Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Ausbildungsgeld gem § 106 Abs 1 Nr 1 SGB 3. Nichtberücksichtigung in Höhe von 20% als zweckbestimmte Einnahme
Leitsatz (amtlich)
Das im Rahmen einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme nach § 106 Abs. 1 Nr. 1 SGB III gewährte Ausbildungsgeld ist im Bereich des SGB II als Einkommen anzurechnen.
Hierbei ist allerdings ein Anteil von 20 % als zweckbestimmte Einnahme von der Einkommensanrechnung auszunehmen.
Tenor
Der Änderungsbescheid vom 25.10.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 05.12.2011 und des Änderungsbescheids vom 01.02.2012 wird aufgehoben.
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger in der Zeit vom 01.11.2011 bis 31.01.2012 Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung von Einkommen aus dem Ausbildungsgeld abzüglich eines Anteils von 20 % und abzüglich der Versicherungspauschale in Höhe von monatlich 30,00 € zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger ½ seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob das von der Bundesagentur für Arbeit gewährte Ausbildungsgeld des Klägers als Einkommen auf die SGB II-Leistungen angerechnet werden darf und - falls dies der Fall sein sollte - ob das Ausbildungsgeld um Absetzbeträge zu bereinigen ist.
Der 1993 geborene Kläger steht mit seinen Eltern und seinem Bruder seit mehreren Jahren im SGB II-Leistungsbezug.
Der Kläger besuchte in der Zeit vom 01.08.2007 bis 31.07.2011 die Schule in A-Stadt. Hierbei handelt es sich um eine Förderschule (vgl. Bl. 2042 Verwaltungsakte).
Am 19.08.2011 schlossen der Kläger und die Bundesagentur für Arbeit eine Eingliederungsvereinbarung, in der die Aufnahme einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme in A-Stadt vereinbart wurde (Bl. 2044 Verwaltungsakte).
Einem Vermerk des Beklagten kann entnommen werden, dass der Kläger unter einer Lernbehinderung leidet und vor diesem Hintergrund für den Zeitraum vom 01.09.2011 bis 29.06.2012 eine entsprechende Förderung einer Berufsvorbereitungsmaßnahme beim Maßnahmenträger QQ. e.V. in A-Stadt erhielt (Bl. 2037, 2043, 2047 Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 05.09.2011 bewilligte die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger für den Zeitraum 01.09.2011 bis 29.06.2012 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gem. §§ 97 ff. SGB III in Verbindung mit § 33 SGB IX und in Verbindung mit §§ 44 ff. SGB IX. Diese Leistungen setzen sich zusammen aus einem Ausbildungsgeld in Höhe von monatlich 216,00 € und monatlichen Reisekosten für die Pendelfahrten in Höhe von 44,70 €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid der Bundesagentur für Arbeit Bezug genommen (Bl. 23 Gerichtsakte).
Mit Änderungsbescheid vom 25.10.2011 berücksichtigte der Beklagte für den Zeitraum vom 01.11.2011 bis 31.01.2012 die vom Beklagten als Berufsausbildungsbeihilfe bezeichnete Sozialleistung beim Kläger als Einkommen (Bl. 1979 Verwaltungsakte). Dem Berechnungsbogen zum Bescheid kann entnommen werden, dass der Beklagte die Leistung in Höhe von monatlich 216,00 € um die Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 € bereinigte und auf dieser Grundlage unter Berücksichtigung des Kindergeldes in Höhe von monatlich 184,00 € zu einem auf den Bedarf des Klägers anzurechnenden Einkommen in Höhe von 370,00 € gelangte. Wegen der Einzelheiten wird auf den Leistungsbescheid Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid legten der Kläger und seine beiden Eltern mit einem gemeinsamen Schriftsatz vom 27.10.2011 Widerspruch ein. Die Anrechnung des Einkommens der Mutter des Klägers beruhe hinsichtlich der Höhe des Einkommens auf bloßen Vermutungen und sei rechtswidrig. Auch sei das Ausbildungsgeld in Höhe von 216,00 € nicht als Einkommen anzurechnen. Dieses diene der Ausbildung und sei damit kein Lohn (Bl. 1997 f. Verwaltungsakte).
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 07.11.2011 ergänzte der Bevollmächtigte des Klägers die Widerspruchsbegründung. Es handele sich bei dem Ausbildungsgeld um eine zweckbestimmte Einnahme mit der Folge, dass dieses nicht als Einkommen im Sinne des SGB II zu berücksichtigen sei. Auch sei ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II für den Kläger zu gewähren (Bl. 2019 Verwaltungsakte).
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2011 verwarf der Beklagte den Widerspruch hinsichtlich der Mutter des Klägers als unzulässig und wies den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Hinsichtlich der Mutter des Klägers begründete der Beklagte seine Entscheidung dahingehend, dass der Änderungsbescheid vom 25.10.2011 hinsichtlich des Einkommens der Mutter des Klägers keine Regelung enthalte. Soweit der Widerspruch den Kläger betreffe, sei der Widerspruch unbegründet. In § 11 SGB II sei im Einzelnen aufgeführt, welche Geldzuflüsse als Einkommen zu berücksichtigen seien und welche nicht. Da ein Ausnahmetatbestand nicht eingreife, sei die dem Kläger von der Bundesagentur für Arbeit gewährte Berufsausbildungsbeihilfe als Einkommen...