Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Verfahren auf Aussetzung der Vollstreckung. Gebühr gem RVG-VV Nr 3501. Vergleichbarkeit: Beschwerde-, Nichtzulassungsbeschwerde- und Erinnerungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Für das Verfahren auf Aussetzung der Vollstreckung nach § 199 Abs 2 SGG entsteht eine Gebühr nach der Nr 3501 RVG-VV. Die Nrn 3102 und 3204 RVG-VV finden keine Anwendung. Vergleichsmaßstab für die Bemessung der Gebühr nach der Nr 3501 RVG-VV sind Beschwerde-, Nichtzulassungsbeschwerde- und Erinnerungsverfahren, nicht erstinstanzliche Erkenntnisverfahren.
Tenor
Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Kiel in dem Verfahren L 11 AR 37/10 AS ER / S 32 AS 592/10 ER vom 28.06.2011 wird geändert.
Die dem Erinnerungsführer von dem Erinnerungsgegner zu erstattenden außergerichtlichen Kosten werden auf 128,52 € festgesetzt.
Die festgesetzten Kosten sind wie im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss ausgesprochen zu verzinsen.
Gründe
I.
Der Erinnerungsführer hatte - anwaltlich vertreten - beim Sozialgericht Kiel wegen der vorläufigen Gewährung von Grundsicherungsleistungen einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt (S 32 AS 592/10 ER). Gegen die stattgebende Entscheidung des Sozialgerichts Kiel hatte der Erinnerungsgegner Beschwerde bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegt (L 11 AS 226/10 B ER) und einen Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung gemäß § 199 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt (L 11 AR 37/10 AS ER). Mit Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 22.12.2010 wurde der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung abgelehnt. Der Erinnerungsgegner wurde verpflichtet, dem Erinnerungsführer die ihm entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Mit Antrag vom 17.01.2011 beantragte der Erinnerungsführer die Festsetzung der anwaltlichen Vergütung nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG) wie folgt:
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Verfahrensgebühr, Nr. 3204 VV-RVG |
310,-- € |
Postpauschale, Nr. 7002 VV-RVG |
20,-- € |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV-RVG |
62,70 € |
Summe |
392,70 € |
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss die Gebühr statt nach der geltend gemachten Nr. 3204 VV-RVG nach der Nr. 3501 VV-RVG fest. Als billig sah sie 2/3 der Mittelgebühr in Höhe von 60,-- € an. Den zu erstattenden Betrag setzte sie nach entsprechender Reduzierung der Postpauschale und der Umsatzsteuer insgesamt auf 85,68 € fest.
Hiergegen hat der Erinnerungsführer mit Schriftsatz vom 01.07.2011 Erinnerung eingelegt. Er korrigiert seinen ursprünglichen Antrag dahingehend, dass statt der Nr. 3204 VV-RVG die Nr. 3102 VV-RVG anwendbar sei. Zur Begründung bezieht er sich auf Teil 3, Abschnitt 2, Vorbemerkung 3.2 Abs. 2 VV-RVG. Dort heißt es: “Wenn im Verfahren über einen Antrag auf Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung das Berufungsgericht als Gericht der Hauptsache anzusehen ist (§ 943 ZPO), bestimmen sich die Gebühren nach Abschnitt 1. Dies gilt entsprechend im Verfahren der einstweiligen Anordnung und im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, auf Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts.„ Aus der Verweisung auf den Abschnitt 1 leitet der Erinnerungsführer ab, dass sich die Gebühr nach der in Teil 3, Abschnitt 1 enthaltenen Nr. 3102 VV-RVG richtet. Konkret beantragt er nunmehr die Festsetzung wie folgt:
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Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV-RVG (2/3 Mittelgebühr) |
167,-- € |
Postpauschale, Nr. 7002 VV-RVG |
20,-- € |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV-RVG |
35,53 € |
Summe |
222,53 € |
Hilfsweise macht er für den Fall, dass das Gericht der Auffassung sei, dass vorliegend Nr. 3501 VV-RVG Anwendung finde, geltend, dass auf ein durchschnittliches Beschwerdeverfahren und nicht auf ein durchschnittliches sozialgerichtliches Verfahren abzustellen sei. Der Aufwand für ein Beschwerdeverfahren sei zumindest durchschnittlich gewesen. Die Gebühr sei vom Gebührenrahmen her schon auf das Beschwerdeverfahren angepasst. Eine weitere Reduzierung durch den Vergleich mit dem sozialgerichtlichen “Normalverfahren„ sei daher nicht geboten. Der Ansatz der Mittelgebühr sei dann billig.
Der Erinnerungsgegner hat sich zur Erinnerung nicht geäußert.
II.
Die Erinnerung ist zulässig. Nach § 197 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) setzt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevollmächtigten den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. Nach § 197 Abs. 2 SGG kann gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden.
Die Erinnerung ist auch zum Teil begründet.
anwendbare Gebührenvorschriften:
Die Vergütung für anwaltliche Tätigkeiten bemisst sich nach dem RVG (§1 Abs. 1 Satz 1 RVG). In...