die strittige Rechtsfrage vor mehr als einem Jahr entschieden hat.

 

Tenor

1. Die Vergütung des Antragstellers für das Gutachten im Verfahren S 14 SB 384/04 wird auf 874,74 € festgesetzt.

2. Kosten werden nicht erstattet.

3. Dieses Verfahren ist gerichtskostenfrei.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Antragsstellers auf Vergütung des Sachverständigengutachtens vom 19.08.2004 zum Verfahren S 14 SB 384/04.

Mit Beweisanordnung vom 16.07.2004 wurde der Antragsteller mit der Begutachtung des Klägers im Verfahrens S 14 SB 384/04 beauftragt. Das Gutachten sollte dem Gericht dreifach übersandt werden.

Der Antragsteller legte sein 22 Seiten umfassendes Gutachten vom 19.08.2004 dem Gericht am 24.09.2004 nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers im Ausgangsverfahren am 19.08.2004 vor.

Am 21.09.2004 berechnete der Sachverständige dem Gericht insgesamt 901,75 € für das Gutachten. Unter anderem berücksichtigte er 15,56 € zzgl. Umsatzsteuer für die Tätigkeit einer Hilfskraft für die “organisatorische Vorbereitung der Begutachtung, Terminvereinbarung, Postversand des Gutachtens (Frau B.)„ sowie einen Hilfskräftezuschlag in Höhe von 15 % gem. § 12 Abs. 2 JVEG. Dies entspricht einem Betrag von 2,33 € zzgl. Umsatzsteuer. Der Antragsteller berechnete weiterhin 27,40 € Kopierkosten; dabei ging er von 66 erstattungsfähigen Kopien aus.

Mit Schreiben vom 22.11.2004 erinnerte der Antragsteller an den Ausgleich seiner Rechnung.

Mit Schreiben vom 07.12.2004 wies der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Antragsteller darauf hin, dass die Kosten für eine Hilfskraft sowie der begehrte Zuschlag grundsätzlich mit dem Honorarsatz abgegolten seien. Er erläuterte seine Rechtsansicht.

Der Antragssteller erwiderte mit Schriftsatz vom 13.01.2005 und wies darauf hin, dass die Kosten für die Hilfskraft nebst des begehrten Zuschlages auf der Basis einer Beratung durch den Vorsitzenden eines Kostensenats verlangt würde. Der Antragsteller begründete seine Meinung ausführlich. Die Kosten für die Hilfskraft seien auf 15,30 € zu korrigieren, der Zuschlag entsprechend anzupassen.

Am 27.01.2005 setzte der Urkundsbeamte - unter Berücksichtigung der korrigierten Rechnung - den Vergütungsanspruch des Antragstellers auf 874,74 € fest. Dabei berücksichtigte er anstelle der vom Antragsteller begehrten 66 Kopien lediglich 44. Zur Begründung verwies er auf eine Gesetzesänderung, die mit der Einführung des JVEG eingetreten sei. Die vom Antragsteller begehrten Kostenansätze für eine Hilfskraft, nebst des entsprechenden Zuschlags, setzte der Urkundsbeamte ab.

Am 13.01.2012 hat der Antragsteller richterliche Festsetzung beantragt. Er begehrt die Vergütung für die Hilfskraft und den entsprechenden Zuschlag. Insoweit berücksichtigt er nunmehr - entgegen der zuvor erfolgten Korrektur - wieder die Forderung aus der Ausgangsliquidation. Die abgesetzten Kopierkosten werden nicht weiter verlangt. Der Sachverständige bezieht sich zur Begründung auf die Entscheidung des Thüringer LSG vom 04.04.2005 (L6 SF 83/05), des Sächsischen LSG vom 27.03.2008 (L 6 B 246/07 U-KO) und des Hessischen LSG vom 12.08.2009 (L 2 SF 58/07 V). Die Entscheidung des Hessischen LSG wurde von einem Institutskollegen des Antragsstellers erstritten.

Der Urkundsbeamte hat dem Antrag nicht abgeholfen und der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Schreiben vom 03.06.2013 hat der Antragsgegner Stellung genommen. Er weist darauf hin, dass der Antrag gem. § 4 Abs. 3 JVEG fristungebunden sei. Der Antrag unterliege aber der Verwirkung. Nach einem Zeitablauf von sieben Jahren sei der Anspruch derweil verwirkt. Der Antragsgegner führt weiterhin aus:

Darüber hinaus ist im Hinblick auf den Vergütungsanspruch der Restforderung aus dem Jahr 2004 die Verjährung gemäß § 2 Abs. 3 JVEG i.V.m. § 195 BGB in Betracht zu ziehen. Demnach verjährt der Anspruch in 3 Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch erstmalig geltend gemacht werden kann; d.h. - hier - mit Ablauf des 31.12.2007. Somit wäre von der Vertretung der Staatskasse auch die Einrede der Verjährung zu erheben. Wenn nun wie in diesem Fall sogar schon von der Verjährung des Anspruchs auszugehen ist, spricht umso mehr für die Verwirkung des Antragsrechts.

Für die Staatskasse wird deshalb beantragt,

den Antrag auf richterliche Festsetzung vom 13.01.2012 zurückzuweisen.

Der Antragssteller hat darauf mit Schreiben vom 13.06.2013 erwidert und vorgetragen, man habe seit dem Jahre 2005 die Fälle in denen über die Hinzuzi...

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