Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem in einer Steuerberatungsgesellschaft tätigen Diplom-Betriebswirt
Orientierungssatz
1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
2. Ist ein in einer Steuerberatungsgesellschaft tätiger Diplom-Betriebswirt nicht weisungsgebunden, erfolgt die Tätigkeit ausschließlich unter Aufbringung eigener Mittel und besteht seine Vergütung ausschließlich aus Gebühren der von ihm betreuten Mandanten, so ist er nicht abhängig beschäftigt, sondern als Selbständiger sozialversicherungsfrei.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die unter dem Az. S 12 KR 225/14 erhobene Klage werden der Bescheid vom 24. Februar 2014 und der Änderungsbescheid vom 28. April 2014, jeweils in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2014, aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers für die C. & Partner Steuerberatungsgesellschaft in der Zeit vom 27. Februar 2014 bis 17. November 2014 um eine selbstständige, sozialversicherungsfreie Tätigkeit gehandelt hat.
3. Auf die unter dem Az. S 12 KR 228/14 erhobene Klage werden der Bescheid vom 24. Februar 2014 und der Änderungsbescheid vom 28. April 2014, jeweils in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Juli 2014 aufgehoben.
4. Es wird festgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit des A. A. für die Klägerin in der Zeit vom 27. Februar 2014 bis 17. November 2014 um eine selbstständige, sozialversicherungsfreie Tätigkeit gehandelt hat.
5. In beiden Rechtsstreiten hat die Beklagte einschließlich der Gerichtskosten und den Kosten der Kläger insgesamt die Kosten des jeweiligen Rechtsstreits zu tragen.
6. In beiden Rechtsstreiten wird der Wert des Streitgegenstandes jeweils auf 5.000,-- € festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen von Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften (SGB IV) streitig, ob es sich bei der Tätigkeit des Klägers im Rechtsstreit S 12 KR 225/14 für die klagende Steuerberatungsgesellschaft des Rechtsstreites S 12 KR 228/14 in der Zeit vom 27. Februar 2014 bis 17. November 2014 um eine selbstständige Tätigkeit als freier Mitarbeiter gehandelt hat, wovon die Kläger beider Rechtsstreite ausgehen, oder ob diese Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses mit Versicherungs- und Beitragspflicht des Klägers im Rechtsstreit S 12 KR 225/14 zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), zur Sozialen Pflegeversicherung, zur Gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung bzw. zur Bundesagentur für Arbeit ausgeübt worden ist.
Beantragt wurde die Statusfeststellung vom Kläger des Rechtsstreits S 12 KR 225/14 bei der Beklagten mit Eingang am 27. Oktober 2013, wobei er geltend machte, seit 1. Oktober 2013 bei der Klägerin des Rechtsstreits 12 KR 228/14, einer Steuerberatungsgesellschaft, als freier Mitarbeiter tätig zu sein, nachdem seine bisherige selbstständige Tätigkeit als Diplom-Betriebswirt (FH), wobei er konkret seit 1. Mai 2009 als selbstständiger Buchführungshelfer tätig gewesen sei, zwischenzeitlich seitens der Finanzverwaltung in hohem Maße eingeschränkt worden sei, da er nicht zum Personenkreis im Sinne des § 56 Abs. 1 Steuerberatungsgesetz (StBerG) gehöre. Insoweit war ihm mit Bescheid des Finanzamtes Schwalm-Eder vom 10. September 2013 die seinerseits mit dem Finanzamt ausgeübte unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen verboten worden. Weiter war vom Kläger des Rechtsstreits S 12 KR 225/14 ausgeführt worden, dass er neben seinem bisherigen (Haupt-)Leistungsangebot im Bereich Lohn- und Finanzbuchhaltung, das er komplett für einen Auftraggeber als freier Mitarbeiter anbiete, hier der Klägerin des Rechtsstreits 12 KR 228/14, darüber hinaus nach wie vor auch gelegentlich IT-Leistungen aller Art sowie Kosten-Optimierungs-Analysen für verschiedene Auftraggeber anbiete. Gleichzeitig war von ihm dann noch geltend gemacht worden, dass er neben diesen selbstständigen Tätigkeiten auch noch eine abhängige Beschäftigung in Teilzeit ausübe. So sei er mit entsprechendem Aufgabenkreis als Arbeitnehmer für eine E-Stadt Buchhandlung tätig. Bei seiner selbstständigen Tätigkeit habe er darüber hinaus eigene Geschäftsräume angemietet und auch eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung abgeschlossen. Weiter vorgelegt worden war von ihm noch der mit der klagenden Steuerberatungsgesellschaft geschlossene F...