Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahlanfechtungsklage. Gültigkeit der im Jahr 2017 durchgeführten Wahl zur Vertreterversammlung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau. Zulässigkeit der Beschränkung der wahlberechtigten Rentenbezieher auf die Gruppe derjenigen, die eine Rente aus der Unfallversicherung beziehen. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Die im Jahr 2017 durchgeführte Wahl zur Vertreterversammlung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau entspricht auch im Hinblick auf die Beschränkung bei den Rentenbeziehern auf die Gruppe derjenigen, die eine Rente aus der Unfallversicherung beziehen, den aktuellen gesetzliche Bestimmungen. Verfassungsrechtliche Verstöße sind weder bei der Wahldurchführung selbst noch bei den die Wahl regelnden Bestimmungen des SGB 4 und gleichermaßen der Wahlordnung für die Sozialversicherung feststellbar. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen die als Ausfluss des Gleichheitsgebotes nach Art 3 GG zu fordernde Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl vor.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu tragen.
Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist im Wege der Wahlanfechtungsklage die Gültigkeit der Wahl zur Vertreterversammlung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SV LFG) 2017, namentlich die Frage, wer als Rentenbezieher zu den Wahlberechtigten in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte (SofA) nach § 47 Abs. 3 Nr. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) gehört.
Ein im Vorfeld der Wahl gestellter Antrag des Klägers auf einstweiligen Rechtsschutz hatte keinen Erfolg (Beschluss vom 13.04.2017 im Verfahren S 9 U 3/17 ER), ebenfalls nicht die hiergegen gerichtete Beschwerde zum hessischen Landessozialgericht (Beschluss vom 12.05.2017 im Verfahren L 2 AR 1/17 B ER).
Mit seiner am 17.07.2017 beim Sozialgericht Kassel eingegangenen Wahlanfechtungsklage nach § 57 SGB IV begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Wahl zur Vertreterversammlung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau in der Gruppe der SofA ungültig ist. Dazu führt die Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, zwischen den Beteiligten sei streitig, wer zu den wahlberechtigten „Rentenbeziehern“ in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte nach § 47 Abs. 3 Nr. 2 SGB IV gehöre. Der Kläger sei Listenvertreter der zur Wahl in dieser Gruppe zugelassenen “Freien Liste A., G., H., I., K.“. Die Sozialversicherungsträger seien gemäß § 29 SGB IV rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Allen Mitgliedern der einzelnen Versicherungszweige sei die Regelung bestimmter Angelegenheiten im Rahmen der sozialen Selbstverwaltung eigenverantwortlich überlassen. Insbesondere in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung würden diese Entscheidungen durch die Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte getroffen. Der Kläger sei klagebefugt, da es sich bei ihm um eine in § 48 Abs. 1 SGB IV genannte Person handele. Die Klage sei auch fristgerecht eingereicht worden, nämlich innerhalb eines Monats, nachdem das Wahlergebnis öffentlich bekannt gemacht worden sei. Nach Ansicht des Klägers liege ein erheblicher Wahlmangel vor, der sich auf das Wahlergebnis spürbar ausgewirkt habe. Die Beklagte habe das Wahlrecht von etwa 550.000 Rentenbeziehern in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte in unzulässiger Weise verkürzt, in dem sie den Begriff der Rentenbezieher in § 47 Abs. 3 Nr. 2 SGB IV so auslege, dass davon lediglich Bezieher einer gesetzlichen Unfallrente in der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, aber nicht Bezieher von anderen Renten der SVLFG, beispielsweise der Regelaltersrente, erfasst seien. Dieser Fehler beruhe darauf, dass die Beklagtenseite an der Trennung der Sozialversicherungszweige festhalte, obwohl zum 01.01.2013 ein einheitlicher Träger der Sozialversicherung in der Landwirtschaft errichtet worden sei. Der Zuständigkeitsbereich der zum 01.01.2013 errichteten SVLFG weise die Besonderheit auf, dass sie sich auf alle Zweige der Sozialversicherung erstrecke. Hieraus sei zu folgern, dass alle Versicherten in allen Zweigen wahlberechtigt sein. Warum dies anders sein solle, erschließe sich der Klägerseite nicht. Seit der Neuordnung gebe es nur noch einen Träger, so dass es keine Berufsgenossenschaft als von der landwirtschaftlichen Alterskasse isolierten Träger mehr gebe. Die Rechte und Pflichten der bisherigen Träger seien als Ganzes auf die SVLFG übergegangen. Dieser Übergang müsse auch bei der Durchführung der Sozialversicherungswahlen 2017 berücksichtigt werden. Die Sozialwahl 2017 hätte damit in allen Versicherungszweigen der SVLFG stattfinden müssen. Es gebe keine Legitimation der Beklagten, Versicherte und Mitglieder der anderen Versicherungszweige ohne rechtliche Grundlage ...