Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahlanfechtungsklage. Gültigkeit der im Jahr 2017 durchgeführten Wahl zur Vertreterversammlung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau. Zurückweisung einer Vorschlagsliste (freie Liste) wegen Nichterreichens des erforderlichen Unterschriftenquorums. Zulässigkeit der Beschränkung der wahlberechtigten Rentenbezieher auf die Gruppe derjenigen, die eine Rente aus der Unfallversicherung beziehen. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Die im Jahr 2017 durchgeführte Wahl zur Vertreterversammlung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau entspricht auch im Hinblick auf die Beschränkung bei den Rentenbeziehern auf die Gruppe derjenigen, die eine Rente aus der Unfallversicherung beziehen, den aktuellen gesetzliche Bestimmungen. Verfassungsrechtliche Verstöße sind weder bei der Wahldurchführung selbst noch bei den die Wahl regelnden Bestimmungen des SGB 4 und gleichermaßen der Wahlordnung für die Sozialversicherung feststellbar. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen die als Ausfluss des Gleichheitsgebotes nach Art 3 GG zu fordernde Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl vor.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der
außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu tragen.
Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist im Wege der Wahlanfechtungsklage die Gültigkeit der Wahl zur Vertreterversammlung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), namentlich die Rechtswidrigkeit der Nichtzulassung der Vorschlagsliste „Freie Liste E., F., L., M., N.“ in der Gruppe der Arbeitgeber. Ein entsprechender Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hatte keinen Erfolg (Beschluss vom 08.02.2017, S 1 U 1/17 ER).
Mit der am 08.03.2017 beim Sozialgericht Kassel eingegangenen Klage begehrt der Kläger, dass die Wahl zur Vertreterversammlung der SVLFG in der Gruppe der Arbeitgeber für ungültig erklärt und die Wiederholung der Wahl unter Einbeziehung der Freien Liste E., F., L., M., N. angeordnet wird, hilfsweise, dass die Regeln des Wahlrechts für die Wahl zur Vertreterversammlung der SVLFG dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung bzw. konkreten Normenkontrolle vorgelegt werden.
Dazu macht der Kläger geltend, der Wahlverstoß bestehe darin, dass das Unterschriftenquorum gemäß § 48 Abs. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) rechtswidrig auf 1.000 festgesetzt worden sei. Es habe auf 500 festgesetzt werden müssen, so dass die Freie Liste E., F., L., M., N., die 888 gültige Unterstützer-Unterschriften vorgelegt habe, zur Wahl hätte zugelassen werden müssen. Das unrechtmäßige Unterschriftenquorum mache die Sozialwahl unzweifelhaft ungültig. Auch würden die Regeln des Wahlrechts für die Wahl zur Vertreterversammlung der SVLFG, insbesondere zum Quorum gemäß § 48 Abs. 2 i. V. m. § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV sowie zur Aufteilung der Unternehmer in der SVLFG in zwei gleich große Gruppen gemäß § 44 SGB IV i. V. m. § 47 Abs. 2 und 3 SGB IV gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Der Kläger sei Listenvertreter der genannten Vorschlagsliste, die für die Wahl der Vertreterversammlung der SVLFG in der Gruppe der Arbeitgeber fristgerecht am 17.11.2016 eingereicht worden sei. Bei einer Freien Liste gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 4 SGB IV sei der Listenvertreter gemäß § 17 Abs. 1 S. 3 der Sozialversicherungswahlordnung (SVWO) Träger der Liste und damit klageberechtigt. Der Wahlausschuss der SVLFG habe die Freie Liste E. pp. in der Sitzung vom 05.01.2017 zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Klägers habe der Bundeswahlausschuss in seiner Sitzung vom 02.02.2017 abgewiesen. Da das Beschwerdeverfahren abgeschlossen sei, sei gemäß § 57 Abs. 4 SGB IV die Voraussetzung zur Zulässigkeit der Klage gegeben. Der Wahlausschuss der SVLFG habe mit Beschluss vom 23.03.2016 das Quorum für die vorzulegende Anzahl an Unterstützer-Unterschriften nach § 48 Abs. 2 S. 1 SGB IV auf 1.000 festgesetzt. Dem Kläger sei in einem Gespräch im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) am 14.10.2016 durch die Vorsitzende des Wahlausschusses mitgeteilt worden, dass der Wahlausschuss für die Festsetzung des Quorums von 1.000.001-1.200.000 Versicherten gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV ausgegangen sei. Die Schätzung der Anzahl der Beschäftigten in Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau sei hiernach auf Grundlage der Agrarstrukturerhebung 2013 des Statistischen Bundesamtes bzw. des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vorgenommen worden. Der Kläger halte die Festsetzung nach eigenen Recherchen für fehlerhaft. Die Anzahl der Versicherten, nach der sich die Mindestzahl an Unterstützern richte, sei auf jeden Fall kleiner als 1.000.000, so dass die Mindestzahl an Unterstützern nicht größer als 500 sein müsse. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die 314.300 Saisonarbeitskräfte, die nicht länger als 6 Monate im Jahr beschäftigt gewesen und die von der vom Wahlausschuss berech...