Entscheidungsstichwort (Thema)

Kranken- und Pflegeversicherung. Versicherungspflicht. Student. Ursache für spätere Studiumaufnahme. Beschreiten des 2. Bildungsweges

 

Leitsatz (amtlich)

Für das Eingreifen der Ausnahmevorschrift des § 5 Abs 1 Nr 9, 2. Halbs SGB V muss die überwiegende Ursache für die späte Studiumaufnahme gerade im Beschreiten des 2. Bildungsweges liegen.

 

Tenor

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Gründe

I.

Mit seinem Antrag im einstweiligen Rechtsschutz begehrt der Antragsteller den Versicherungsstatus als pflichtversicherter Student in der gesetzlichen Krankenversicherung (KVdS) und gesetzlichen Pflegeversicherung. Des Weiteren wehrt er sich gegen die Vollstreckung von Beitragsrückständen.

Der 1984 geborene Antragsteller ist seit dem 01.04.2004 mit wenigen Unterbrechungen (01.02. - 14.02.2008, 01.06. - 15.06.2008 und 01.05.2009 - 23.09.2010) als Angehöriger einer Beschäftigten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen bei der Antragsgegnerin und der Beigeladenen versichert, teilweise war er als Beschäftigter und teilweise als Empfänger von Arbeitslosengeld versichert. Zum 01.10.2016 nahm der Antragsteller an der Universität A-Stadt ein Studium der Informatik auf, nachdem er in der Zeit vom 01.02.2014 - 31.07.2016 das Abendgymnasium für Berufstätige in A-Stadt besucht und dort die Fachhochschulreife erlangt hatte.

Am 16.08.2016 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin und der Beigeladenen die Durchführung der Mitgliedschaft in der Kranken- bzw. Pflegeversicherung der Studenten (KVdS) gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V bzw. § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 SGB XI.

Mehrere in der Folge ergangene Beitragsbescheide der Antragsgegnerin und der Beigeladenen, in denen diese die Beiträge des Antragstellers nach einem freiwilligen Versicherungsverhältnis erhoben hatten, ließ der Antragsteller bestandskräftig werden.

Mit Bescheid vom 23.06.2017 lehnten die Antragsgegnerin und die Beigeladene die Durchführung der studentischen Pflichtversicherung für den Antragsteller ab dem 01.10.2016 ab. Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 27.07.2017 Widerspruch und führte aus, dass das Vorliegen möglicher Hinderungszeiten und gründe für ihn unerheblich sei, da er die Studienvoraussetzungen über den 2. Bildungsweg erworben habe. Der Gesetzgeber habe aber ausdrücklich den Abschluss einer Ausbildung bzw. eines Studiums fördern wollen und hierfür gerade keine Hindernisse aufstellen wollen. Zudem seien von den Antragsgegnerin und der Beigeladenen die Hinderungszeiten fehlerhaft berechnet worden. Die gesamte Zeitspanne seines Besuches der Abendschule hätte berücksichtigt werden müssen, da der Beginn des 2. Bildungsweges vor Vollendung seines 30. Lebensjahres im Februar 2014 gewesen sei. Zudem stelle seine finanzielle und persönliche Situation mit 2 Kindern und in Trennung lebend einen schwerwiegenden Grund für eine Pflichtversicherung in der KVdS dar. Aufgrund der höheren Beiträge in der freiwilligen Versicherung drohe der Studienabbruch aus finanziellen Gründen. Der Antragsteller forderte die Antragsgegnerin und die Beigeladene zudem auf, Zahlungsaufforderungen bzgl. angeblicher Rückstände aufgrund der exorbitanten Beiträge der freiwilligen Versicherung zu unterlassen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2017 wiesen die Antragsgegnerin und die Beigeladene den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 23.06.2017 als unbegründet zurück. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) seien Studenten nach Abschluss des 14. Fachsemesters oder nach Vollendung des 30. Lebensjahres nur dann versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des 2. Bildungsweges oder familiäre sowie persönliche Gründe die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigten. Dies gelte gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 Sozialgesetzbuch 11.Buch (SGB XI) analog für die Pflegeversicherung. Es kämen aber nur Gründe in Betracht, die bei objektiver Betrachtung von solchem Gewicht seien, dass sie die Aufnahme oder den Abschluss des Studiums verhindert hätten oder als unzumutbar erscheinen ließen. Die Zeiten, in denen derartige Gründe vorgelegen hätten, würden als Hinderungszeiten bezeichnet. Die Ursächlichkeit sei dann anzunehmen, wenn die Hinderungszeiten gegenüber den Zeiten überwiegen würden, in denen der Student nicht am Studium gehindert gewesen sei (Nichthinderungszeiten). Die Versicherungspflicht als Student in der gesetzlichen Krankenversicherung ende auch im Fall des nahtlosen Vorliegens von Hinderungsgründen spätestens mit dem 37. Lebensjahr (Urteil des Bundessozialgerichts vom 15.10.2014 - B 12 KR 17/12 R). Als Hinderungszeiten, die eine Verlängerung der Versicherungspflicht in der KVdS über das 30. Lebensjahr hinaus rechtfertigen, kämen zudem lediglich Zeiten in Betracht, die vor Vollendung des 30. Lebensjahres zurückgelegt worden seien. Di...

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