Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung. Honorarverteilung. Ausgestaltung von Regelungen für anteilige Arztstellen unter der RLV-Systematik. Verhältnismäßigkeit. Wachstumsarzt
Leitsatz (amtlich)
Zur verhältnismäßigen Ausgestaltung von Regelungen für anteilige Arztstellen unter der RLV-Systematik.
Nachgehend
Tenor
1. Die Beklagte wird unter Abänderung der RLV-Mitteilungen und der Honorarbescheide für die Quartale II und III/2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2014 dazu verurteilt, den Honoraranspruch der Klägerin neu zu bescheiden.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um höheres Honorar für die Quartale II und III/2013.
Die Klägerin ist eine überörtliche BAG für Orthopädie-Unfallchirurgie-Chirurgie. Dr. F, Dr. R, Dr. B, Dr. S, Dr. K, Prof. Dr. G, Dr. K, Frau G sind Fachärzte für Orthopädie. Dr. H und Dr. L und Herr J gehören der Arztgruppe Fachärzte für Chirurgie, Kinderchirurgie, plastische Chirurgie an. Dr. D ist Facharzt für Neurochirurgie. Dr. H, Dr. K, Dr. L, und Herr J waren im streitigen Quartal II/2013 Wachstumsärzte. Vom 01.04.2009 bis zum 21.12.2010 war Dr. R überörtliches Mitglied der BAG mit Praxissitz in Neumünster. Dr. R war vom 01.10.2009 bis zum 31.12.2010 in der BAG als Job-Sharing-Assistent beschäftigt. Dr. F war vom 01.04.2010 bis 07.07.2010 als Job-Sharing-Assistent in der BAG beschäftigt. Zum 08.07.2010 übernahm er als angestellter Arzt einen halben Arztsitz von Prof. G, so dass die Job-Sharing-Tätigkeit beendet war. Dr. F und Dr. R haben zum 01.01.2011 jeweils einen halben Arztsitz von Dr. RX übernommen. Dadurch wurden sie überörtliche BAG-Mitglieder mit jeweils hälftigem Versorgungsauftrag. Dr. F hat seine Praxis in Neumünster und Dr. R praktiziert in Altenholz.
Mit RLV-Mitteilung vom 18.04.2013 wurde der Klägerin für II/2013 als ü-BAG ein Gesamtvolumen in Höhe von 360.575,19 EUR zugewiesen. Dabei wurden für Dr. D, Frau G, Dr. B, Dr. S, Prof. Dr. G und Dr. K jeweils RLV auf der Grundlage ihrer RLV-relevanten Fallzahl des Vorjahresquartals und jeweils QZV auf der Grundlage ihrer relevanten Leistungsfälle des Vorjahresquartals zugewiesen. Dr. H, Dr. K, Herrn J und Dr. L wurde jeweils eine Obergrenze auf der Grundlage der durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe des Vorjahresquartals multipliziert mit dem arztgruppenspezifischen RLV/QZV-Fallwert mitgeteilt. Es wird unter der tabellarischen Übersicht darauf hingewiesen, dass Wachstumsärzten eine maximal erreichbare Obergrenze zugeordnet werde, die das Durchschnittsvolumen über alle RLV- und QZV-Bereiche der jeweiligen Arztgruppe darstelle. Die individuelle Obergrenze für die Honorarabrechnung II/2013 ergebe sich aus der zuordenbaren RLV-Fallzahl in II/2013 (maximal Durchschnittsfallzahl der Arztgruppe) multipliziert mit dem Fallwert der Arztgruppe. Wenn dem Wachstumsarzt im Rahmen der Abrechnung eine unterdurchschnittliche RLV-relevante Fallzahl zuzuordnen sei, so erhöhe sich in der Abrechnung der Fallwert auf das 1,5-fache, allerdings werde die individuelle Obergrenze auf den jeweiligen Fachgruppendurchschnitt begrenzt. Dr. F und Dr. R wurde jeweils ein RLV nicht auf der Grundlage ihrer tatsächlichen RLV-relevanten Fallzahlen des Vorjahresquartals multipliziert mit dem fachgruppenspezifischen RLV-Fallwert mitgeteilt, sondern ein RLV in Höhe der Hälfte des Produktes aus der RLV-relevanten Durchschnittsfallzahl der Arztgruppe der Orthopäden multipliziert mit dem fachgruppenspezifischen Fallwert in Höhe von 20.015,75 EUR (1.038,7 Fälle x 38,54 EUR geteilt durch 2). Für alle Ärzte wurde ein BAG-Aufschlag auf die errechneten RLV und Obergrenzen in Höhe von 10 % gewährt.
Mit Schreiben vom 03.06.2013 beantragten Dr. F und Dr. R die Aussetzung der Reduktion ihrer RLV/QZV. Durch die unvorhersehbare und nicht angekündigte Mitteilung, dass das Budget eingekürzt werde, entstünden massive existenzielle Bedrohungen. Da sich die Reduktion auf das Vorjahresvergleichsquartal beziehe, hätten sie überhaupt keine Zeit gehabt, sich auf die neuen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einzustellen. Sie hätten unmittelbar versucht, eine weitere Kassenärztliche Zulassung zu erwerben. Wenn sie eine weitere Zulassung erwerben, würden sie jeweils eine volle Zulassung innehaben. Das stelle wieder eine wirtschaftliche Grundlage dar.
Den Antrag beschied die Beklagte mittels Bescheid des HVM-Teams vom 16.07.2013 für die Quartale II/2013 und III/2013. Der Bescheid endet mit einer Rechtsmittelbelehrung. Die Regelung für anteilige Arztstellen im HVM sei angewandt worden. Die Prüfung, ob ein Ausnahmefall vorliege, führe nicht zu einer für die Ärzte günstigeren Entscheidung. Bedeutsam seien die vor Übernahme des Arztsitzes erbrachten RLV-Fallzahlen - des alten Zulassungsinhabers - und die nach Übernahme erbrachten Fallzahlen durch den Nachfolger. Wenn nach Übernahme eine deutliche Fallzahlsteigerung im Vergleich vor der Übernahme eindeutig ...